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Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition)

Titel: Ein schottischer Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maryla Krüger
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den anderen, als ich Severínes hohe, aufgebrachte Stimme durch das Vestibül schallen hörte:
    „Ich werde nicht zusehen, wie diese kleine salope dich mir wegnimmt! Elle est bète comme ses pieds! “
    „Pass auf, was du sagst!“, donnerte Ryan.
    Salope? Auf der Suche nach einem Versteck oder einem Loch, in das ich mich zurückziehen konnte, schaute ich mich um und verdrückte mich schleunigst hinter eine große Statue.
    „Ich lasse nicht zu, dass du so von ihr redest!“
    „Ich rede, wie es mir passt!“, keifte Severíne. 
    „Nicht hier!“, brüllte Ryan zurück. „Verstanden?“
    „Mais ce n’est pas juste!“
    „Was hier fair ist und was nicht, das bleibt noch abzuwarten.“
    Etwas – vielleicht eine Faust? – traf die holzvertäfelte Wand.
    „Ich will, dass du dich von ihr fernhältst. Herrgott! Hast du in deinem Leben nicht schon genug angerichtet?“
    „Sie ist ein Nichts, Ryan! Espece de paysanne! Du kannst doch nicht ernsthaft in Erwägung ziehen, sie zu …“
    „Halt den Mund, Severíne! Halt um Gottes willen den Mund, bevor ich mich vergesse!“
    „Ich gebe dich nicht auf!“
    „Es wird dir nichts anderes übrigbleiben“, schoss er zurück, und dann wurde seine Stimme abrupt leiser. „Ich habe den Professor bereits angerufen. Ab nächste Woche wirst du wieder in Edinburgh arbeiten.“
    „Du schickst mich fort?“
    „Endgültig.“
    Einen Moment lang blieb es still, dann hörte ich Severínes Absätze auf dem Steinfußboden verhallen.
    „Komm raus“, sagte er mit tiefer Resignation in der Stimme.
    Zuerst war ich mir nicht sicher, ob er damit tatsächlich mich meinte, doch dann fuhr er fort: „Ich kann dich sehen, Jo.“
    Ich blickte um die Statue herum und schaute in Ryans Gesicht, in dem sich mindestens zehn verschiedene Gemütszustände gleichzeitig abzeichneten.
    „Na los, komm schon!“, wiederholte er und bewegte die Finger.
    Ich atmete tief durch und trat vor. „Ich wollte nicht lauschen, bestimmt nicht. Ich hätte nur an euch vorbeigemusst, und das … tut mir leid!“
    „Was denn?“
    „Severíne, meine ich. Vielleicht habe ich sie auch einfach falsch verstanden, Ryan!“
    „Nein, hast du nicht, glaub mir. Severíne ist eine falsche Schlange durch und durch. Marlin hat das schon vor Jahren erkannt. Ich war nur zu blind, um ihm zu glauben, oder zu verstockt, um ihm zuzuhören.“
    „Marlin?“, fragte ich. „Was hat Marlin damit zu tun?“
    Ryan nickte. „Severíne hat damals die Betten zwischen uns gewechselt wie ein Kopfkissenbezug. Und ich war blind vor Liebe, um zu erkennen, dass sie uns nur gegenseitig ausspielen wollte.“
    „Severíne und Marlin?“ Mir drehte sich der Kopf.
    Ryan lächelte gutmütig. „Siehst du?“, sagte er. „Du bist viel zu anständig, um die schlechten Seiten an einem Menschen zu sehen, selbst wenn sie so deutlich sind wie eine Plakatwerbung.“
    In diesem Moment erklangen von neuem Severínes Absätze. Sie rauschte aus dem Treppenturm, zerrte einen großen Koffer hinter sich her und blieb wie angewurzelt stehen, als sie uns sah. In ihrem Gesicht lagen so viel Wut und Abscheu, dass es ihr sonst liebliches Antlitz verunstaltete. „Ihr zwei verdient einander“, fauchte sie, stampfte weiter und riss die Haustür auf. Der Sturm, der sich sofort Einlass in die Burgmauern verschaffte, riss Severíne fast von den Beinen. Es sah lächerlich, ja beinahe absurd aus. Sie stand x-beinig auf ihren High Heels, versuchte verzweifelt das Gleichgewicht zu halten und dann auch noch Stolz und Würde auszustrahlen. „Ich bleibe keine Sekunde länger in diesem verdammten Haus!“, keifte sie.
    „Severíne!“, rief ich. „Du kannst doch nicht bei diesem Wetter rausgehen!“
    „Pauvre connasse!“
    Und dann fiel die Tür laut krachend ins Schloss.
    „Okay“, murmelte ich. „Das hörte sich nicht sehr nett an.“
    „Sie ist weg“, sagte Ryan und holte erleichtert Luft. „Komm!“
    Er nahm meine Hand und zog mich mit sich. Es schien fast, als wäre ihm eine Last von den Schultern gefallen, und ich war überrascht, dass noch nicht mal eine Spur von Verlust oder Zweifel in seinen Augen zu finden war.
    „Meinst du nicht, dass wir sie lieber zurückholen sollten? Bei dem Sturm …“
    „Sturmhexen soll man besser nicht aufhalten, wenn sie auf dem Wind reiten wollen.“
    „Ist das schon wieder so eine schottische Legende?“
    „Sicher! Storm witches beeinflussen die Winde mit ihrem geasan, ihren gälischen Beschwörungen, und sorgen dafür, dass

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