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Ein Schöner Ort Zum Sterben

Ein Schöner Ort Zum Sterben

Titel: Ein Schöner Ort Zum Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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Café war nüchtern eingerichtet, doch der Kaffee schmeckte ausgezeichnet. Solange Markby sich erinnern konnte, war das Lokal nie gut besucht gewesen, was das Management allerdings nicht zu kümmern schien. Zu manchen Zeiten weckte das das Misstrauen in dem Polizisten Markby. Zu anderen Zeiten sagte er sich, dass er endlich aufhören musste, überall dunkle Machenschaften zu wittern.
    »Doppelleben!«, sagte er unvermittelt.
    »Sir?« Helen Turner blickte ihn verblüfft an.
    »Alle möglichen Leute führen ein Doppelleben. Hatten Sie bereits Gelegenheit, den Leichnam zu sehen?« Sie zögerte.
    »Ja, hatte ich. Wie Superintendent Norris bereits sagte, dieser Fall wird großes Aufsehen erregen, nicht wahr? Weil das Mädchen so jung war, meine ich.«
    »Jung, aber nicht notwendigerweise unschuldig. Sie sieht jedenfalls jung genug aus, um noch zur Schule zu gehen. Doch in ihrer Freizeit hat sie Männerbekanntschaften gesucht, ist in Lokale gegangen oder hat Dinge getan – wir wissen noch nicht genau, was –, die zu ihrer Ermordung geführt haben.« Sie antwortete nicht darauf, sondern rührte in ihrem Kaffee, obwohl er schwarz und ohne Zucker war. Ich hoffe wirklich, dass sie sich etwas mehr entspannt, dachte Markby erneut und ein wenig ärgerlich. Er sah auf und begegnete ihrem Blick: graue Augen mit dunklen Wimpern. Ziemlich hübsche Augen. Ihr Haar war für seinen Geschmack zu kurz geschnitten. Sie sah wie halb skalpiert aus. Das ist unverhohlen sexistisches Denken, schalt er sich. Ihr Haarschnitt entsprach wahrscheinlich der gegenwärtigen Mode. Vielleicht mochte sie seine Frisur nicht oder irgendetwas anderes an ihm. Vielleicht war es gar keine Nervosität, die zu diesem steifen Verhalten führte. Vielleicht war es Abneigung.
    »Liegt es an mir?«, fragte er unvermittelt.
    »Liegt was an Ihnen?«, rief sie erschrocken und fügte ein wenig verspätet
    »Sir?«, hinzu.
    »Sie müssen nicht ständig ›Sir‹ zu mir sagen. Ich meine, mache ich Sie nervös?« Sie stellte ihre Tasse ab.
    »Mir war nicht bewusst, dass es so offensichtlich ist.« Sie suchte nach Worten.
    »Ein neuer Fall, eine neue Stadt, ein neuer Chef …«
    »Wenn Sie Bamford erst gesehen haben, werden Sie feststellen, dass es ein ziemlich kleines, stilles Plätzchen ist.« Markby redete hastig weiter.
    »In den letzten Jahren wurde zwar viel gebaut, aber im Grunde genommen ist es immer noch ein Marktflecken.«
    »Donnerstag«, sagte sie.
    »Donnerstags ist Markttag.« Jetzt war er an der Reihe, überrascht zu sein.
    »Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht, wie ich sehe.« Sie errötete.
    »Ich bemühe mich jedenfalls immer. Und … und die Leute haben mir erzählt …«
    »Reden Sie nur weiter.« Es war kaum nötig. Die grauen Augen sagten alles. Er konnte sehen, wie sie sich um eine schickliche Antwort bemühte.
    »Die Leute haben Ihnen von mir erzählt?«, half er ihr.
    »Ein wenig«, gestand sie.
    »Oh, nichts Besonderes. Nur dass … dass Sie Bamford als Ihr Revier betrachten und … und dass Sie die Dinge gerne auf Ihre Weise erledigen.«
    »Tatsächlich? Ich würde zwar nicht … nun ja, vielleicht stimmt es. Falls Sie ein Problem damit haben, sagen Sie es. Ich meine das wörtlich. Nur heraus mit der Sprache!« Sie errötete; es war ein hübscher Farbton, der allerdings gar nicht zu ihrem Pullover passte.
    »Vielleicht wollen Sie keinen weiblichen Sergeant als Assistenten? Trotzdem hoffe ich, dass Sie meine Loyalität nicht in Frage stellen – Sir!« Markbys Augenbrauen schossen in die Höhe. Warum musste sie so unverblümt auf die Geschlechterfrage hinweisen?
    »Es macht mir nichts aus, dass Sie eine Frau sind – vorausgesetzt, es macht Ihnen nichts aus!«, entgegnete er.
    »Ich verlange von einem Beamten, gleich ob männlich oder weiblich, nicht mehr und nicht weniger, als dass er seine Arbeit tut. Loyalität, so hoffe ich doch, kann ich als Voraussetzung betrachten!« Die Antwort war möglicherweise ein wenig heftig, doch wenn sie schon so begierig darauf war, genauso wie ihre männlichen Kollegen behandelt zu werden, dann musste sie in Kauf nehmen, dass er auch so direkt zu ihr war wie zu einem Mann.
    »Jedenfalls«, fuhr er sanfter fort,
    »sollten wir uns zuerst um die wichtigsten Dinge kümmern. Wir müssen ein Zimmer in Bamford für Sie finden, wo Sie bleiben können.«
    »Oh, man hat mir bereits ein Zimmer besorgt, bei einer Lady namens Mrs. Pride.«
    »Sehr schön. Dann gehen Sie jetzt auspacken und melden sich bei mir, sobald Sie

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