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Ein Schuss Liebe kann nicht schaden

Ein Schuss Liebe kann nicht schaden

Titel: Ein Schuss Liebe kann nicht schaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Marie Hake
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auf den Tisch stellen konnte. „Geht Hattie lieber links oder rechts?“
    „Links, aber sie geht auch rechts, wenn es sein muss.“
    Mr Stauffers Schultern entspannten sich. „Links ist gut. Josephine geht lieber rechts. Emmy-Lou, deine Hände sind noch dreckig.“
    „Ich kümmere mich um sie.“ Annie kam gleich angelaufen.
    Emmy-Lou zog heftig am Besenstiel und machte einen kleinen Hopser zur Seite. „Brrr, mein Pferdchen.“ Sie verlor das Gleichgewicht, und ihr Vater konnte sie gerade noch festhalten, aber der Besenstiel prallte erst gegen den Waschtisch und dann gegen das Hochzeitsfoto, das darüber an der Wand hing. Hope konnte nur hilflos zuschauen, wie der Rahmen mit dem Foto von der Wand glitt und auf dem Boden in tausend Scherben zersprang.
    Emmy-Lou schrie auf, dann waren nur ihre Schluchzer in der erstarrten Stille zu hören.
    „Es tut mir so leid.“ Annie senkte den Kopf und flüsterte: „Ich hätte sie nicht so wild spielen lassen dürfen.“ Sie zog Emmy-Lou zu sich und stellte sich vor das Kind. „Ich werde das hier zusammenfegen. Das werde ich. Sofort. Ihr Männer setzt euch nur hin und esst, solange das Essen noch heiß ist. Emmy-Lou –“
    „Ich helfe ihr beim Händewaschen.“ Phineas nahm das Kind auf den Arm.
    Mr Stauffer war trotz seiner Bräune aschfahl geworden. Glasscherben knirschten unter seinen Stiefeln, als er einen Schritt nach vorn machte. „Es war ein Unfall.“ Seine Stimme klang genauso knirschend und gebrochen wie das Glas.
    „Ich – ich mach alles wieder sauber“, sagte Annie.
    „Nein.“ Er räusperte sich und sagte dann mit sonderbarer, fast beruhigender Stimme: „Setz dich hin, Annie. Iss dein Abendessen.“
    „Er hat recht, Annie. Ich räume hier auf und dabei bleibt’s.“ Hope machte sich an die Arbeit. „Wofür bin ich denn sonst hier? Ihr setzt euch jetzt alle hin und esst.“ Sie nahm sich den Besen und griff nach dem kaputten Rahmen.
    Doch Mr Stauffer war schneller. Die eine Ecke des Fotos war nach innen geklappt und verdeckte Mrs Stauffers Gesicht. Ganz vorsichtig strich Jakob die Ecke mit seinem Daumen wieder glatt. Dennoch war auf dem Foto deutlich ein Knick zu sehen. Er lief direkt durch die Haare seiner verstorbenen Frau.
    Andächtig fuhr er mit dem Finger über Naomis Gesicht, fast so, als würde der Knick durch die Berührung verschwinden – aber der weiße Streifen blieb, wo er war. Ein unglaublich langer, leiser Seufzer entwich seinen Lippen, und in seinen Augen lag ein tiefer Schmerz. Dann schloss er sie.
    Herr, dieser Mann trauert wirklich tief. Kannst du ihn trösten?
    Mr Stauffer öffnete die Augen wieder. Er sagte nichts, aber er stand auf und trug das Bild nach oben. In jedem seiner Schritte schien sein Kummer widerzuhallen. Dann schloss sich die Schlafzimmertür hinter ihm. Das leise Klicken der Tür war der letzte, einsame Ton, den man hören konnte.
    * * *
    „Mr Stauffer?“
    Jakob drehte sich nicht um. Er stand vor Josephines Box und murmelte etwas vor sich hin. Beim Abendessen hatte er kein Wort gesagt. Es war nur ein Versehen gewesen, doch das änderte nichts an seinem Schmerz.
    Jakob liebte das Bild. Auf ihrer Hochzeitsreise hatten sie sich noch einmal herausgeputzt und waren zu einem Fotografen gegangen. Der Fotograf hatte mehrmals versucht, Naomi dazu zu bewegen, in die Kamera zu schauen, aber sie wollte nicht. Sie wollte lieber ihren gut aussehenden Ehemann anschauen.
    Doch jetzt war das Bild ruiniert. Eine kleine weiße Linie lief direkt durch Naomis Haare. Sein Verstand sagte ihm, dass das Bild immer noch intakt war, und dass wahrscheinlich kein anderer die weiße Linie überhaupt wahrnehmen würde. Und trotzdem schoss der Schmerz jedes Mal wie ein Pfeil durch sein Herz, wenn er an das Bild dachte. In der Hoffnung, die Falte wieder zu glätten, hatte Jakob das Bild zwischen die Seiten seiner Bibel gelegt – doch als er die Bibel aufklappte, öffnete sie sich ausgerechnet bei Sprüche einunddreißig. Es gab so viele Bücher in der Bibel, warum gerade hier? Das Lob der tüchtigen Hausfrau! Wieder fühlte er sich so unendlich verlassen.
    Er war in den Stall gegangen, um allein zu sein, um seinem Kummer freien Lauf zu lassen. Phineas verstand diese kleinen Hinweise und ließ ihn in Ruhe. Auf keinen Fall wollte Jakob jetzt mit Hope sprechen.
    „Das ist ja mal eine gute Idee.“ Hope schien nicht zu bemerken, dass er ihr die kalte Schulter zeigte und kam einfach zu ihm in den Stall. „Sie haben Hattie und Jo heute Abend in

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