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Ein seltsamer Ort zum Sterben

Ein seltsamer Ort zum Sterben

Titel: Ein seltsamer Ort zum Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Derek B. Miller
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«Polizei.»
    Sheldon entscheidet, dass sie Vera heißt. Sheldon sieht zu, wie Vera auf den Jungen eingestikuliert und nickt. Gestikuliert und nickt. Gestikuliert und nickt. Sie legt die Hände wie zum Gebet zusammen. Sie bekreuzigt sich, was Sheldon zum ersten Mal die Augenbrauen hochziehen lässt.
    «Gut. Warum bleiben Sie nicht einfach, trinken eine Tasse Tee und warten ein Stündchen ab, bis das alles vorüber ist? Warten ist klug. Er könnte zurückkommen. Sie wollen nicht zurück in die Wohnung. Glauben Sie mir das.»
    Er überlegt einen Augenblick. Es gab da dieses Wort, das sie im ukrainischen Teil Brooklyns immer sagten. Genau.
«Chai
. Russisch für ‹Tee›. Er gibt schlürfende Geräusche von sich und sagt es erneut. Um absolut sicherzugehen, dass er auch verstanden wird, spreizt er den kleinen Finger und macht verführerische Schlürfgeräusche.
    «Tee. Nazi. Milchshake. Polizei. Kapiert?»
    Vera reagiert nicht auf Sheldons Pantomime. Voller Verzweiflung wirft Sheldon die Hände empor. Genauso gut könnte man versuchen, eine Pflanze zu überreden, sich zu bewegen.
    Während Vera redet und der Junge dasitzt, hört Sheldon ein Brummen. Das vertraute, wenn auch entfernte Tuckern eines deutschen Dieselmotors, der langsam um eine Ecke ganz in der Nähe biegt.
    «Sie kommen zurück. Wir müssen raus. Jetzt. Sie sind vielleicht doch nicht ganz so hirnlos, wie sie wirken. Los jetzt. Los, los, los, los, los.» Er wedelt mit den Händen, und als das Auto stehen bleibt und die Wagentür aufgeht, beschließt er, dass jetzt Schluss mit lustig ist.
    Ächzend beugt er sich zu dem Jungen hinab und hebt ihn hoch, schiebt ihm die Hand unter den Hintern wie einem Säugling. Er ist nicht kräftig genug, um mit einem freien Arm Vera am Ärmel zu zupfen und sie zu sich zu ziehen. Er braucht seine ganze Kraft für den Jungen. Ihm bleibt nichts als seine Überredungskunst. Und mit der ist es nicht allzu weit her.
    «Paschalusta», sagt er.
Bitte.
    Es ist das einzige genuin russische Wort, das er kennt.
    Er geht mit dem Jungen zu den drei Stufen, die zu seiner Einliegerwohnung hinabführen.
    Ein heftiges Klopfen an der Tür.
    «Paschalusta», sagt er.
    Sie redet weiter. Sie erklärt ihm irgendetwas ganz Wichtiges. Er wird daraus nicht schlau und trifft dann die Art von Entscheidung, die ein Soldat trifft, voll schlichter, unwiderlegbarer Logik.
    «Ich verstehe dich nicht und werde es auch nie. An der Wohnungstür ist ein gewalttätiger Mann. Daher verlasse ich die Wohnung durch die Hintertür. Ich nehme den Jungen mit. Wenn du mitkommst, umso besser für dich. Wenn nicht, läuft die Sache ohne dich. Auf geht’s!»
    Sheldon stapft hinunter in sein Schlafzimmer, vorbei am Badezimmer und dem Wandschrank zu seiner Rechten. Unter dem Bücherregal hängt ein Perserteppich, und darunter ist der «geheime» Fahrradeingang, der Sheldon schon seit drei Wochen bekannt ist – nicht erst seit heute Morgen. Allerdings wollte er nicht zugeben, dass er ihn gleich am Tag seines Einzugs entdeckt hatte.
    Du kannst sagen, was du willst, es ist immer gut zu wissen, wie man wieder rauskommt – aus Gebäuden wie aus Situationen.
    Mit dem Ellbogen schiebt er den Teppich beiseite und betrachtet die Tür dahinter.
    «Gut, da wären wir. Wir gehen jetzt. Und zwar sofort.»
    Das Klopfen oben hat sich von einem energischen Pochen zu einem Frontalangriff auf die Vordertür gewandelt. Das Monster versucht einzudringen. Es tritt mit seinen Stiefeln. Hämmert auf die Stelle, an der ein dünner Riegel die fünfzig Jahre alte Holztür mit der Wand verbindet.
    Es wird nicht mehr lange dauern.
    Dummerweise ist die Tür, die Sheldon da vor sich hat, ebenfalls abgeschlossen, und er wird sie nicht öffnen können, solange er den Jungen im Arm hält.
    «Komm her, du verrücktes Huhn. Mach die mal auf. Mach sie auf, Gottverdammt!»
    Aber sie schließt sie nicht auf. Sie hat sich unter seinem Bett verkrochen.
    Versteckt sie sich dort? Sheldon muss den Jungen absetzen, um das Schloss zu öffnen. Wenn er das tut, wird der Junge zu seiner Mutter rennen.
    Genau in dem Augenblick wird die Tür eingetreten.
    Sie knallt gegen die Wand. Obwohl er die Vordertür aus seiner Position nicht sehen kann, hört er, wie das Holz splittert und etwas Metallisches scheppernd zu Boden fällt.
    Sheldons nächster Gedanke: Konzentration.

    «Panik ist der eigentliche Feind», sagte Sergeant O’Callihan 1951 . «Panik ist nicht dasselbe wie Angst. Jeder hat Angst. Es ist ein

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