Ein Schuss Liebe kann nicht schaden
er sich wünschen?“
Wahrscheinlich würde er sich wünschen, er wäre schon tot, wenn er wüsste, dass Linette hinter ihm her ist. Hope verdrängte den lieblosen Gedanken. „Wenn er kurz vorm Sterben wäre, würde er wahrscheinlich nicht ans Essen denken. Ich muss jetzt leider –“
„Oh, nur noch einen Moment.“ Linette hielt sie am Arm fest. „Was mag er denn nun?“
„Was immer du heute Mittag rausgetragen hast, das mag er bestimmt.“
„Pfirsichkuchen.“ Linettes Griff wurde noch ein bisschen fester. „Es war Pfirsichkuchen. Kann ich heute mit euch nach Hause kommen und ein paar Pfirsiche pflücken? Dann kann ich für Phineas –“
Hope lachte verzweifelt auf. „Nach einem langen Tag in der heißen Sonne fühlen sich die Männer sicher schon gebacken genug.“
„Dann gibt es nichts Erfrischenderes als ...“, fing Mrs Richardson an.
„Frischen Pfirsichkuchen!“, vollendete Linette triumphierend den Satz.
„Ich muss wieder nach draußen. Ich habe versprochen, auf Emmy-Lou aufzupassen.“ Sie hatte die Worte kaum ausgesprochen, da fing draußen ein Kind zu weinen an.
„Das ist meine Süße!“ In ihrer Verzweiflung schob Hope die beiden Frauen einfach zur Seite und bahnte sich einen Weg in die Küche. Marcella kam gerade mit Emmy-Lou im Arm die Verandatreppe herauf. „Was ist passiert?“
„Miss Hope!“ Emmy-Lou befreite sich aus Marcellas Armen und warf sich heulend in Hopes Arme.
„Es ist ihr Knie“, antwortete Marcella unsicher. „Ich habe Lottie und Mandy gesagt, sie sollen sie an den Händen halten. Ich dachte, dann könnte sie beim Seilspringen mitmachen, ohne sich wehzutun.“
„Grundgütiger Himmel!“
„Sie sind nur ganz langsam und nicht sehr hoch gesprungen.“ Marcellas Erklärung hörte sich eher an wie eine Bitte um Absolution.
Doch Hope kümmerte sich nicht darum, denn ihre ganze Aufmerksamkeit galt Emmy-Lou. Hope drehte sich zur Spüle, doch da fiel ihr wieder ein, dass die Richardsons keine Pumpe in der Küche hatten. Sie holten ihr Wasser immer von der Pumpe im Garten. Sie ließ sich auf einen Stuhl fallen, drückte Emmy-Lou tröstend an sich und sagte mit fester Stimme: „Irgendjemand holt mir jetzt bitte einen Eimer mit Wasser und ein sauberes Tuch.“
Emmy-Lou hing an ihrem Hals und jammerte: „Auuuaaaa!“
„Lass mich mal sehen.“ Hope schob den Saum von Emmy-Lous Kleid zurück und zwang sich zu einem Lachen. „Meine Güte, Emmy-Lou, du hast genug Dreck an den Beinen, um eine ganze Reihe Kartoffeln darin zu pflanzen.“
„Auuaaauuaaa!“
„Aaauuuaaaa!“, wiederholte Hope. Mit großen Augen schaute Emmy-Lou sie an und vergaß für einen Moment ihren Schmerz.
„Einen Moment mal.“ Hope tat so, als ob sie empörte wäre. „Erst heulst du hier rum wie ein Coyote, und wenn ich dann einstimme, hörst du einfach auf?“
„Für mich hörte sich das nicht wie ein Coyote, sondern eher wie ein Wolf an.“ Linda brachte den Eimer mit Wasser.
„Ich habe erst einmal in meinem Leben einen Wolf gehört, der so ein lautes Gebrüll losgelassen hat. Und der war von einem Stinktier angesprüht worden.“ Hope nahm das Tuch, das ihr eine der Frauen hinhielt, und tauchte es ins Wasser. Emmy-Lou zitterte in ihren Armen. „Schau mal her, Emmy-Lou. Jetzt, wo der ganze Dreck abgewaschen ist, sieht es gar nicht mehr so schlimm aus. Du hast dich nur erschreckt, das ist alles, nicht wahr?“
Emmy-Lou biss sich auf die Lippen und beugte sich vor, um ihr Knie zu betrachten.
„Mein Knie sieht genauso aus.“ Mandy hob ihren Rock hoch, um ihr aufgeschlagenes Knie zu zeigen. Mitten auf dem Knie prangte eine große, mit Schorf bedeckte Wunde. „Meine Wunde ist größer.“
Während Hope die Wunde mit Hamameliswasser betupfte, hörte sie zu, wie Emmy-Lou und Mandy der kleinen Lottie versicherten, dass sie auch wie ein Wolf heulen würde, wenn sie sich das Knie aufschlüge. Eine Stunde später machten sich alle Frauen auf den Heimweg. Zum Abschied umarmte Emmy-Lou ihre Freundin Lottie und versprach ihr noch einmal, dass sie bestimmt auch einmal heulen würde wie ein Wolf. Hope unterdrückte ein Lächeln und hob Emmy-Lou auf den Karren.
Sie war kaum auf der Farm angekommen und hatte Emmy-Lou zum Mittagsschlaf hingelegt, da kam Annie nach Hause. „Du solltest dich auch ein bisschen hinlegen, Annie.“
„Eigentlich würde ich lieber ein bisschen draußen arbeiten. Ich habe auf der Forsaken Ranch heute fast die ganze Zeit damit zugebracht, Babys herumzutragen. Wenn
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