Ein Schuss Liebe kann nicht schaden
mit ihrem durchnässten Taschentuch die letzten Tränen aus dem Gesicht. „Geh nach oben und lege dich hin.“ Er dachte einen Moment nach. „Emmy-Lou schläft immer noch. Du kannst dich in mein Bett legen.“ Er richtete sich auf und half Annie beim Aufstehen.
Dann blieb er plötzlich wie angewurzelt stehen.
* * *
Hope trug die Wäsche ins Haus. Durch das Fenster sah sie, wie Jakob auf seinem Pferd davongaloppierte, als wäre der Teufel hinter ihm her. Dann hörte sie jemanden weinen. Mit klopfendem Herzen und trockenem Mund ließ Hope den Korb fallen und flog die Treppe hinauf.
Annie lag zusammengerollt auf Jakobs Bett. Ein Stapel von Jakobs Taschentüchern lag auf dem Kopfkissen neben ihr.
Bitte, Herr, lass das Baby noch nicht kommen. Es ist noch nicht alles fertig. Ich bin noch nicht so weit. Hope tauchte das Handtuch von Jakobs Waschtisch in die Wasserschüssel und tupfte vorsichtig den Schweiß von Annies Stirn. „Geht es dir gut?“
Annie schüttelte den Kopf.
Verzweifelt klammerte sich Hope an den anderen möglichen Grund, warum ihre Freundin so weinen musste. „Dein Bruder und ich sind nicht mehr böse aufeinander. Wir haben alles geklärt. Weißt du das schon?“
Annie nickte. Dann entrang sich ein tiefes Stöhnen ihrer Brust und sie rollte sich noch fester zusammen.
Hope brach der Angstschweiß aus. Während sie Annie die Stirn wusch, dachte sie krampfhaft nach, was sie sagen oder tun könnte. Gott, bitte hilf mir.
„Ich möchte gern allein sein.“
„Bist du sicher?“
Annie nickte wieder.
So unsicher wie sie sich fühlte, konnte Hope hier wahrscheinlich sowieso nicht viel tun. „Ich werde ...“ Sie schaute sich um, aber auch dabei kam ihr kein rettender Einfall. Sie setzte noch einmal an und versuchte so ruhig und zuversichtlich wie möglich zu klingen. „Ich lasse die Tür offen.“
Hope sah kurz in Emmy-Lous Zimmer, aber das kleine Mädchen schien von all der Aufregung nichts mitzubekommen. Es schlief immer noch selig. Also ging Hope in die Küche.
Kochendes Wasser. Die Leute brauchten immer kochendes Wasser und viele Handtücher, wenn ein Baby kam. Jeder wusste das. Hastig schaufelte Hope mehr Kohlen in den Ofen. Kurz darauf bedeckte schwarzer Staub den Küchenboden um den Herd, aber Hope bemerkte es gar nicht. Sie war mit anderen, viel wichtigeren Dingen beschäftigt. Der Wasserbehälter auf dem Herd war voll, und trotzdem pumpte Hope auch noch die größten Töpfe voll Wasser und stellte sie auf die Herdplatten. Danach holte sie die Handtücher.
Der Stapel auf dem Esstisch sah nicht sehr hoch aus, deshalb legte Hope noch alle sauberen Geschirrhandtücher dazu. Nach der Geburt brauchte Annie auch ein sauberes Laken auf dem Bett, und die lagen noch alle im Wäschekorb – zerknittert wie das Gesicht einer alten Frau. Mit fliegenden Händen stellte Hope das Bügeleisen zu den Wassertöpfen auf den Herd.
Immer wenn sie einen Moment still war und überlegte, hörte sie oben Annies leises Schluchzen.
Herr, bitte gib Jakob und dem Pferd heute extra viel Kraft und lass Velma schnell bereit sein, damit beide möglichst bald wieder hier sind. Ich weiß nicht, was ich noch tun soll. Ich hätte sie wahrscheinlich schon viel früher fragen sollen. Ich bin so dumm. Wie kann ich Annie helfen, wenn ich nicht weiß, was ich tun soll?
Alle paar Sekunden schaute Hope aus dem Fenster. Jedes Mal sagte sie sich, es sei noch zu früh. Jakob konnte noch gar nicht wieder da sein. Aber sie brauchte seine Hilfe. Seine Frau hatte ihm zwei Kinder geboren. Er musste wissen, was zu tun war!
Plötzlich gab es noch so viel zu erledigen. Annie benötigte etwas Kräftigendes zu essen, wenn alles überstanden war. Ein Laib Brot brauchte eine Weile, bis er gebacken war, und Hope war sich nicht sicher, ob sie noch so viel Zeit hatte. Sie teilte den Teig in kleine Stücke und schob sie in den Ofen.
„Jetzt das Abendessen!“ Hope versuchte, sich auf die Arbeit zu konzentrieren. Zuerst holte sie eine Auflaufform aus dem Schrank und warf schnell ein paar Zutaten hinein. So konnte das Essen mehrere Stunden ihm Ofen weichkochen, ohne zu verbrennen. Vor lauter Angst fiel es Hope schwer, einen klaren Gedanken zu fassen.
Entsetzt blickte Hope auf das unappetitliche Durcheinander in der Auflaufform. Sie leerte eine Tasse mit Weichkäse über die Fleischstücke. „Jetzt gibt es kein Zurück mehr“, murmelte sie und griff nach den Gewürzen. Etwas hilflos versuchte Hope, das Abendessen zu retten und tat immer mehr
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