Ein schwarzer Vogel
eine von jenen Typen, die geradezu nach Kriminalpolizei riechen. Er blickte mich an und sagte: »Aha!«
»Was gibt’s denn?« fragte ich.
»Wir suchen Sie.«
»Ah, auf der Lauer gelegen?«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Ihnen steht doch Polyp auf der Stirn geschrieben.«
Das verdroß ihn mächtig. Wahrscheinlich bildete er sich ein, daß er wie ein Generaldirektor mit fünfzigtausend Dollars Jahresgehalt im Urlaub auf seine Umgebung wirkte.
»Was fürn kluges Kind sind Sie«, sagte er spöttisch.
»Stimmt. 1921 habe ich die Abgangsprüfung im Kindergarten bestanden. Ich durfte sogar die Festrede halten. Ganz gut für einen Vierjährigen, was?«
»Lassen Sie den Quatsch«, sagte er verärgert, »und kommen Sie mit, der Inspektor will Sie sprechen.«
»Was fürn Inspektor?«
»Buda.«
»Der weiß, wo mein Büro ist. Sonst hätte er Sie doch nicht hergeschickt.«
»Wollen Sie nicht mitkommen?«
»Besondere Lust habe ich nicht.«
»Wir können es auch amtlich machen.«
»Etwa durch einen Haftbefehl?«
»Nun, eine Vorladung genügt wohl auch.«
»Weshalb?«
»Das wird Ihnen Inspektor Buda sagen.«
»Hören Sie, ich will Ihnen keine Schwierigkeiten machen, aber ich habe mit dem Inspektor gesprochen. Ich habe ihm alles vorgetragen, was ich weiß.«
»Aber nichts von dem, was jetzt vorliegt.«
Hinter dem stockigen, eigensinnigen Gesicht dieses Mannes schien ein reichlich eingleisiger Verstand zu schlummern.
»Sie meinen also, daß Buda ungemütlich wird, wenn ich nicht mitkomme?«
»Er hat mich geschickt, Sie zu holen. Entweder kommen Sie mit, oder Sie weigern sich. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Also gehen wir.«
»Sie können mit mir fahren«, sagte er.
»Kommt nicht in Frage. Ich nehme meinen Wagen und fahre hinter Ihnen her.«
»Warum wollen Sie nicht mit mir fahren?« fragte er argwöhnisch.
»Sie fahren vielleicht erst später zurück, als mir recht ist.«
Er überlegte einen Moment. »Na schön. Mein Wagen steht gegenüber auf .der anderen Straßenseite.«
Wir gingen durch die Vorhalle. Der Polizist holte seinen Wagen und kam zum Parkplatz unserer Agentur gefahren. Als er mich in meinem Auto sitzen sah, nickte er und fuhr an, behielt mich aber in seinem Rückspiegel stets im Auge.
Wir fuhren die Siebente Straße entlang nach Westen, durch Figueroa nach Wilshire und den Wilshire Boulevard entlang in Richtung Hollywood. Er hatte mir nicht gesagt, wie weit wir fahren würden. In gemäßigtem Tempo fuhr er vor mir her. Es sah aus, als wollte er zum Strand hinunter. Hin und wieder verpaßte er absichtlich ein Verkehrssignal, damit ich aufholen konnte und immer dicht hinter ihm blieb. Ganz offensichtlich wollte er sichergehen, daß die Scheinwerfer hinter seinem Wagen auch die richtigen waren. Er war ein mißtrauischer Bursche, der nicht das geringste riskieren wollte.
Dann winkte er plötzlich nach links ab, und wir fuhren wieder nach Süden durch eine Straße mit großen Landhäusern, die Ende der zwanziger Jahre gebaut worden waren, als man für den Unterhalt eines Hauses noch zwanzigtausend Dollars im Jahr aufwenden konnte, ohne damit schon alles verbraucht zu haben, was nach Bezahlung der Einkommensteuer übriggeblieben war.
Die Umgebung strömte eine Atmosphäre gesicherten Wohlstandes aus. Weiß verputzte Häuser mit roten Ziegeldächern, Palmen, weite Rasenflächen, Balkone und Zufahrtswege, die zu Garagen für drei Autos mit Chauffeurwohnungen hinter den Häusern führten. Mein Lotse fuhr näher an den Bürgersteig. Ich spähte nach vorn und erkannte, wo er hin wollte. Vor einem der Häuser parkte ein Polizeiwagen.
Ich fuhr an den Bürgersteig, stellte den Motor ab und schaltete die Lichter aus. Der Polizist hielt vor dem Haus an, sagte ein paar Worte zu einem Mann, der vor dem Hause stand, und blieb im Wagen sitzen.
Der Mann ging hinein, kam wieder heraus, sagte etwas zu meinem Begleiter und bezog dann wieder seinen Posten vor der Tür. Mein Lotse hievte seinen massiven Körper aus dem Wagen, kam zu mir herüber und sagte: »Okay, gehen wir hinein.«
Wir passierten einen Posten und gingen zum Vorplatz hinauf. Die Tür öffnete sich, Inspektor Buda trat heraus und schritt auf uns zu. »Wissen Sie, wessen Haus das ist, Lam?«
»Ja, das weiß ich.«
»Woher?«
»Das ist doch die Adresse, die uns Sharpies angegeben hat.«
»Sind Sie schon einmal hiergewesen?«
»Nein.«
»Was wissen Sie über Sharpies?«
»Nicht viel.«
»Wissen Sie irgend etwas über seine
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