Ein schwarzer Vogel
überlassen, Sie zu verhören.«
»Wie können Sie mir denn helfen?«
»Das weiß ich noch nicht. Ich bin nicht sicher, ob nicht schon irgend jemand in dem Mordfall völlig klarsieht. Zuerst müssen die Tatsachen bekanntwerden. Und ich habe gesehen, wie Ihre Mutter ein Messer zog, um es nach Ihnen zu werfen. Ich weiß auch, daß Sie das Messer vertauscht haben, ohne daß ich es bemerkte. Wollen Sie mir jetzt nicht die Wahrheit sagen?«
»Meine Mutter war an jenem Morgen mit Cameron verabredet«, stieß sie hervor.
»Hat Ihnen irgend jemand befohlen, nicht darüber zu sprechen?«
»Meine Mutter.«
»Was hat sie gesagt?«
»Daß sie ihre Verabredung mit Cameron absagen mußte.«
»Haben Sie ihr das geglaubt?«
»Nein. Ich weiß, daß es nicht stimmt.«
»Sie wissen also, daß sie bei Cameron war?«
»Ja. Ich glaube es jedenfalls.«
»Ich will Ihnen erklären, wie ich den Ablauf des Verbrechens sehe. Vielleicht sind Sie mir gegenüber dann vertrauensvoller.«
»Ja, bitte, Mr. Lam.«
»Sharpies und Cameron übernahmen als Treuhänder den Besitz von Cora Hendricks. Das Vermögen bestand in einem Bergwerk, das eine Zeitlang auf gut Glück ausgebeutet wurde. Dann schafften die beiden moderne Maschinen an, und die Mine warf gute Gewinne ab. Damit vergrößerten sie den Besitz. Den beiden Erben gegenüber versuchten sie, gerecht, unparteiisch und ehrlich zu sein. Aber der eine dieser beiden Erben, Shirley Bruce, entwickelte sich zu einem verführerischen jungen Mädchen, das diese beiden Männer völlig beherrschte, als sie in das Alter kamen, in dem Männer sich mehr oder minder den Kopf verdrehen lassen.«
Dona hielt ihre Blicke auf mich gerichtet und hörte zu, ohne mich zu unterbrechen.
»Felipe Murindo wurde Verwalter der Mine und erhielt dafür ein recht ansehnliches Gehalt. Er muß sein Geld gespart haben, denn nach seinem Tode entdeckte man, daß er in Medellin ein recht beachtliches Bankkonto besaß. Das war für einen Mann, der in seinem Leben nicht einen Tag eine Schule besucht hat, sehr beachtlich.«
»Worauf wollen Sie hinaus?« fragte sie.
»Etwa vor drei Jahren entdeckte Cameron hoch über dem Fluß eine Gesteinsschicht, die ihm vielversprechend erschien. In aller Stille unternahm er ein paar Probeschürfungen und sicherte sich dann das Gelände. Es wurde ein Schacht angelegt und ein Stollen vorgetrieben. Dann wurde der Schacht demonstrativ verlassen und die Arbeit an ihm eingestellt.«
»Und weiter?« fragte sie.
»Das geschah aber nur zum Schein. Tatsächlich arbeitete Felipe Murindo in dem Schacht weiter und schürfte dort Smaragde. Robert Cameron flog in regelmäßigen Abständen nach Südamerika, wo er allgemein als seriöser, vertrauenswürdiger Geschäftsmann angesehen war. Selbstverständlich wurde auch er den Zollkontrollen unterworfen, aber das waren nicht mehr als die üblichen Durchsuchungen, die auch Vergnügungsreisende erfahren. Wahrscheinlich ist auch Ihnen bekannt, daß die Zollbeamten von Ferienreisenden schon ziemlich ausführliche Berichte in Händen haben, wenn sie die Grenze überschreiten. Wenn ein Reisender aus irgendeinem Grund verdächtig sein sollte, dann sind die Zollbeamten meistens über ihn unterrichtet.«
»Ja, ich habe immer angenommen, daß es so ist.«
»Cameron schmuggelte in großen Mengen ungeschliffene Smaragde aus Kolumbien heraus. Der Mann, der die Steine schliff und polierte, war wahrscheinlich der gleiche, der aus alten Schmuckstücken die darin befindlichen, nicht sehr wertvollen Steine entfernte und durch Smaragde ersetzte. Sie hatten vielleicht verschiedene Abnehmer für ihren Schmuck, das weiß ich nicht. Aber sie konnten auf diese Weise unauffällig eine ganz hübsche Menge Smaragde absetzen. Das war gar nicht so einfach, denn Juwelenhändler sind Gerüchten gegenüber besonders empfindlich, und der Smaragdmarkt wird von der kolumbianischen Regierung kontrolliert.
Sharpies und Cameron befanden sich aber aus anderen Gründen in einer gewissen Verlegenheit. Sie konnten den Gewinn aus ihrem Smaragdschmuggel weder in ihrer Einkommensteuererklärung aufführen noch unter den Einnahmen des Nachlasses verbuchen, ohne sich zu verraten. Offensichtlich besprachen sie die Angelegenheit mit Shirley Bruce und beschlossen, den Gewinn stillschweigend zu dritt zu teilen.
Aber eines Tages machte Cameron einen Fehler. Er hatte nicht an seine Krähe gedacht. Er hatte sich in seiner Veranda mit den Smaragden zu schaffen gemacht, mußte dann eilig fortgehen und
Weitere Kostenlose Bücher