Ein Schöner Ort Zum Sterben
Identifikation eines Leichnams zu bitten. Und Eltern zu bitten, ihr totes Kind zu identifizieren, war die schlimmste von allen. Markby fuhr seinen Wagen den Hügel hinauf und parkte auf der dem Mausoleum gegenüberliegenden Straßenseite. Er überquerte die Straße und wanderte vorsichtig durch das verschlungene Unterholz, bis er an der Grundstücksgrenze angelangt war. Er blickte über eine niedrige Steinmauer hinweg auf eine grasbewachsene Parklandschaft. In der Ferne war der Ostflügel von Park House deutlich zu erkennen. Aber was konnte man von Park House aus sehen? Niemand hätte am Donnerstagabend die Scheinwerfer bemerkt, es sei denn, er hätte zufällig aus dem Fenster geblickt. Niemand hätte den Wagen unter den Bäumen gesehen, dessen Lichter bereits ausgeschaltet gewesen waren, als Barney auf dem Schauplatz eingetroffen war. Und das Kerzenlicht in der Kapelle? Viel zu schwach und verdeckt von den Bäumen. Die Bewohner von Park House hatten wahrscheinlich nicht die geringste Ahnung, was in ihrem Familiengrab vorgefallen war. Oder vielleicht doch? Ein geöltes Schloss bedeutete, dass es einen Schlüssel geben musste – in diesem Fall einen großen, altmodischen Schlüssel. Hatte irgendjemand aus Park House das Mausoleum aufgesperrt? Falls ja – aus welchem Grund? Markby versuchte sich ins Gedächtnis zu rufen, was er über die Conways wusste, und stellte überrascht fest, dass es herzlich wenig war. Matthew Conway führte seine Geschäfte von der Villa aus, aber sie hatten nichts mit der Stadt zu tun, und Matthew war nur sehr selten in Bamford anzutreffen. Mrs. Conway? Sie musste eine geborene Devaux sein. Hmmm … dachte Markby. Sie gehörte zu jener Sorte Frauen, deren Stellung in der lokalen Gesellschaft üblicherweise zur Folge hatte, dass sie im Umkreis von vielen Meilen in jedem wohltätigen Komitee saß. Doch das war hier nicht der Fall. Markby konnte sich nicht erinnern, dass ihr Name einmal in diesem Zusammenhang erwähnt worden wäre. Sehr eigenartig. Ein unangenehmes Brennen in der Magengegend riss ihn aus seinen Gedanken und signalisierte den Beginn einer gewaltigen Magenverstimmung. Er würde auf dem Rückweg zur Wache bei der Apotheke halten müssen. Markby wandte sich um und hielt stirnrunzelnd inne. In der Ferne war ein Schrei erklungen, ein Kreischen, wie von einem Schwein.
»Kann nicht sein«, murmelte er zu sich selbst.
»Park House betreibt keine Landwirtschaft.« KAPITEL 8
»Sie haben ja wirklich ’ne Menge Leute für den Fall abgestellt, wie es aussieht!«, meinte Barney Crouch. Es war einige Zeit später, und sie fuhren an dem soeben eingetroffenen Spurensicherungsteam vorbei, das geschäftig seine Instrumente auspackte. Außerdem mühten sich zwei Constables ab, Eisenstangen in den harten Boden zu hämmern, um anschließend das Plastikband zu spannen, das den Fundort weitläufig absperren würde.
»Kommen die etwa alle von der Bamforder Wache?«
»Herr im Himmel, nein!«, antwortete Markby verblüfft.
»Die meisten kommen vom Bezirkspräsidium. So viel Personal haben wir in Bamford nicht.«
»Aber Sie leiten die Show, wie? Diese Morduntersuchung, meine ich?«
»Ich wurde darum gebeten, ja.« Markby musste unwillkürlich an Norris denken – was seiner Verdauung nicht gerade förderlich war.
»Ich hab mal ein Drehbuch für einen Detektivfilm geschrieben, in den alten Tagen, als es noch B-Movies gab. Routinearbeit, aber es hat eine Menge Spaß gemacht. Der Inspector in diesem Film trug einen Regenmantel aus Gabardine und einen Schlapphut.« Barney warf einen Seitenblick auf Markbys abgetragene Barbourjacke.
»Und selbst die kleinsten Ganoven nannten ihn ›Sir‹. Sie sehen ihm überhaupt nicht ähnlich.« Markby widerstand dem Impuls, sich für sein Aussehen zu entschuldigen und zu erklären, dass es heutzutage schwierig war, die Anfänger dazu zu bewegen, ihn mit
»Sir« anzureden. Er fragte sich, wie viele Leute wohl noch eine Vorstellung von der Polizeiarbeit hatten, die wie Barneys offensichtlich aus der Zeit des Schwarzweißfilms stammte, und das trotz all der grimmigen Realität, die dieser Tage im Fernsehen zu sehen war. Vielleicht sehnte sich das Publikum nach der Rückkehr der Männer mit den Schlapphüten, den gestutzten Schnurrbärten und dem dazu passenden abgehackten Akzent. Den Männern, die grenzenloses Vertrauen in ihre Integrität erweckt und den Tunichtguten aller Couleur Albträume beschert hatten. Markby hoffte nur, dass die Öffentlichkeit noch immer
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