Ein Sehnen Im Herzen
dass Grafen bessere Liebhaber waren als Geistliche. Obwohl ihm leider nicht bekannt war, wie Emma darüber dachte, konnte er sich nicht vorstellen, dass sie in dieser Beziehung Grund zur Klage haben könnte, auch wenn sie nach wie vor auf dieser Annullierung beharrte, von der er bedauerte, sie überhaupt je erwähnt zu haben.
Aber wie sonst hätte er sie dazu überreden können, ihn zu heiraten? Er befürchtete, dass Emma ihm sein Benehmen an jenem Nachmittag vor einem Jahr immer noch nicht verziehen hatte. Und sie konnte unmöglich etwas von seiner heimlichen Liebe für sie ahnen. Woher sollte sie wissen, dass er sich zur selben Zeit, als sie seinen Cousin angeschmachtet hatte, insgeheim nach ihr sehnte...
Aber jetzt war Stuart tot. Emma stand es frei, wieder zu heiraten - und zu lieben. Und Emma brauchte es, geliebt zu werden... sehr sogar. Emma war, wie er in dem Moment festgestellt hatte, als er sie auf Castle MacCreigh küsste, eine ausgesprochen sinnliche Frau, der Typ Frau, der Küsse und ähnliche Zärtlichkeit en sehr zu genießen schien. So sehr, dass es keiner großen Anstrengungen bedurfte, sie in ihrem Verlangen unterhalten zu werden, alles andere vergessen zu lassen. Es war eine Eigenschaft, die man nach James' Erfahrung nicht oft bei Damen aus gutem Hause fand, die aber in den seltenen Fällen, in denen sie vorhanden war, sehr geschätzt wurde. Dass Emma in diese Kategorie gehörte, überraschte James nicht, bewirkte aber, dass er sich noch mehr über sein früheres Verhalten ihr gegenüber ärgerte. Dass er eine solche Frau hatte gehen lassen, war in seinen Augen eine unverzeihliche Sünde. Ein zweites Mal würde ihm das nicht passieren.
Aber der Weg zum Eheglück mit Emma Van Court Chesterton würde nicht leicht sein, das wusste James. Das wurde noch offensichtlicher, als der lange Abend des Feierns mit den Van Courts zu Ende ging - obwohl Feiern vielleicht ein zu starker Ausdruck war, um die Stimmung von Emmas Onkel und Tante zu beschreiben. Diese waren zwar der Einladung der Gräfinwitwe bereitwillig gefolgt, schienen aber etwas fassungslos, weil Emma die nächste Lady Denham sein sollte und nicht Penelope, die sie James in den Weg geschoben hatten, seit das Mädchen kaum aus dem Schulzimmer entlassen war. Als also Emma und er endlich allein in dem hübschen Zimmer waren, das seine Mutter für sie vorbereitet hatte, und Emma in dem vertrauten fadenscheinigen Morgenmantel aus dem Ankleidezimmer gekommen war, zeigte sie gebieterisch auf die beiden brokatbezogenen Sessel vor dem Kamin und fragte: »Nimmst du sie? Oder soll ich es tun?«
James warf unwillkürlich einen sehnsüchtigen Blick auf das Bett mit der schneeweißen Wäsche.
Leider fiel es Emma auf.
»James, was denkst du dir bloß?«, rief sie. »Wir können nicht zusammen in diesem Bett schlafen. Du weißt, was beim letzten Mal passiert ist. Wenn wir eine Annullierung wollen, können wir nicht... nicht so weitermachen.«
James, der ebenfalls mit einem Morgenmantel bekleidet war - er musste sich selbst um seine Garderobe kümmern, da Roberts in Faires geblieben war, um Emmas Schule und den Nachwuchs ihrer Hündin zu betreuen -, setzte sich auf die Bettkante und zog seine Hausschuhe aus.
»Ich sehe nicht ein, warum ich die ganze Nacht in einem Sessel verbringen und mir ein steifes Genick holen soll«, bemerkte er, »wenn es ein bequemes Bett in grei f barer Nähe gibt.« Es war ein Glücksspiel, diese Strategie zu verfolgen, das wusste er. Aber ein Mann musste für das, was er wollte, kämpfen. »Und außerdem, was macht es jetzt schon noch aus? Wir haben bereits gesündigt. Ein paar Mal mehr wird uns schon nicht in die Zwickmühle bringen. Oder ins Fegefeuer, sollte ich wohl sagen.«
Emma lachte nicht. Es war, als hätte sie ihre Energien mit der Anstrengung erschöpft, für ihre Familie die Fassade der glücklichen Braut aufrechtzuerhalten, munter über gemeinsame Bekannte zu plaudern und bei der Suppe, nach der Melone und sogar während der Käseplatte gute Laune zu versprühen.
Er nahm an, dass eine solche Maskerade erforderlich war, wenn man bedachte, wie Emmas letzte Begegnung mit Arthur und Regina Van Court ausgesehen hatte. In der Bibliothek seines Hauses hatte ihr Onkel sie vor den Gefahren einer derart unklugen Heirat gewarnt, während ihre Tante gejammert hatte, was der Earl von Denham von Emma denken musste, weil sie ihm ein so absurdes Vorhaben anvertraut hatte. Falls sich Emmas Onkel oder Tante bewusst waren, welche
Weitere Kostenlose Bücher