Ein schwarzer Vogel
Bertha mich. »Hat es mit dem Mord an Cameron zu tun?«
»Natürlich. Der Mord ist ja für alles weitere der Ausgangspunkt.«
»Ich gebe nicht gern zu, daß ich blöd bin, aber welche Bedeutung die Handschuhe und der Pistolenschuß haben, und daß Cameron den Schuß gewissermaßen als letzten Versuch abgab, habe ich nicht verstanden. Was hast du damit nur gemeint?«
»Robert Cameron hat geschossen und sein Ziel verfehlt.«
»Woher willst du das wissen?«
»Es kann gar nicht anders gewesen sein.«
»Du meinst also, er wollte durch das Loch hindurchschießen, die Kugel streifte aber den Rand?«
»Er hat nicht auf das Loch geschossen, Bertha. Hast du das nicht verstanden, als ich mit Maranilla und Jurado darüber sprach?«
Bertha fuhr wütend auf. »Wie hätte ein Mensch euer Drumherumgerede verstehen sollen? Ich nicht! Was hast du also gemeint?«
»Robert Cameron hatte Handschuhe an, als er schoß.«
»Auf den Mörder?«
»Nicht auf den Mörder, Bertha, auf die Krähe.«
»Auf die Krähe? Du bist vollkommen verrückt geworden. Pancho war sein Liebling. Warum hätte er auf den Vogel schießen sollen?«
»Weil Krähen nicht zählen können.«
Bertha starrte mich verständnislos an und suchte wütend nach Worten.
In diesem Augenblick klingelte das Telefon. Bertha ergriff den Hörer, meldete sich mit »Hallo« und schrie dann: »Sprechen Sie englisch. Wer ist denn...«
»Oh«, sagte sie plötzlich mit einer bei ihr fremden Unterwürfigkeit und hörte zu. Dann sagte sie: »Danke, ja, ich werde es Mr. Lam mitteilen«, und legte den Hörer auf.
Ihre Wut war völlig verflogen.
»Wer war das?« fragte ich.
»Maranilla. Er wollte uns mitteilen, daß Hockley und Sharpies heute nachmittag, kurz nach meiner Abfahrt nach Medellin, aus dem Gefängnis entkommen sind. Die Umstände weisen darauf hin, daß sie die Wachen bestochen haben. Die Beamtin, die mich durchsuchte, behauptet, daß d as Papier, das mir abgenommen wurde, in einem Umschlag auf dem Schreibtisch des Polizeikommandanten lag. Sharpies und Hockley befanden sich zu dieser Zeit noch im Gefängnis. Bald danach verschwanden die beiden und das Papier gleichfalls.«
»Das würde einiges erklären.«
»Ferner teilte Maranilla mit, daß er mit unserer Erlaubnis Wachen vor die Türen unserer Zimmer stellen läßt. Er hält diese besondere Vorsichtsmaßnahme im Augenblick für angebracht.«
»Wie rücksichtsvoll von ihm«, meinte ich ungerührt.
Aber Bertha nahm es nicht so gelassen. Ihr war der Schreck in die Glieder gefahren.
»Das ist typisch für dich«, regte sie sich auf. »Du faßt jede Sache gleichzeitig von zwei verschiedenen Enden an mit dem Ergebnis, daß wir dann mittendrin in der Tinte sitzen.«
»Vor ein paar Minuten hast du unsere Lage noch ganz anders angesehen, Bertha.«
»Da ging es auch um Geld. Aber jetzt geht es um Dynamit.«
Zweiundzwanzigstes Kapitel
BITTE, REISEN SIE WOHL
K urz nach dem Frühstück am nächsten Morgen suchte mich Maranilla auf. Er war verbindlich, aber unnachgiebig. Es sei sehr bedauerlich, daß Hockley und Sharpies entfliehen konnten, meinte er. Einzelheiten seien ihm noch nicht bekannt, aber der Bericht des für sie in erster Linie verantwortlichen Beamten sei zweideutig. Offenbar habe er sich der Nachlässigkeit schuldig gemacht.
»Machten Hockley und Sharpies gemeinsame Sache?« fragte ich, um ihn zum Thema zurückzubringen.
»Das wissen wir nicht«, gestand Maranilla. »Jedenfalls sind beide | entkommen. Da der eine einen Fluchtweg fand, wäre es von dem anderen töricht gewesen, zu bleiben.«
»Die beiden sind also verschwunden.«
»So ist es. Sie werden verstehen, daß wir unter diesen Umständen um Ihre Sicherheit besorgt sind. Wir sind schließlich für Sie verantwortlich.«
Ich nickte und wartete, was er weiter sagen würde.
»Diese Verantwortung möchten wir nicht unnötig lange übernehmen.«
Ich verharrte schweigend.
»Ihre Arbeit ist hier beendet«, fuhr Maranilla überredend fort, »und ich nehme an, daß Ihre Partnerin, die bezaubernde Señora Cool, nur zu gern in ihr Büro zurückkehren wird. Schließlich könnte die Art ihres Auftrages sie hier nur in Schwierigkeiten bringen. Im übrigen ist auch dieser Auftrag erledigt. — Um zum Praktischen zu kommen: Zwei Freunde, die mit dem Nachmittagsflugzeug abreisen wollten, waren so liebenswürdig, zu Ihren Gunsten auf ihre Plätze zu verzichten, als ich ihnen die Umstände auseinandersetzte. Diese Plätze stehen zu Ihrer Verfügung.«
»Es
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