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Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maryla Krüger
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endlich erträglich ist.“
    Ailsa nickte und lächelte mich an. „Du hast es geschafft, weißt du?“
    „Was habe ich geschafft? In die Sch… du weißt schon, zu treten? Wohl wahr!“
    „Nein!“, sagte sie lachend. „Ich meine Ryan und Marlin.“
    „Was ist mit den beiden?“
    „Sie vertragen sich.“
    „Ja, ich weiß. Wo sind sie?“
    „Sie sitzen zusammen im Kaminzimmer und trinken Whisky.“
    „Um drei Uhr morgens“, erwiderte ich und schüttelte den Kopf.
    „Die Uhrzeit ist doch zweitrangig. Das Ergebnis ist alles, was zählt.“
    „Mag sein.“ Ich lächelte. „Tust du mir einen Gefallen, Ailsa?“
    „Klar! Was möchtest du?“
    „Ich möchte, dass du mich morgen zu einem Hotel bringst.“
    „Wie bitte?“
    „Es ist, wie du schon sagtest. Das Ergebnis ist alles, was zählt. Marlin und Ryan sind Brüder. Endlich wieder.“
    „Ja, aber, ich dachte du liebst …“ Sie hielt inne.
    „Genau!“ Ich lächelte. „Wen, nicht wahr? Das ist die Frage. Die Antwort ist, ich liebe den einen mehr als den anderen, aber das reicht nicht aus. Es würde immer wieder zu Zerwürfnissen zwischen den beiden kommen, wenn ich mich für einen von ihnen entscheiden würde. In gewisser Hinsicht hatte Severíne recht, weißt du?“
    „In welcher?“
    „Wenn ich nicht mehr da wäre, würde sich Ryan mit seiner Familie wieder vertragen.“
    „Jo! Das ist Unsinn! Außerdem glaube ich nicht, dass Ryan und Marlin dich so einfach gehen lassen.“
    „Darum werden wir ihnen auch nichts sagen.“
    „Du verlangst ziemlich viel.“
    „Ja. Wirst du es tun?“
    Ailsa erhob sich, ging zur Tür und drehte sich dort noch einmal um. „Ja, ich werde es tun. Aber du wirst es eines Tages bereuen, glaub mir.“
    „Ja, vielleicht. Ach, Ailsa?“
    „Ja?“
    „Ist Malcolm in seinem Zimmer?“
    „Ja, warum?“
    „Nicht so wichtig. Ich will mich nur von ihm verabschieden.“
    „Okay. Wir sehen uns dann morgen – oder besser nachher. Ich gehe jetzt schlafen.“
    „Mach das! Gib Finn einen Kuss von mir!“
    „Okay.“
    Ich glaubte eine winzige Träne in ihrem Augenwinkel zu sehen, aber dann war Ailsa fort, und ich konnte sie nicht mehr danach fragen.

Der kleine Lord
    „Malcolm?“ Ich klopfte leise. „Malcolm, ich bin’s, Jo“, sagte ich und öffnete vorsichtig die Tür. Er schlief nicht, was ich auch nicht erwartet hatte, sondern saß in einem Sessel am Kamin, die Füße auf einen Hocker gelegt, und blickte ins Feuer. Auf seinem Schoß lag der Bildband, den er mir an unserem ersten Abend gezeigt hatte. Ich ging zu ihm, setzte mich in den anderen Sessel und stützte den Ellbogen auf der Lehne ab, bettete meine Wange in der Hand und betrachtete sein Gesicht. Es war ausdruckslos.
    „Seit wann?“, fragte ich ruhig und gelassen.
    Malcolm tat gar nicht erst so, als würde er nicht verstehen, wovon ich sprach. Er zuckte mit den Schultern. „Seit fast zwei Jahren“, sagte er. „Es hörte auf, als ich den Unfall hatte.“ Er berührte mit den Fingern die Narbe in seinem Gesicht und drehte mir den Kopf zu. „Habe ich dir je davon erzählt?“
    „Nein.“
    „Es war eine Mutprobe, weißt du? Ich sollte durch das Fenster in das Büro des Dekans einsteigen und den Stab des Wissens holen. Ich bin abgestürzt. Ich habe es vermasselt.“
    „Das tut mir sehr leid, Malcolm!“
    „Wirst du es ihnen sagen?“, fragte er.
    Ich lächelte. „Nein.“
    „Das ist lieb von dir, Jo. Danke!“
    „Hm …“ Ich nickte. „Seit wann weißt du von Annie und Samuel und der Orgel unten im Laboratorium?“
    Malcolms Augen wurden groß. „Wie …?“
    „Die Schrift“, sagte ich mit einem Schmunzeln. „Deine Schrift. Auf der Rückseite von Annies Gemälde. Du hast das doch da hingeschrieben, nicht wahr? Warum?“
    „Ich fand, dass sie das verdient hatten. Annie und Samuel, meine ich. Der Lord und das Dienstmädchen.“
    Ich lächelte, legte die Füße ein kleines Stück auf den Hocker und schaute schmunzelnd zu, wie Malcolm ihn mir dichter heranschob, damit ich es bequemer hatte. „Danke, Malcolm!“, sagte ich.
    „Bitte!“
    „Du wusstest schon lange von Annies Briefen, nicht wahr? Du hast gelogen, als Ryan dich vor Wochen nach ihren Notizen gefragt hatte. Warum?“
    „Ich wusste nicht, was mein Vater mit den Briefen gemacht hatte. Wir hatten uns gestritten. Ein Sohn des Hauses Torridon gibt sich nicht mit den unsinnigen Gedanken eines längst verstorbenen Dienstmädchens ab!“ Er klang verbittert. „Aber ich wusste, wenn ich Ryan

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