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Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maryla Krüger
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in die Dunkelheit. Da war es wieder.
    Kein Lachen. Gott sei Dank! Mein Herzschlag verlangsamte sich. Es klang wie … Jemand flüsterte draußen auf dem Gang. Vorsichtig schlug ich die Bettdecke zur Seite, stand auf und schlich zur Tür. Worte konnte ich nicht ausmachen, doch ich merkte, wie sich das Flüstern langsam entfernte. Ich öffnete die Tür, streckte den Kopf hinaus und sah gerade noch, wie der Lichtschein einer Laterne im Treppenturm verschwand.
    Kurzerhand schnappte ich mir meine Taschenlampe, nach einigem Zögern auch den kleinen Elektroschocker – man wusste ja nie – und schlich auf Zehenspitzen aus dem Zimmer. Wer auch immer um diese gottlose Uhrzeit umhergeistert, dachte ich, kann nur ein menschliches Wesen sein. Geister benötigten sicherlich kein Licht. Von diesem Gedanken gelenkt, blickte ich auf die Lampe in meiner Hand. Wenn ich sie anschalten würde, würde sie mich genauso verraten. Ich schaute mich um. Immerhin – das Mondlicht lieferte so viel Helligkeit, dass ich größere Umrisse wie Schränke, Stühle und einen Axtmörder hoffentlich auf Anhieb erkennen würde. Ich hielt meinen kleinen elektrischen Verteidiger fest vor mir wie eine Waffe und schlich dem Lichtschein hinterher, doch immer, wenn ich dachte, ich hätte ihn eingeholt, verschwand er um eine Ecke oder durch eine Tür.
    Da ich mich hauptsächlich auf die Verfolgung konzentrierte und deswegen nicht besonders auf den Weg achtete, war ich überrascht, als ich mich plötzlich vor der hässlichen Statue mit den Hörnern wiederfand. Hinter ihr befanden sich tatsächlich die Türen zur Pinakothek. Der nächtliche Schleicher musste da hinein verschwunden sein, denn dieser Gang endete dort – und nur dort.
    „Sackgasse, mein Lieber“, frohlockte ich. Diese Galerie war etwas kleiner als die Ahnengalerie mit ihren Säulengängen, und vor allem hatte sie nur diesen einen Zugang. Ich öffnete leise die Türflügel, schob sie vorsichtig auf – und meine erhobenen Mundwinkel sackten fassungslos wieder herab. Gähnende Leere. Ist der Kerl etwa aus dem Fenster gesprungen?
    Ernüchtert ging ich hinein, blieb einen Moment lang an der Tür stehen und schaltete nach kurzer Überlegung die Taschenlampe ein. Die Fenster waren alle geschlossen, nichts regte sich, nichts deutete darauf hin, dass jemand hier gewesen sein könnte. Keine Menschenseele.
    Als ich mich gerade wieder umwenden wollte, glitt der Lichtstrahl meiner Lampe flüchtig an etwas vorüber, das mir für den Bruchteil einer Sekunde wie eine verhüllte Gestalt erschien, doch als ich das Licht wieder an den Punkt zurückführte, war dort nichts. Meine Phantasie ging wirklich langsam mit mir durch.
    In dem Moment erkannte ich das Gemälde. Aller Illusionen beraubt, ging ich hinüber und blieb davor stehen. Da hast du’s, Jo, dachte ich.
    Das Aquarell zeigte den Burginnenhof und den Brunnen an einem hellen Sommertag. Auf dem Brunnenrand saß eine junge Frau, noch fast ein Mädchen. Ihre rechte Hand wies grazil in Richtung Becken, während die linke in ihrem Schoß ruhte. Die Statue war eine Heiligenfigur, die in der Mitte der Zisterne auf einem Sockel stand und mahnend auf das Mädchen herabschaute. Immerhin konnte ich mir jetzt sicher sein, dass ich an jenem Abend irgendeinem Trugbild aufgesessen war, denn es war absolut nicht das, was ich gesehen hatte. Unter dem Gemälde befand sich ein kleines Schild: Mädchen am Brunnen – 1864 – Maler unbekannt.
    „Jo?“
    Ich schoss herum und fuhr instinktiv mit der Hand vor. Schon hörte ich es knistern, gefolgt von einem kurzen, überraschten Aufheulen und einem dumpfen Aufprall. Dann sah ich ihn im Schein meiner Taschenlampe.
    „Ryan!“ Ich stürzte auf ihn zu. „Oh Gott! Das tut mir leid!“
    Er kauerte auf dem Boden und hielt sich den Bauch. „Hast du den Verstand verloren?“, krächzte er. „Wirf das verfluchte Ding weg!“
    „Ja, okay! Verdammt! Du hast mich erschreckt!“
    Er setzte sich auf und blickte mich strafend an. „Kannst du mir mal sagen, warum du mitten in der Nacht wie eine Diebin durch die Burg streifst? Ich hatte dir gesagt, dass du in deinem Zimmer bleiben sollst.“
    „Wie meinst du das?“, fragte ich.
    „Wie ich das meine? Jo! Ich gehe dir schon seit zwanzig Minuten nach. Was treibst du hier?“
    „ Du hast mich verfolgt?“
    Er warf mir einen Blick zu, der unschwer zu deuten war.
    „Also warst du es nicht.“ Ich runzelte die Stirn.
    „Was war ich nicht?“, fragte er und erhob sich stöhnend vom

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