Ein Schuss Liebe kann nicht schaden
Fliegengittertür. „Bringst du mich ins Bett?“
Emmy-Lous Bitte überraschte ihn. Normalerweise kam sie zu ihm und gab ihm einen Gute-Nacht-Kuss, bevor Annie sie ins Bett brachte. „Ja.“ Er ging ins Haus. Annie und Miss Ladley saßen am Küchentisch und schnitten frische Pfirsiche. Als Annie ihr Messer weglegte und aufstehen wollte, bedeutete er ihr, sich wieder zu setzen.
Emmy-Lou hüpfte zu ihrer Tante und gab ihr einen Kuss. „ Ich liebe dich.“
„Ich liebe dich auch.“
Dann lehnte sich Emmy-Lou auf Zehenspitzen über den Tisch und spitzte die Lippen. Miss Ladley gab ihr einen flüchtigen Kuss. „Wenn deine Träume nur halb so süß sind wie die Pfirsiche hier, dann musst du sie mir morgen früh ganz genau erzählen.“
„Okay.“ Emmy-Lou schaute sich um. „Wo ist meine Puppe?“
„Da drüben“, sagte Annie. „Neben der Fensterbank, wo du sie vorhin hingelegt hast.“
Emmy-Lou strahlte. „Puppi!“
„ Komm, Emmy-Lou.“ Jakob hielt die Hand seiner Tochter und ging langsam die Treppe hoch, damit sie immer beide Füße auf eine Stufe setzen konnte. Mit ihren kurzen Beinen schaffte sie es noch nicht anders.
Sie kniete sich vor ihr Bett und faltete die Hände. „Papa? Betest du nicht mit mir?“
„Aber natürlich, mein Schatz.“ Er riss seinen Blick von Miss Ladleys Quilt los. Er lag ordentlich zusammengefaltet in der Ecke des Zimmers. Er kniete sich neben Emmy-Lou. Sie rückte näher an ihn heran. „Sagst du das Gebet mit mir?“
„Ja.“
„Ich bin ein kleines Kindelein,
und meine Kraft ist schwach.
Ich möchte gerne selig sein,
und weiß nicht, wie ich’s mach.“
Das unschuldige Gebet traf ihn tief. Ich bin ein kleines Kindelein, und meine Kraft ist schwach ... Die Worte bewegten ihn. Obwohl er ein erwachsener Mann war, fühlte er sich wie ein Kind vor dem Thron des Allmächtigen und ganz schwach unter der schweren Last, die er trug.
Emmy-Lou kletterte in ihr Bett, doch Jakob hielt sie fest. „Hast du letzte Nacht auch hier geschlafen?“
Sie nickte.
Er hatte angenommen, Annie würde mit seiner Tochter in einem Bett schlafen und Miss Ladley das Ausziehbett überlassen. Jakob runzelte die Stirn. „Wo hat dann Miss Ladley geschlafen?“
Emmy-Lou zuckte mit den Schultern. „Weiß ich nicht.“ Suchend schaute sie sich um. „Wo ist meine Puppi?“
„Hier.“ Sie war abgelenkt gewesen und hatte dabei vergessen, wo sie ihre geliebte Stoffpuppe hingelegt hatte. Sie vergaß oft, wo die Puppe lag. Doch jedes Mal, wenn sie die Puppe wiederbekam, freute sie sich so sehr, dass Jakob es nicht übers Herz brachte, sie für ihre Vergesslichkeit zu tadeln. Wenn die Schule erst einmal anfing, würde sie schon lernen, besser auf ihre Sachen aufzupassen. Für ihn war es manchmal auch schwer, Sachen zu finden, da um ihn herum alles ins Chaos zu versinken schien. Jakob holte die Puppe vom Fußende des Bettes und drückte sie seiner Tochter in die Arme.
„ Danke. Ich liebe dich, Papa. Nacht-Nacht.“
„Träum schön.“ Er küsste sie auf die Stirn. „Ich liebe dich.“ Er schaute noch einmal kurz zu den Vorhängen, um sicherzustellen, dass sie einen Spalt offen standen und das Mondlicht das Zimmer in ein sanftes Licht hüllte, dann blies er die Lampe aus und ging. Miss Ladley war nach seiner Tochter ins Bett gegangen – hatte sie vielleicht mit Annie in einem Bett geschlafen? Jakob blieb stehen. Aber Annie schlief nicht gut, wenn noch jemand in ihrem Bett lag. Deswegen hatten sie Emmy-Lou ja auch in das Ausziehbett gelegt, weil Annie mit ihr im Bett nicht schlafen konnte.
In der Küche angekommen sah er, wie Annie nach einem neuen Pfirsich griff. Miss Ladley stand an der Spüle, tauchte Pfirsiche in kochendes Wasser und schälte sie. „Riecht himmlisch.“
„Ja.“ Annie nickte.
„Die Pfirsiche sind so schön süß und saftig, Sie sollten auf jeden Fall Ihre eingemachten Pfirsiche bei Ihrem jährlichen Markt hier anbieten.“
Annie zuckte zusammen.
Miss Ladley hatte Annies Reaktion gar nicht bemerkt und fuhr fort: „Mr Stauffer, mögen Sie lieber gedeckte Obstkuchen oder kleine Küchlein?“
„Die kleinen Küchlein.“ Er warf seiner Schwester einen Blick zu. „Wenn ich aufs Feld gehe, habe ich gerne einen in jeder Hand, nicht wahr, Annie?“
„Ja. Aber du arbeitest schwer. Du musst auch viel essen.“
„Ihre Pfirsichbäume – die tragen wirklich gute Früchte! Ich wette, der Krämer nimmt Ihre Pfirsiche gern und verkauft sie. Mrs Erickson und ich können auch
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