Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maryla Krüger
Vom Netzwerk:
Bildschirme, die alle hektisch flimmerten. Auf vier von ihnen waren mehr oder weniger gezackte Linien zu sehen, wie bei einem EKG, und auf einem Bildschirm leuchtete es in einem bunten Farbenspektrum.
    „Da hast du Photometrie, Temperatur, Luftdruck, Feldstärke und MHD.“
    „MHD?“
    „Magnethydrodynamik. Es zeigt die Wechselwirkung zwischen Magnetfeldern und leitenden Flüssigkeiten, Gasen oder in unserem Fall Plasmen an.“
    „Ektoplasma“, sagte ich.
    „Slimer, genau.“ Ryans Augen funkelten gut gelaunt.
    „Und?“, fragte ich, denn mir sagten die Bilder nichts. „Ist alles in Ordnung im Moment?“
    Ryan nahm einen Schluck Kaffee, schaute sich um und nickte. „Aye, alles ruhig.“ Dann sah er mich an und lächelte auf einmal. „Was genau hast du gesehen – vorhin, meine ich?“
    Ich zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Da ist jemand mit einer Lampe durch die Gänge gewandert, und immer wenn ich dachte, ich hätte ihn eingeholt, war er weg. Vielleicht war es Malcolm. Er sagte gestern, dass er zurzeit kaum ein Auge zubekommt.“
    Ryan lächelte immer noch, stellte seine Tasse beiseite und machte sich an einem freien Laptop zu schaffen.
    „Schau mal!“, sagte er. Auf dem Bildschirm erschien ein Raum wie von einer Videokamera gefilmt. Plötzlich huschte ein Lichtfleck über die Wand, verharrte kurz und wanderte weiter.
    „Ja!“, rief ich. „So hat es ausgesehen. Was ist das?“
    „Ein vorbeifahrendes Auto.“
    „Was?“
    „Und jetzt pass auf!“, fuhr Ryan fort und tippte erneut etwas ein. Zu Beginn war der Bildschirm einfach nur schwarz, doch nach und nach tauchte ein kleines, weißes Licht auf, das stetig wuchs und einen spärlich möblierten Raum beleuchtete. Der runde Lichtfleck wurde größer und dann wieder kleiner.
    „Ja, und?“, fragte ich und zuckte mit den Schultern. „Das ist einfach. Das ist eine Taschenlampe, an der jemand dreht, um die Größe des Lichtstrahls zu verändern.“
    „Nein“, sagte Ryan und schüttelte lächelnd den Kopf. „Das ist es nicht.“
    „Was ist es dann?“
    „Das wissen wir bis heute nicht.“
    „Wie bitte?“
    „Der Raum war verriegelt, und es gab keine Fenster. Niemand ging hinein, und niemand kam heraus. Irgendetwas in diesem Raum hat dieses Licht ausgesandt, aber wir haben nicht herausgefunden, was es war. Wir hatten vier Kameras aufgestellt, an jeder Wand eine – und auf allen vieren war dieses Licht zu sehen, als ob es mittig im Raum hängen würde.“
    „Wo wurde das aufgenommen?“
    „Auf einem alten Landsitz in Wales.“ Ryan stützte das Kinn auf die Handfläche und beobachtete das Bild auf dem Monitor. „Ich wüsste zu gern, was das ist.“
    „Eine Reflexion vielleicht?“
    „Wovon? Der Raum wurde von uns nicht beleuchtet. Du kannst all das, was du siehst, nur sehen, weil dieser Lichtfleck da ist. Ein plötzliches Licht im Dunkeln.“
    „Ein verirrtes Irrlicht.“
    Ryan drehte mir den Kopf zu. „Irrlichter? Mit dieser Idee habe ich auch schon gespielt“, sagte er, und während seine Augen vor Belustigung zu leuchten begannen, hoben sich zeitgleich seine Mundwinkel. „Das von dir zu hören ist seltsam.“
    „Weißt du, was Kant einmal gesagt hat?“
    „Kant? Der Philosoph?“
    „Genau der. Er sagte, die ganze Natur ist eigentlich nichts anderes als ein Zusammenhang von Erscheinungen, die bestimmten Regeln unterliegen.“
    „Das heißt?“, fragte er lächelnd.
    Ich zuckte mit den Schultern und machte ein ergebenes Gesicht. „Vielleicht freunde ich mich ja doch noch irgendwann mit dem Übersinnlichen an.“
    „Vielleicht“, sagte er und lachte leise auf. „Oder es steckt ganz tief in dir drin, und du hast nur Angst, es herauszulassen.“ Plötzlich schaute er mir ernst in die Augen. „Ich frage mich schon lange, was der Professor in dir gesehen hat.“
    Ryans Augen leuchteten in einem satten Grün, wie zwei spiegelglatte Waldseen, von denen man nicht wusste, wie tief sie wirklich waren und welche Geheimnisse sie in sich bargen.
    Und obwohl ich durchaus den Wunsch verspürte, in ihnen einzutauchen, traute ich mich nicht allzu weit vor. Ich riss mich von seinen Augen los und lächelte, was wahrscheinlich etwas jämmerlich wirkte, denn plötzlich schaute er weg, betätigte eine Taste, und der unerklärliche, seltsame Lichtschein verschwand – und damit auch dieser seltsame Moment.
    „Ähm“, sagte ich und hob meine Tasse. „Wie bist du eigentlich Geisterjäger geworden? Lucas meinte doch, du wärst da irgendwie

Weitere Kostenlose Bücher