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Ein seltsamer Ort zum Sterben

Ein seltsamer Ort zum Sterben

Titel: Ein seltsamer Ort zum Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Derek B. Miller
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gefunden hat – mit würdiger Pose an ihren Schreibtisch gesetzt.
    Sie hat im Büro geschlafen, ein Kompromiss, den sie mit den Ärzten ausgehandelt hat, für den Fall, dass sie umgehend Hilfe braucht. Auf dem Revier war die ganze Nacht über Betrieb, und es war in jeder Schicht jemand damit beauftragt, ab und zu nach ihr zu sehen.
    Heute sind Sheldon und Paul bereits mehrere Stunden unterwegs, als Sigrid sich endlich von ihrem Sofa erhebt, vor dem irgendetwas Großes, Formloses aufgetaucht ist, das widerliche, gutturale Töne von sich gibt, welche einfach nicht aufhören wollen.
    Sigrid watet wie durch einen See aus Sirup zu ihrem Schreibtisch, nimmt ein Stück salzige Lakritze aus der Schublade und steckt es in den Mund.
    Mit jedem Herzschlag wummert ein Sattelschlepper gegen ihren Hinterkopf, den eine alte Frau fährt. Die sich beharrlich weigert, weitere Fahrstunden zu nehmen.
    «Ist er immer noch hinter Gittern?», fragt sie in den Raum.
    «Dein Angreifer? Ja. Noch immer hier.»
    «Ist er der Mörder?»
    «Glauben wir nicht.»
    «Darf ich ihm in dem Fall eins mit dem Feuerlöscher über die Rübe ziehen?»
    «Leider nicht», antwortet die unförmige Masse mit einer Stimme, die sehr an die von Petter erinnert.
    «Wir haben ihn auch nicht versehentlich erschossen, oder?»
    «Leider auch das nicht.»
    «Wir sollten ihn verhören.»
    «Wir sollten das Kästchen öffnen.»
    «Was für ein Kästchen?»
    «Das rosafarbene. Das auf deinem Schreibtisch. Das, von dem du glaubst, es gehöre der Toten.»
    «Ja. Gute Idee. Ich kann es mit meiner Pistole aufschießen. Wo ist meine Pistole?»
    «Nein», sagt jemand, der eindeutig Petter ist. «Wir nehmen lieber den Schlüssel. Wir wollen ja die Schatulle nicht nur öffnen. Wir wollen auch wissen, ob sie der Frau gehört hat. Da nehmen wir doch lieber den Schlüssel.»
    «Richtig. Und wenn der Schlüssel ins Schloss des Kästchens passt, stellt er die Verbindung zwischen dem Kästchen und der Frau her.»
    «Das ist der Gedanke dahinter.»
    «Und er wird möglicherweise Rückschlüsse auf den Mörder zulassen.»
    «Ja, vielleicht. Wir hoffen, dass er uns ein rechtswirksames Motiv liefert, um den Vater verhaften zu können.»
    «Rechtswirksam.»
    «Wir halten uns an die Gesetze.»
    «Und so bekämpfen wir das Verbrechen.»
    Petter lächelt. «Dir geht’s wieder besser.»
    «
Burn after Reading.»
    «Eigentlich hat keiner hier vor, irgendwas zu verbrennen.»
    «George Clooney erschießt Brad Pitt in
Burn after Reading.
In einem Schrank. Ich wusste, dass der Knabe unrecht hatte.»
    «Den hat er vermutlich nicht gesehen.»
    «Das norwegische Gesetz ist nicht gut genug. Nicht für diesen Fall», sagt sie, abrupt das Thema wechselnd.
    «Was meinst du?»
    «Zwischen zwei Kopfschmerzanfällen gestern Nacht habe ich mir die Akten angesehen. Keiner von denen, nicht ein Einziger, ist in der Schengener Datenbank.»
    «Nicht sehr überraschend. Wenn es kein Vorstrafenregister gibt …»
    «Na ja, siehst du, das ist eben die Sache mit Kriegsverbrechen. Keine funktionierenden Gerichte in einem vom Krieg gebeutelten Land, das bedeutet eben keine Prozesse und daher auch keinen Eintrag ins Schengener Informationssystem, was die Aberkennung des Immigrantenstatus so gut wie unmöglich macht. Der Internationale Gerichtshof für Ex-Jugoslawien sollte diese Lücke zum Teil füllen, aber es ist eben eine ziemlich große Lücke!»
    «Es gibt viele Dinge, die man auf dieser Welt in Ordnung bringen müsste. Können wir das Kästchen jetzt bitte öffnen?»
    «Welches Kästchen?»
    «Hier ist der Schlüssel.»
    Petter reicht ihr einen winzigen silbernen Schlüssel. Er ist weniger als zwei Zentimeter lang und hat einen schmalen, einfach eingekerbten Bart. Ein simples Schlüsselchen, nur dazu bestimmt, Geschwister und Eltern von persönlichen Geheimnissen fernzuhalten. So ein Schloss leistet einem Eindringling gerade so lange Widerstand, bis sein schlechtes Gewissen ihn von seinem Vorhaben abbringt.
    Sigrid nimmt den Schlüssel.
    «Das Problem ist, dass alles, was in Europa nicht irgendwo ordentlich vertäut ist, von unserem kleinen norwegischen Boot an Bord gehievt wird. Unsere Politiker waren so begeistert von dem Gedanken eines geeinten Europa, dass sie das kleine Boot vom Stapel gelassen haben, noch bevor sein Rumpf ordentlich geteert und seetüchtig war. Natürlich dringt da gleich Wasser ein, und wir sinken, bevor wir noch richtig abgelegt haben. Und wir sinken wegen des unbegründeten Optimismus

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