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Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maryla Krüger
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Drudenfuß verziert hat. Allesamt haben sie dem Pentagramm nach und nach eine andere Bedeutung gegeben, als wenn man ein Stück Knete durch hundert Hände wandern ließe.“ Finn erhob sich und kratzte sich am Kinn. „Irgendwas befindet sich hinter der Mauer. Das spüre ich.“
    „Möglich“, meinte Ryan. „Aber bevor ich nicht weiß, was es ist, wird die Mauer nicht angerührt.“
    „Okay.“ Finn nickte. „Du hast recht.“
    „Wir sollten nach alten Aufzeichnungen suchen“, sagte Ryan und blickte von einem zum anderen. „Alles, was ihr finden könnt. Briefe, Tagebücher, Chroniken. Lucas, was glaubst du, wie alt ist das Mauerwerk?“
    Lucas schob mit dem Fuß einen der Steine zurecht und zuckte mit den Schultern. „Schwer zu sagen“, meinte er. „Einige Ziegel sind knapp zweihundertfünfzig Jahre alt, andere sind fast dreimal so alt. Aber ich habe ein paar Tests mit dem Mauermörtel durchgeführt, und ich schätze, man hat beides vor etwa hundertfünfzig bis zweihundert Jahren hochgezogen. Genauer geht es leider nicht. Er ist ziemlich verdreckt, und die Umgebung da unten gab ihm den Rest.“
    „Neunzehntes Jahrhundert also“, verkündete Ryan.
    „Ich habe gedacht, wir legen uns nachts mit Kameras auf die Lauer. Und nun sollen wir in der Geschichte herumstochern? Ich dachte, ein Geisterjäger jagt Geister“, schaltete ich mich ein.
    Ryan lächelte mich an. „Meinst du nicht, dass, wenn man jemanden jagen will, man erst wissen sollte, wer es ist?“
    „Ja, schon, aber es hört sich an, als ob du von einem Menschen redest.“
    „Das ist er doch auch, oder glaubst du etwa an Gespenster?“
    Finn und Lucas lachten.
    „Klugscheißer“, sagte ich und musste nichtsdestotrotz schmunzeln.
    Ryan lächelte mich gutmütig an. „Du bekommst schon noch dein Halali, meine kleine Jägerin. Erst mal heißt es aber Bücher wälzen. Malcolm, dein Vater hat mir gestern von alten Handschriften erzählt, die vor Jahren im Bedienstetentrakt hinter einem Wandpaneel gefunden wurden. Weißt du was davon?“
    „N-nein.“ Malcolm zuckte mit den Schultern.
    „Hm, na gut. Ich rufe ihn nachher an. Jo, du gehst mit Finn und Malcolm in die Bibliothek. Schaut euch da bis zum Abendessen mal etwas um. Vielleicht finden wir ja einen Anhaltspunkt.“
    Der blutrünstigen Vergangenheit nach, die in diesen Mauern stattgefunden hatte, war Caitlin Castle selbst ein einziger Anhaltspunkt. Das wurde mir klar, als ich nach dem Abendessen damit begonnen hatte, die Chronik des Clan McDonnell of Glen Monadail zu lesen, der bis Mitte des achtzehnten Jahrhunderts hier seinen Hauptsitz hatte. Dies war zwar nicht die von Ryan vorgeschriebene Zeitspanne, aber die Geschichte fesselte mich wie ein Bestseller – und kam mir auch genauso irreal vor. An einem Tag brachte der eine den anderen um, und am nächsten Tag gebar eine Stute ihr Fohlen, wobei Letzteres durchaus mehr Papier und Tinte beanspruchte. Überhaupt … Viehdiebstahl und kleinere Scharmützel unter den Clans waren quasi an der Tagesordnung und schienen eher ein Hobby als ein Verbrechen gewesen zu sein. Ebenso Brautklau. Ich fragte mich, ob der legendäre Raub der Sabinerinnen nicht vielmehr auf das Konto von Schotten ging, und schüttelte entrüstet den Kopf. „Dass die damals noch Zeit hatten, ihre Felder zu bestellen, ihre Tiere zu füttern und Kinder in die Welt zu setzen, wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben“, sagte ich und unterdrückte ein Gähnen.
    „Tja, die guten alten Zeiten“, meinte Lucas fast träumerisch.
    Mittlerweile zeigte die Uhr halb eins.
    „Jungs! Ich kann nicht mehr!“, stöhnte ich und rieb mir die Augen. „Ich sehe die Buchstaben schon doppelt.“
    Lucas gähnte und streckte sich. „Mir geht’s genauso. Ich glaube, ich muss ins Bett.“
    Ryan schlug sein Buch zu und nickte. „Aye, es ist spät. Ich glaube auch nicht, dass wir heute noch was finden. Wir müssen warten, bis der Duke uns die Handschriften besorgt. Vielleicht findet sich dort was. Finn?“
    Leises Atmen war die Antwort. Finns Kinn war auf die Brust gesunken, die sich in tiefen Zügen hob und senkte. Seine Beine ruhten auf einem Hocker, und das Buch, in dem er gelesen hatte, lag aufgeschlagen auf seinem Schoß. 
    „Feuer!“, brüllte Lucas und krümmte sich vor Lachen, als Finn erschrocken vom Stuhl kippte. Wütend rappelte dieser sich auf und bedachte Lucas mit diversen derben Flüchen. Eine Minute später jedoch wanderten sie bereits wieder Schulter an Schulter aus der

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