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Ein schöner Ort zu sterben

Ein schöner Ort zu sterben

Titel: Ein schöner Ort zu sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malla Nunn
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bedeutete nicht, dass er ein Kaffirboetie war, falls Sie das meinten.«
    Kaffirboetie – Kaffernbruder – war eine der schlimmsten Beleidigungen, die man einem Weißen entgegenschleudern konnte, wenn er nicht gerade bei der Fürsorge für Schwarze arbeitete.
    »Glauben Sie, irgendwelche von den Weißen könnten den Eindruck gehabt haben, dass er den Eingeborenen vielleicht ein bisschen zu nahe stand?«
    »Vielleicht ein paar von den Engländern. Ihr Engländer kapiert einfach nicht, dass wir die Schwarzen gar nicht hassen. Wir lieben sie. Sie gehen in unseren Häusern ein und aus, kümmern sich um unsere Kinder und um unsere Alten. Die Schwarzen gehören für uns zur Familie.«
    »Sowie Aggie?«
    »Ganz genau. Sie ist zu nichts mehr zu gebrauchen, trotzdem hat Pa sie behalten, weil sie schon bei uns war, als ich noch in den Windeln lag. Aggie war für mich und meine Brüder wie eine zweite Mutter.«
    Emmanuel zweifelte nicht an Erichs Gefühlen. Seine Zuneigung für die alte Schwarze mit den knotigen Händen war echt. Allerdings wurde die Liebesschaukel der Afrikaander immer sofort angehalten, wenn irgendein Nicht-Weißer mehr sein wollte als nur Ehrenmitglied des von Gott gesegneten weißen Stammes.
    »Also.« Emmanuel steckte sein Notizbuch ein. »Ihnen fallen keine Streitereien unter den Weißen ein?«
    »Gar keine«, sagte Erich.
    Das brachte Emmanuel wieder auf Sarel Uys. Er war der einzige Weiße, der sich gegenüber der engen Verbindung zwischen Captain Pretorius und Shabalala offen feindselig gezeigt hatte. Wie viel Bitterkeit hatte der missgünstige Polizist wohl in sich aufgestaut?
    »Danke für Ihre Zeit.« Emmanuel beendete das Verhör mit der Standardformel und öffnete die Tür. »Auf dem Weg zur Wache schaue ich noch kurz bei Moira’s Hairstyles vorbei.«
    »Machen Sie das«, gab Erich zurück und warf das Geld wieder in die Schublade.
    Emmanuel schloss die Bürotür hinter sich und wartete. Er hörte, wie der Telefonhörer von der Gabel genommen wurde.
    Bestimmt rief Erich seinen Elite-Bruder auf der Wache an, um ihm von dem Verhör zu berichten. Und die Security Branch hörte bestimmt auch mit.
    Emmanuel ging die Piet Retief Street hinunter. Den Rest des Tages sollte er sich von der Wache tunlichst fernhalten. Er musste sich ein anderes Plätzchen suchen, von wo aus er seiner Arbeit nachgehen konnte. Irgendwo auf der anderen Seite der Hautfarbengrenze.

11
    Emmanuel verließ Moira’s Hairstyles und betrat den Kaffernpfad. Er hatte alles überprüft. Der kleine Willem mit seinem Krupphusten war um elf Uhr abends und dann noch einmal um zwei Uhr nachts wachgeworden. Dora, das schwarze Dienstmädchen, hatte es beim Leben ihrer eigenen Söhne beschworen. Erich Pretorius war zwar ein menschgewordener Flammenwerfer, aber am Abend des Mordes hatte er brav zu Hause gehockt.
    Der dritte Sohn des Captains war ohnehin ein ziemlich unwahrscheinlicher Verdächtiger gewesen, deshalb war Emmanuel nicht überrascht, dass er mit der Ausführung des Mordes nichts zu tun gehabt hatte. Die Spuren, die sie am Tatort gefunden hatten, deuteten außerdem auf einen nicht allzu kräftigen Mörder hin. Erich hätte einen beladenen Güterzug in einem Nachmittag bis nach Durban ziehen können. Und schließlich war der Täter sehr besonnen vorgegangen. Erich bestand aus siebzig Prozent Muskeln und dreißig Prozent leicht entzündlichem Brennstoff.
    Emmanuel verließ den Pfad und überquerte das leere Grundstück, auf dem überall Unkraut und Grasbüschel wucherten. Es war nahezu Mittagszeit und die Straße fast leer. Emmanuel wandte sich nach rechts und ging in Richtung von Poppies General Store weiter. Er stieg die wackelige Treppe hoch und sah durch das Vorderfenster hinein. Der alte Jude saß hinter der langen Holztheke und las ein Buch. Aus dem Hinterzimmer drang das Summen der Nähmaschinen.
    Zweigman blickte auf. »Detective.«
    Emmanuel trat an die Theke. Eigentlich war er mit der Bitte gekommen, das Telefon des Ladens benutzen zu dürfen, aber jetzt fiel ihn noch etwas ein.
    »Woher hat Captain Pretorius gewusst, dass Sie ausgebildeter Arzt sind?«, fragte er. Immer noch brachte er den Arzt Zweigman und den Krämer Zweigman nicht so recht überein. Hätten Schwester Angelina und Schwester Bernadette ihr Geheimnis gewahrt, wäre Zweigman auch weiterhin nur irgendein Jude gewesen, der seine Waren feilbot, praktisch unsichtbar.
    »Dinge zu wissen war die Spezialität des Captains«, erwiderte Zweigman trocken.
    Da

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