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Ein Schritt ins Leere

Ein Schritt ins Leere

Titel: Ein Schritt ins Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Frankie prägte sich den Namen zum späteren Gebrauch ein.
    Allerdings musste man bei Nachforschungen über Carstairs ungeheuer vorsichtig zu Werke gehen. «Ich lege keinen Wert darauf, vergiftet zu werden», murmelte Frankie, eine Grimasse schneidend. «Der arme Bobby ist um nichts…»
    Ihre Gedanken machten einen Sprung. Evans! Wer war Evans?
    Das Mitglied einer Bande, die sich mit Rauschgiftschmuggel befasst, entschied Frankie nach längerem Grübeln. Vielleicht war irgendein Freund Carstairs’ den Leuten zum Opfer gefallen, und er kam nach England, um die Sache aufzudecken; Evans mochte sich vom Schmuggel zurückgezogen haben und als sittsamer Bürger in Wales leben, wo Carstairs ihn aufsuchen wollte, um von ihm die Namen seiner einstigen Spießgesellen zu erfahren. Hierbei folgte ihm jemand und tötete ihn.
    Jemand? Wer war dieser Jemand? Roger Bassington-ffrench…?
    Sehr unwahrscheinlich. Viel eher als ihn hielt Frankie die Caymans für Mitglieder einer Schmugglerbande. Aber jene Fotografie? Wenn es doch nur eine Erklärung für jene Fotografie gäbe!
     
    Abends wurden Dr. Nicholson und seine Frau zum Dinner erwartet. Als ihr Wagen vorfuhr, befand Frankie sich bereits fertig angekleidet in ihrem Zimmer und blickte, sobald sie den Wagen vorfahren hörte, zum Fenster hinaus.
    Ein großer Mann stieg gerade aus einem dunkelblauen Talbot.
    Nachdenklich trat Frankie vom Fenster zurück.
    Carstairs war Kanadier gewesen. Dr. Nicholson war ebenfalls Kanadier. Und Dr. Nicholson besaß einen dunkelblauen Talbot.
    Absurd vielleicht, darauf etwas aufzubauen – und dennoch…
    Zehn Minuten später lernte sie in Dr. Nicholson einen Mann kennen, dessen ganzes Auftreten große Energie verriet. Er sprach wenig und sehr langsam; aber irgendwie wusste er jedem Wort einen bedeutungsvollen Ton zu geben, und hinter den starken Brillengläsern blitzten ein Paar kluge, forschende Augen.
    Seine Frau war ein zierliches Geschöpf von etwa siebenundzwanzig Jahren, hübsch – nein, schön. Sie schien ziemlich nervös zu sein und plauderte etwas fieberhaft, um das zu verbergen.
    «Wie ich höre, hatten Sie einen Unfall, Lady Frances», sagte Dr. Nicholson, als er neben Frankie am Tisch Platz nahm.
    Frankie erläuterte den Hergang, und innerlich wunderte sie sich, warum es sie eine gewisse Überwindung kostete. Sie fühlte sich befangen. Es kam ihr vor, als verteidigte sie sich gegen eine niemals erhobene Beschuldigung. Warum eigentlich? Nichts sprach dafür, dass der Doktor Grund hatte, ihrem Unfall mit Misstrauen zu begegnen.
    «Sie haben sich sehr schnell wieder erholt», meinte er, nachdem Frankie ihm den Sachverhalt geschildert hatte.
    «Ich betrachte sie noch als Rekonvaleszentin», mischte Sylvia sich ein. «Denn ich will sie nicht so bald fortlassen.»
    Dr. Nicholsons Blicke wandten sich der Hausherrin zu.
    «Ja», sagte er ernst. «Sie sollten sie so lange wie möglich bei sich behalten.»
    Frankie saß zwischen Henry Bassington-ffrench und dem Arzt. Henry war in besonders mürrischer Laune. Seine Hände zuckten. Er aß fast nichts und nahm an der Unterhaltung nicht teil. Infolgedessen war Moira, die an seiner anderen Seite saß, ganz auf Roger angewiesen.
    Jetzt sprach Dr. Nicholson über das Leben auf dem Land.
    «Wissen Sie, was eine Kultur ist, Lady Frances?»
    «Meinen Sie Bücher – Gelehrsamkeit?», fragte Frankie verwirrt.
    «Nein, nein. Ich spielte auf Keime an. Sie entwickeln sich bekanntlich in besonders zubereitetem Serum. Mit dem Land verhält es sich ähnlich. Dort gibt es Zeit und Raum und endlose Muße – angemessene Bedingungen für die Entwicklung.»
    «Die Entwicklung von Schlechtem und Bösem?»
    «Das hängt von der Art der kultivierten Keime ab, Lady Frances.»
    Blödsinniges Gespräch!, dachte Frankie. Und warum fühle ich ein leichtes Gruseln dabei…?
    «Ich bin darauf gefasst, dass sich bei mir allerhand dunkle Eigenschaften entwickeln», sagte sie schnippisch.
    «O nein, Lady Frances. Meines Erachtens werden Sie immer auf der Seite von Gesetz und Ordnung stehen.»
    Täuschte sie sich? Oder lag wirklich ein leichter Nachdruck auf dem Wort Gesetz?
    Plötzlich rief Mrs Nicholson über die Tafel herüber: «Mein Mann gefällt sich neuerdings darin, Charaktere zu deuten.»
    «Ganz recht, Moira», nickte der Arzt freundlich. Dann beschäftigte er sich wieder mit Frankie. «Ich hatte von Ihrem Unfall gehört, Lady Frances, und etwas befremdet mich dabei.»
    «So?», stieß Frankie hervor, deren Herz wie

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