Ein Schuss Liebe kann nicht schaden
Toomel. „Sir, Mr Stauffer hat recht. Ich habe ihm versprochen, dass ich noch ein paar Wochen hierbleibe. Aber machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde für die Stauffer Farm auf all die anderen Höfe gehen, wenn dort geerntet wird, und dabei helfen, dass alle satt werden.“
Jakob merkte erleichtert, dass sie das Baby mit keinem Wort erwähnte. Obwohl sie immer wieder sagte, dass sie sehr direkt war, war Hope doch vor allem sehr taktvoll. Außerdem war es sehr umsichtig, dass sie versprochen hatte, auch auf den anderen Farmen zu helfen.
Toomel blickte sehnsüchtig auf die leeren Tabletts. „Sonst backt nie jemand Kekse für uns.“
„Linette backt sehr gute Kekse“, fing Richardson wieder an.
„Ich wette, Sie können Mrs Orion von der Pension in der Stadt bitten, Ihnen welche zu backen“, mischte sich Hope ein. „Als Witwe kann sie das Geld sicher gut gebrauchen.“
„Die Witwe O’Toole kann dir sicher auch etwas backen.“ Mr Petersons Augen funkelten und er grinste Mr Toomel an. „Aber denke daran, dass sie eine vollblütige Abstinenzlerin ist, deshalb erwarte keine Rumkugeln oder Bierbrot.“
Alle mussten lauthals lachen. Dann machten sie sich wieder an die Arbeit. Drei Männer überprüften die Erntemaschinen. Die Maschinen mussten in regelmäßigen Abständen gewartet werden, damit sich nichts verhakte und der Mähbinder immer genug Stahldraht zum Binden der Getreidebündel hatte.
Jakob erinnerte sich noch daran, wie er als kleiner Junge den Männern dabei zugesehen hatte, die das Getreide erst mit der Hand mähen und dann binden mussten. McCormacks Erntemaschine von 1885 hatte die Arbeit der Farmer enorm erleichtert – sie mähte das Getreide und fügte es in einem Arbeitsgang zu Garben zusammen. Im ersten Jahr wurden die Maschinen aus Sorge, dass der Bindedraht ausgehen würde, immer und immer wieder überprüft, doch mittlerweile war vieles Routine geworden. Und trotzdem gab es Traditionen, die sich im Laufe der Zeit eingeschliffen hatten.
Die Ernte verlief reibungslos. Gebundene Getreidebüschel fielen hinten aus der Maschine heraus. Die Männer hoben sie auf und formten sie zu Haufen in langen Reihen, die in der Sonne trocknen konnten. Die Luft wurde wieder stickig und die Sonne brannte heiß.
* * *
Hope hüpfte die Verandastufen hinauf. „Deine Kekse waren ein voller Erfolg! Heute Abend müssen wir neue für morgen backen.“
„Okay.“
Hope nahm Annies Hand in ihre und drückte sie liebevoll. „Wollen wir den Vers von heute morgen noch einmal singen? Von dem Lied ‚Oh, hätt’ ich tausend Zungen nur‘? Ich denke schon den ganzen Tag darüber nach. Du weißt schon ... ‚Jesus, dein Nam’ verscheucht die Pein, macht aus dem Leid ein Lied.‘“
„Schmerz ist nie wie ein Lied“, flüsterte Annie.
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Kapitel 11
Allmächtiger Gott, diese Frau ist wirklich verletzt. Bitte Herr, gib mir die richtigen Worte für sie.
Mit zitternder Stimme wiederholte Annie: „Schmerz ist nie wie ein Lied und Angst auch nicht.“
„Natürlich sind sie das nicht.“ Hope drückte sanft ihre Hand. „Aber unser Herr hat alle Macht. Gott ist auf deiner Seite, Annie. Das weißt du doch hoffentlich, oder?“
Annie sah Hope einen Augenblick lang an, dann nickte sie zaghaft.
„Dein Bruder hat von David erzählt. Ist dir mal aufgefallen, dass alle richtig Angst hatten vor dem Riesen Goliath? Ihre Knie haben geschlottert vor Angst. Vielleicht haben sogar ihre Zähne geklappert, aber darum geht es ja gar nicht. Ihre ganzen Schwerter und Schilde und Waffen haben ihnen nichts genützt. Sie konnten einfach nicht gegen ihn kämpfen. Nur David hat sich keine Sorgen gemacht. Ganz und gar nicht. Er war ja noch ein Junge, aber er hat sich mit Gott verbündet. Die drei kleinen Steinchen allein haben Goliath nicht umgehauen. Es waren die Steine zusammen mit Gottes Kraft. David hat Gott vertraut, und Gott hat ihm geholfen.“
„Hast du denn nie Angst?“
„Sicher! Angst hat doch jeder mal. Aber wichtig ist nur, was wir dann mit diesen Ängsten machen. In dem Lied heißt es, dass Jesus aus unserem Schmerz ein Lied macht. Wenn also meine Knie schlottern, dann sollte ich auf die Knie gehen und ihn loben. David ist ja auch nicht einfach losgegangen, hat die erstbesten Steine aufgehoben und dann geschossen. Er hat sich sorgfältig vorbereitet, die richtigen Steine gewählt – nicht zu schwer und nicht zu kantig – und ist dann mit Gottes Hilfe
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