Ein Sehnen Im Herzen
heiraten.«
»Seien Sie nicht albern, Emma«, sagte MacCreigh. »Natürlich werden Sie wieder heiraten. Was wollen Sie sonst machen? In dieser elenden Bude unterrichten, bis Sie verrotten?«
»Genau«, lautete Emmas ruhige Antwort.
Lord MacCreigh, der davon nichts wissen wollte, schmollte wie ein Kind. Emma empfand mehr Mitgefühl mit ihm als mit irgendeinem anderen ihrer Freier, ausgenommen vielleicht Cletus. Das mysteriöse Verschwinden von Lord MacCreighs Verlobter hatte viel Gerede über den jungen Baron hervorgerufen. War sie wirklich, wie Lord MacCreigh behauptete, mit seinem Kammerdiener davongelaufen? Oder hatte er das Liebespaar auf frischer Tat ertappt, die beiden mit seinem Degen erledigt und - wie gemunkelt wurde - die Leichen in die Zisterne von Castle MacCreigh geworfen?
Obwohl Emma den Baron nicht sonderlich mochte, wusste sie besser als alle anderen Bewohner der Insel, dass er kein Mörder war. Ja, wenn er ein bisschen vernünftiger gewesen wäre, hätte sie ihn vielleicht sogar dafür bedauert, in diesem baufälligen Schloss zu hausen, das angeblich von Geistern und Gespenstern heimgesucht wurde, noch dazu mit keiner anderen Gesellschaft als der seiner grässlichen Schwester.
Aber das bedeutete nicht, dass sie bereit war, den Mann zu heiraten. Selbst wenn sie nicht überzeugt wäre, dass der Baron sie nur heiraten wollte, um mit O'Malleys zehntausend Pfund das Heim seiner Vorfahren instand zu setzen, das langsam, aber sicher zerfiel, konnte sie sich nicht vorstellen, mit einem Mann zu leben, der, wie sie leider sagen musste, so kräftig nach Pferd roch.
Der Baron machte eine impulsive Geste, nahm seinen Fuß vom Tisch und fuhr sich ungeduldig mit einer Hand durch seine wild geringelten roten Locken.
»Wozu diese alberne Ziererei?«, wollte er wissen. »Tatsache ist, dass Sie und ich ausgezeichnet zueinander passen, Emma, und ich will nicht bis zu den Wintergerichtssitzungen auf das Geld warten, wenn wir ihn leicht dazu bringen können, es Ihnen schon morgen zu überschreiben.« Er packte sie bei den Oberarmen, mit Fingern, die ihr zwar nicht wirklich wehtaten, aber auch nicht gerade sanftmütig waren. »So! Gehen wir. Jetzt!«
Emma, der in der Stimme des Barons ein neuer Ton von Entschiedenheit auffiel, stellte fest, dass er es dieses Mal wirklich ernst meinte. Trotzdem versuchte sie, das Ganze mit einem Scherz abzutun, auch wenn sie, offen gestanden, die Situation ganz und gar nicht amüsant fand. Reardon mochte überzeugt gewesen sein, ihr mit dieser bizarren Verfügung zu O'Malleys letztem Willen einen Dienst zu erweisen, aber mittlerweile war das Geld eine Art Fluch für Emma geworden.
»Wirklich, Mylord«, sagte sie lachend, während sie versuchte, ein Stück zurückzuweichen. »Ihr Eifer nimmt mir den Atem.«
Trotz ihrer Versuche sich zu befreien, lockerte sich Lord MacCreighs Griff nicht, und als Emma in sein Gesicht sah und sein entschlossen gerecktes Kinn bemerkte, bekam sie es allmählich mit der Angst zu tun. Was natürlich lächerlich war, denn sie brauchte nur »Nein« zu sagen, wenn sie vor dem Richter standen.
Was passieren würde, nachdem sie »Nein« gesagt hatte, war es, was Emma Sorgen machte. Sie wusste genau, dass Geoffrey Bain seine Verlobte nicht ermordet hatte...
Aber das hieß nicht, dass er zu einer solchen Tat nicht imstande wäre.
»Wirklich, Lord MacCreigh«, sagte Emma, wobei ihre Stimme ein wenig schrill klang. Sie versuchte sie zu senken. »Ich kann jetzt wirklich nicht gehen. Ich... ich warte auf Fergus MacPherson.«
»Wieder dieser halbblinde Bengel?« Lord MacCreigh verdrehte die Augen. »Emma, ich glaube, Sie nehmen Ihre Pflichten als Lehrerin zu ernst.«
»Er muss jeden Moment kommen«, sagte Emma mit einem nervösen Blick zur Tür. »Ich möchte Fergus nicht beunruhigen, Lord MacCreigh. Er hat so ein schweres Leben hinter sich...«
Lord MacCreigh knurrte nur und zerrte sie zu dem Wandhaken, an dem sie ihren Umhang und ihre Haube aufgehängt hatte.
»Kommen Sie«, sagte er. »Der Junge kann seine Stunde ein anderes Mal nehmen. Reardon bleibt nur bis morgen oder übermorgen hier. Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
Emma starrte durch die Fenster, die in die dicken Mauern des Leuchtturms eingefügt waren, und strengte ihre Augen an, um festzustellen, ob sie irgendwo Fergus entdecken konnte. Was ein nahezu blinder Elljähriger gegen den einen Meter achtzig großen Baron ausrichten könnte, der Fergus' Lehrerin bedrohte, wusste sie selbst
Weitere Kostenlose Bücher