Ein schwarzer Vogel
angeboten, sondern sagte dem Mistkerl doch nur...«
»Schon gut, schon gut«, unterbrach ich sie. »Ich habe schon verstanden. Ich glaube, ich weiß, was wir tun müssen. Warte auf mich.«
Ich hängte ein und ging zu unserem Tisch zurück. Maranilla war auch wieder da. Er hatte seinen Stuhl näher an Jurado herangezogen, und beide waren mit leiser Stimme in eine Unterhaltung vertieft. Sie blickten auf und lächelten mir entgegen, als ich Platz nahm.
»Meine Herren, ich habe eine Bitte. Sie mag ungewöhnlich erscheinen, aber ich glaube, es ist wichtig.«
»Und das wäre?« fragte Maranilla.
»Ich würde großen Wert darauf legen, wenn Sie die Polizei in der Stadt bei der Mine beauftragen würden, den Verwalter Felipe Murindo gut zu bewachen.«
»Murindo bewachen?« fragte Jurado.
»Ja. Ich möchte die Gewißheit haben, daß er sicher ist.«
Die beiden Männer wechselten einen Blick.
Dann fragte Jurado ruhig: »Wollen Sie damit sagen, daß er sich in Gefahr befindet?«
»Mir ist der Verdacht gekommen, daß ich vielleicht etwas übersehen habe. Es besteht die Möglichkeit, daß Murindo den Schlüssel zu dem Motiv des Mordes in der Hand hält.«
Wieder tauschten die beiden einen Blick, und diesmal war es Jurado, der zuerst sprach. »Ich fürchte, daß Sie mit Ihrer Bitte leider zu spät kommen, Señor Lam.«
»Was soll das heißen?«
»Rodolfo Maranilla hat gerade telefonisch eine Nachricht erhalten, die Felipe Murindo betraf.«
Ich hätte mir für meine Voreiligkeit selbst gegen das Schienbein treten können. Ich hätte meinen Mund halten sollen, bis Maranilla gesprochen hatte. Wenn ich auch nicht annehmen konnte, daß sich der Telefonanruf auf Murindo bezog, so hätte ich doch mit dieser Möglichkeit rechnen müssen. Aber jetzt war es zu spät.
»Was ist geschehen?« fragte ich.
»Gegen fünf Uhr heute nachmittag ereignete sich in der Mine eine Explosion. Der große Dynamitvorrat der Mine im Pulverschuppen dicht neben der Wohnung des Verwalters ist in die Luft geflogen.«
»Und Murindo?«
Maranilla zog die Schultern hoch. »Er ist tot. Er wurde in kleine Stücke zerrissen.«
Zwanzigstes Kapitel
JURADO SCHNIPPT MIT DEM FINGER
E ine Weile saßen wir schweigend da und schlürften unsere Drinks. Als ich schließlich mein Glas leer hatte, schob ich es in die Mitte des Tisches und sagte: »Meine Herren, es war ein sehr angenehmer Abend und ein großes Vergnügen, aber...«
»Bleiben Sie sitzen«, sagte Jurado barsch.
Maranilla lächelte liebenswürdig: »Aber, aber, lieber Señor Lam, Sie müssen zugeben, daß es nicht sehr schmeichelhaft für uns ist, so unterschätzt zu werden.«
»Ich fürchte, ich verstehe Sie nicht«, erwiderte ich.
»Schließlich kommt dieser Unfall in der Mine bestimmten Leuten sehr gelegen«, erklärte Maranilla.
»Gewiß, aber...«
»In Anbetracht Ihrer Erläuterungen können Sie kaum von uns erwarten, daß wir so dumm sind, Sie gehen zu lassen, ehe Sie uns nicht eine ausführliche Erklärung für Ihre Bitte gegeben haben.«
»Lassen Sie mich darüber nachdenken. Ich möchte erst mit meiner Teilhaberin reden.«
»Und ehe wir Sie Wiedersehen, passiert Ihnen auch etwas«, meinte Jurado so beiläufig, als rede er von einem geplanten Flug in die Hauptstadt.
Das war deutlich genug. Sie würden mich nicht fortlassen, ehe ich ihnen alles erzählt hatte, was ich wußte. Ich berichtete also ausführlich über unsere Unterhaltung mit Murindo, deren Inhalt mir immer noch unbekannt war, und Berthas Verhaftung und den Verlust meiner Notizen.
»Das hätten Sie uns früher sagen sollen«, sagte Maranilla, als ich fertig war.
»Er war über die Idee eines Dolmetschers so entsetzt, daß — daß...Nun, meine Herren, Sie waren die einzigen, die als Dolmetscher erreichbar waren, deshalb dachte ich, daß...hm...«
Ich versuchte, mir mit einem Lachen zu helfen. »Meine Lage ist etwas peinlich.«
»Durchaus«, meinte Maranilla trocken. »Schließlich war es nicht sehr freundlich von Ihnen, Beweismaterial zu unterdrücken, nachdem wir Sie aus Kollegialität weitgehend unterstützt haben«, fügte er vorwurfsvoll hinzu.
»Aber nein«, widersprach ich, »es war kein Beweismaterial. Jedenfalls keins, nach dem Sie suchten.«
Maranilla schüttelte den Kopf und schob seinen Stuhl zurück. »Nun gut«, sagte er, »ich Will tun, was ich kann. Aber es wird nicht ganz leicht sein. Ihre Partnerin hätte die Rückgabe der Papiere fordern sollen oder darauf dringen, daß sie ordnungsgemäß
Weitere Kostenlose Bücher