Ein Schuss Liebe kann nicht schaden
sowieso nicht lange aufheben, deshalb habe ich einen Braten gemacht.“
„Mein Mann isst für sein Leben gern Süßes“, sagte Sydney lächelnd. „Der Pfirsichkuchen, den ihr uns gestern mitgegeben habt, hat ihm besonders gut geschmeckt. Er hat darauf bestanden, dass wir den Braten heute mitnehmen, damit wir das Rezept von euch bekommen.“
„Oh, Annie hat die Pfirsiche gewürzt.“ Hope stand auf Zehenspitzen und versuchte, den Bräter auf dem fast vollen Warmhaltefach unterzubringen. „Annie, wir haben fast keinen Platz mehr am Tisch. Warum setzt du dich nicht auf den Klavierstuhl und nimmst dir eine Bank als Arbeitstisch? Du kannst gern ein paar Wassermelonen aufschneiden und die Stücke in den Waschzuber legen. Es gibt nichts Erfrischenderes als ein großes, kühles Stück Wassermelone an einem heißen Tag.“ Hope wandte sich wieder an die anderen Frauen. „Ich will ganz sichergehen, dass ich meine Arbeit hier auch gut mache. Mr Stauffer hat mich angestellt, damit ich mich um das Kochen und solche Sachen kümmere.“
Damit hatte Hope signalisiert, dass sie für den Tag zuständig war, und dass alle Fragen und Anmerkungen an sie gerichtet werden sollten. Außerdem verstanden die Frauen, dass Annie in ihrem Zustand nur die wirklich leichten Arbeiten verrichten sollte.
Hope schaufelte neue Kohle in den Ofen, stellte die größte Pfanne auf den Herd und begann, Hühnchen zu braten. Große Eimer mit Wasser, Seife und Handtüchern standen draußen auf zwei Bänken, damit sich die Männer waschen konnten. Alles summte so geschäftig wie in einem Bienenstock.
„Mmmm, die Hühnchen riechen wirklich lecker!“ Lena mischte Wasser und Mehl für die Soße.
„Danke schön.“ Hope rückte ein Stück auf die Seite und wendete die Hühnerbrüste. „Haben Sie genug Platz?“
„Du meine Güte, ja. Jakob hat für Naomi damals den größten Herd gekauft, den es gab. Es ist immer eine Freude, bei der Ernte in dieser Küche zu kochen, weil hier so viel Platz ist.“
„Daran gibt es keinen Zweifel“, mischte sich Mrs Smith ein. „Jakob hat seine Frau sehr geliebt. Es hat ihn unheimlich getroffen, als er sie und seinen Sohn verloren hat. Ich glaube nicht, dass es noch schlimmer hätte kommen können – er sah so schrecklich aus in dieser ersten Zeit. Aber als er mit Emmy-Lou zu dir gefahren ist, Annie, ging es ihm noch schlechter. Es war wirklich ein Segen, dass du hierhergekommen bist! So konnte Jakob seine Tochter behalten.“
Annie biss sich auf die Lippe und blinzelte die Tränen weg.
„Oh nein.“ Hope zwang sich zu einem Lachen. „Jetzt ist es wieder passiert. Annie hat das weichste Herz, das es auf dieser weiten Welt gibt. Velma, Sie kümmern sich doch um viele schwangere Frauen hier. Finden Sie nicht auch, dass diese Frauen unglaublich nah am Wasser gebaut sind?“
„Auf jeden Fall!“ Velma nickte energisch. „Und sie heulen auch noch eine ganze Weile, nachdem das Baby da ist.“
„An einem Morgen, nachdem Mandy geboren war, habe ich jedes einzelne unserer Taschentücher voll geheult.“ Bei der Erinnerung daran schüttelte Daisy Smith den Kopf. „Meine Mama hat mir gesagt, dass es ihr damals genauso gegangen ist.“
Hope ergriff die Gelegenheit beim Schopf und verkündete: „Mr Stauffer hat mich gefragt, ob ich noch ein bisschen hierbleiben kann. Ich werde also bleiben, bis das Baby kommt, und dann noch zwei Wochen länger.“ Sie wälzte noch ein paar Hühnchenstücke in der Panade und ließ sie in die Pfanne gleiten. Über die Schulter hinweg lächelte sie Annie zu. „Es ist schön, wenn man gefragt wird.“
„Du willst wirklich bleiben?“ Eine Träne lief Annie über die Wange.
„Nun bin ich mir gerade nicht mehr so sicher. Wenn dich allein der Gedanke daran zum Weinen bringt, dann sollte ich vielleicht –“
„Ich will, dass du bleibst! Wirklich!“
„Ich hatte gehofft, dass du das sagst.“ Hope hob die Augenbrauen. „Ist jetzt vielleicht die richtige Zeit, um dich nach dem Rezept für deinen Pfirsichkuchen zu fragen? Nicht nur dein Bruder, auch Phineas und Sydneys Mann lieben ihn.“
* * *
„Mittagessen!“ Drei kleine Jungen standen am Rande des Weizenfeldes und brüllten aus Leibeskräften. Sie wedelten mit Futtersäcken in der Luft herum, damit die Männer sie sahen – falls sie sie nicht gehört hatten.
Harte Arbeit macht einen Bärenhunger, und Jakob lief schon bei dem Gedanken an das Essen, das ihn jetzt erwartete, das Wasser im Mund zusammen. Er stieß einen
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