Ein Schuss Liebe kann nicht schaden
Mamas, die noch ganz kleine Babys hatten, haben sich um die kleinen Kinder der anderen Frauen gekümmert. Wenn wir das machen, kümmere ich mich auch gerne weiterhin um die älteren Kinder, egal auf welcher Farm gerade geerntet wird. Es ist wichtig für sie, dass sie mit anpacken, wo auch immer sie sind.“
Hope rieb sich die Hände. „Großartig! Annie, du verbringst die Erntezeit auf der Forsaken Ranch, und ich vertrete dich in der Zeit auf den anderen Farmen als Hilfe von der Stauffer-Farm, so lange die Ernte dauert.“
„Das macht dir nichts aus?“
„Das soll mir was ausmachen? Ich glaube sowieso, dass ich als Baby nie eine Rassel, sondern gleich eine Bratpfanne gehalten habe.“
Velma legte einen Hühnerknochen auf ihren Teller. „Hope kocht mindestens genauso gut wie ich. Sie wird dich gut vertreten, Annie, und ich bin froh, wenn du und Daisy drin im kühlen Haus bleiben können.“
Daisy kaute auf ihrer Unterlippe. „Ich gehe gern auf die Forsaken Farm, aber wenn die Ernte auf unserem Hof ist, dann –“
„Daisy“, schimpfte Linda sie liebevoll, „natürlich kannst du dann zu Hause bleiben. Aber dein Baby ist erst zwei Monate alt. Keiner von uns erwartet von dir, dass du die ganze Zeit am Herd stehst und hin und her rennst. Du gehörst in den Schaukelstuhl!“
Während die Frauen sich weiter unterhielten, beugte sich Hope zu Annie. „Du hast wirklich die nettesten Nachbarn, die ich je gesehen hab. Vielleicht sind das da draußen gar keine Weizenfelder. Vielleicht sind das schon die goldenen Straßen, denn ich kann mir gut vorstellen, wie Gott uns auf ihnen entgegenkommt und sich zu uns setzt.“
„Das heißt, ihr seid alle einverstanden?“, strahlte Sydney.
„Ist dir klar, um wie viele Babys ihr euch kümmern müsst?“ Mrs Richardson deutete mit dem Kinn in Richtung Haus. „Es schlafen doch gerade mindestens ein Dutzend Kinder im Wohnzimmer.“
Sydney Creighton wurde rot.
Hope schaute sie sich genauer an. Ich frage mich, ob ...
Die junge Frau atmete tief ein. „Das ist alles Teil meines Plans. Oder eher von Gottes Plan. Tim und ich, wir werden auch bald ein Baby haben. Dann könnte ich jetzt schon alles Wichtige lernen.“
Alle Frauen freuten sich und gratulierten.
„Nach meiner Berechnung kommt das Baby Mitte November.“ Velma sah eher wie eine stolze Großmutter als wie eine Haushälterin aus. „Sydney hat recht. Sie muss schon einmal üben mit den Windeln und so.“
Sydney lehnte sich über den Tisch und legte ihre Hand auf Annies. „Und ich dachte, wir könnten dabei vielleicht auf meiner Nähmaschine ein paar Windeln und Kleidchen nähen.“
„Wenn es euch nichts ausmacht, würde ich auch gerne bei den Babys helfen.“ Etta Sanders strich sich eine Locke aus dem Gesicht.
Lena runzelte die Stirn. „Ich dachte, du stillst deine Tochter jetzt nicht mehr.“
Etta nickte. „Ich freue mich wirklich sehr für dich, Sydney. Ich bin auch wieder schwanger. Um ehrlich zu sein, der Geruch von all dem Essen heute ...“
„Damit ist die Sache entschieden!“ Velma stand auf und ging zur Tür. „Ich habe mich um fast jede von euch während der Schwangerschaft und Geburt gekümmert. Und jedes Jahr bei der Ernte mache ich mir erneut Sorgen, dass ihr zu viel arbeitet. Ab jetzt nicht mehr. Jetzt nehme ich die Sache selbst in die Hand. Hope hat gesagt, sie kommandiert gern herum, aber ich bin ein Diktator – und deshalb fälle ich jetzt eine Entscheidung. Etta, Daisy und Annie melden sich dieses Jahr zum Kinderhüten auf der Forsaken Ranch.“
Hope hob ihre Hände gen Himmel. „Der Herr sei gelobt!“
* * *
„Halleluja!“ Mr Patterson deutete auf den Rand des Feldes.
Mehr Wasser, dachte Jakob, als er sich umdrehte. Er schmeckte das Salz seines Schweißes und den Staub der Erde auf seinen Lippen. Doch diesmal kamen nicht wieder die Horde kleiner Jungen mit den Wassereimern. Stattdessen sah er Hopes Karren auf sich zukommen.
Jakob stieß einen durchdringenden Pfiff aus, und die Arbeit kam zum Erliegen.
Die Männer strömten zum Karren. Hope saß auf dem Kutschbock, sodass sie auf Augenhöhe war. „Sie haben wahrscheinlich schon gemerkt, dass ich so seltsam bin wie ein Einhorn.“ Sie drückte Jakob einen Tontopf in die Hand. „Wie auch immer. Sie schwitzen alle heftig. Wenn sie die sauren Gurken hier in dem Tontopf essen, dann hilft ihnen das Salz darin, das Wasser besser zu speichern, das sie so dringend brauchen.“
„Saure Gurken?“, sagte Leopold ungläubig.
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