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Ein Sehnen Im Herzen

Ein Sehnen Im Herzen

Titel: Ein Sehnen Im Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
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während er mit der anderen ihren Umhang und ihre Haube hielt.
    »Hallo«, sagte James milde, obwohl er keineswegs milde gestimmt war. Im Gegenteil, er verspürte Mordgelüste, als er sah, wie grob dieser Kerl mit Emma umging.
    Und das war ihm offenbar anzusehen, denn der Baron schien es für klüger zu halten, Emma abrupt loszulassen. Emma taumelte ein wenig, als sie so unvermittelt freigegeben wurde. Dann kam sie zu James' großem Erstaunen - und zu seiner großen Freude, wie er zugeben musste - zu ihm gelaufen, packte mit beiden Händen seinen Arm und klammerte sich daran wie an einen Rettungsanker.
    »James«, rief sie - und zwar, wenn James sich nicht sehr täuschte, im Ton höchsten Entzückens. »James, was für eine angenehme Überraschung, dich zu sehen!«
    In diesem Moment war ihm klar, wie erschrocken Emma gewesen war. Noch nie in ihrem Leben hatte sie ihn mit seinem Vornamen angesprochen, geschweige denn geduzt. Immer hatte es geheißen »Lord Denham« oder »Mylord«, aber noch nie James. Nicht, wenn sie mit ihm sprach. Nicht einmal in all den Jahren, die er sie kannte.
    Und noch nie hatte sie so erfreut gewirkt, ihn zu sehen.
    »Ich dachte, du nimmst die Mittagsfähre«, sagte Emma.
    Er konnte spüren, wie ihr Herz an seinem Arm klopfte, den sie so fest umklammert hielt. »Was ist passiert? Du hast sie doch nicht verpasst, oder? Naja, macht auch nichts. Ich bin sicher, es ist nicht zu spät, ein Zimmer im Puffin Inn zu nehmen. Und falls Mrs. MacTavish das Haus voll hat, gibt es immer noch das Sofa im Cottage. Nicht besonders komfortabel, aber das macht dir doch nichts aus, nicht wahr, James? Schließlich gehörst du zur Familie!«
    James, der spürte, dass sie zitterte, zog sie an seine Seite und schlang einen Arm um ihre Taille. Als sie nicht den geringsten Protest erhob, sondern sich an ihn schmiegte, bis ihre Wange an seiner Weste lag, wusste er es.
    MacCreigh musste sterben. Mehr war dazu nicht zu sagen.
    Der Baron schien zu wittern, dass sein Leben auf dem Spiel stand. Leichte Wachsamkeit lag in seinem Blick, als er sich langsam bückte, um Emmas Umhang auf eine Bank zu legen, die Art Wachsamkeit, die ein Hirsch zeigt, kurz bevor der Jäger einen Schuss in seine Richtung abgibt.
    Im Licht der Laterne, die auf dem Fensterbrett stand, konnte man sehen, dass ein Muskel in MacCreighs Wange zuckte. James sah es jedenfalls. MacCreigh wusste, dass er es gesehen hatte. Und doch sagte keiner der beiden ein Wort. Es gab nichts zu sagen.
    Emma hingegen hatte sehr viel zu sagen. Aber wann hatte sie das nicht?
    »Lord MacCreigh, ich glaube, Sie kennen Stuarts Cousin nicht, den Earl von Denham. James Marbury. Lord Denham, das ist Geoffrey Bain, Baron von MacCreigh. Du hast bei der Überfahrt sicher Castle MacCreigh gesehen, James. Man kann es nicht übersehen. Es liegt genau über Kings Crag und beherrscht den ganzen Horizont...«
    Emma sprach in atemberaubendem Tempo, ein sicheres Zeichen dafür, dass sie aus der Fassung gebracht war. Wie James nur zu gut wusste, plapperte Emma nur so drauflos, wenn sie sehr glücklich oder sehr nervös war. Ansonsten war sie zwar alles andere als still, aber sie redete nicht wie im Moment unzusammenhängendes Zeug.
    »Castle MacCreigh ist 1684 erbaut worden, weißt du, James, und es ist ein wirklich faszinierendes altes Gemäuer. Ich meine, es hat ein Verlies und Zinnen und einfach alles, nicht wahr, Lord MacCreigh?«
    MacCreigh lächelte. Es war ein selbstsicheres Lächeln, weit selbstsicherer, nahm James an, als MacCreigh sich tatsächlich fühlte. Oder sich hätte fühlen müssen, wenn er James besser gekannt hätte.
    »Sozusagen«, erwiderte er umgänglich. »Sie sollten wirklich mit Ihrem Cousin kommen und es ihm zeigen, Mrs. Chesterton. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er noch viel länger in Faires bleibt.« Ein Paar dichter roter Augenbrauen wurde fragend hochgezogen, aber in den hellblauen Augen des Barons lag Feindseligkeit, nicht Interesse. »Oder, Sir?«
    James gab kühl zurück: »Tatsächlich habe ich gerade erst beschlossen, meinen Aufenthalt auf unbestimmte Zeit zu verlängern. Ich würde Castle MacCreigh sehr gern sehen, Sir. Besonders gern in der Morgendämmerung.« James lächelte viel sagend. »Vielleicht morgen Früh?«
    MacCreigh hatte die Botschaft verstanden, davon war James felsenfest überzeugt.
    Aber statt die Herausforderung stillschweigend anzunehmen, wie es einem Gentleman gebührte, rief MacCreigh: »Das soll wohl ein Scherz sein!

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