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Ein seltsamer Ort zum Sterben

Ein seltsamer Ort zum Sterben

Titel: Ein seltsamer Ort zum Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Derek B. Miller
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Und klar liebe ich Enver, aber ich wäre nicht traurig, wenn er gehen würde. Kennt ihr die norwegische Polizei? Ein Haufen Schlappschwänze. Sie tragen keine Waffen, wie die Engländer. Aber sie bleiben einem jahrelang auf den Fersen, geben einfach keine Ruhe. Die sind wie Herpes. Du glaubst, du bist es los, und kaum hast du ein bisschen Stress, peng! Am Ende schnappen sie doch alle. Sie jagen ihre Beute so lange, bis sie sich ergibt.
    Wir müssen also zusammenhalten. Wir sind doch Brüder, hm? Hab ich recht? In vierundzwanzig Stunden ist das alles hier vorbei.»
    Kadri steckt den Finger noch tiefer in den Mund. Fast seine ganze Hand verschwindet darin. Endlich zieht er ein Stück Zahnseide heraus. Er hält es in die Höhe.
    «Denn Sieg, Sieg ist etwas Wunderbares!»
    Gjon nickt, aber Burim sagt nichts.

13. Kapitel
    Burim verlässt die U-Bahn an der Haltestelle Tøyen und geht die paar Blocks bis zu seiner Wohnung zu Fuß durch das blendende Sonnenlicht. Er steigt die fünf Etagen nach oben, keucht ein wenig und stellt fest, dass die Musik, die er im Treppenhaus gehört hat, aus seiner eigenen Wohnung kommt.
    Die Musik ist altmodisch und luftig-leicht, eine Frau singt mit opernhafter Stimme auf Englisch. Als er den Schlüssel umdreht und die Tür öffnet, weiß er: Das kann nur eins bedeuten.
    Adrijana kommt auf den Flur gerauscht, barfuß und in etwas, das eine neue Bluse von Zara sein muss, und ruft auf Englisch: «Pink Martini kommen nach Oslo!»
    Bevor Burim antworten kann, sagt sie: «Zieh die Schuhe aus!»
    Sie küsst ihn auf die Wange und geht zurück in die Küche, wo sie Teewasser aufgesetzt hat.
    Burim zieht die Schuhe aus und stellt sie unter das Schuhregal im Flur, er hängt seinen Rucksack an den Haken bei der Wohnungstür neben den Schirmen – auf dem einen sind lauter Smileys vor schwarzem Hintergrund, der andere ist vom WWF , in Grün, mit einem Pandabären drauf.
    «Ist es nicht ein bisschen zu warm für Tee?», fragt Burim, sein Englisch hat einen leichten Akzent.
    «Eistee. Du nimmst English Breakfast, rührst ein wenig Honig rein und stellst das Ganze in den Kühlschrank.»
    Er setzt sich auf einen Fichtenholzstuhl von IKEA und sieht ihr dabei zu.
    «Wir haben ein Problem», sagt er.
    Nach vorne gebeugt und die Ellenbogen auf den Knien, betrachtet Burim sie von hinten, wie sie den Honig in den Tee rührt. Er kratzt sich an der Schulter und reibt sich das Gesicht.
    Er holt tief Luft, hält den Atem kurz an, gibt sich einen Ruck und sagt: «Ich habe gerade Kadri getroffen.»
    Als hätte er auf einen Knopf gedrückt, tut Adrijana genau das, was er erwartet hat.
    Erst dreht sie sich um. Dann sagt sie: «Du hast doch versprochen, du gehst nicht mehr in seine Nähe.»
    Worauf Burim nichts anderes erwidern kann als: «Sie haben mich angerufen. Da konnte ich nicht nein sagen.»
    Dann erteilt sie ihm
Lektion Nr. 9
.
    «Kadri ist gefährlich. Er gehört immer noch zu diesem Gesindel. Er ist ein Gangster, und er ist verrückt. Du hast mir versprochen, du hältst dich von all diesen Leuten fern. Das sind nicht deine Freunde. Und wenn du dich da jetzt wieder reinziehen lässt, ausgerechnet jetzt, fällst du in einen tiefen Brunnen, aus dem du nie wieder rauskommst. Und dann verlasse ich dich – das werde ich, ich schwör’s dir.»
    Ausgerechnet jetzt
war neu.
    «Was meinst du mit
ausgerechnet jetzt

    «Gute Frage. Mal sehen, ob ich die Antwort weiß.» Seit sie angefangen hat, Jura an der Universität Oslo zu studieren, ist aus Adrijana eine phantastische Staatsanwältin geworden. Schon immer hat sie Talent zum Argumentieren gehabt, doch das Studium hat ihr Potenzial zur vollen Entfaltung gebracht.
    Sie hat gelernt, dass logische Argumentation eine machtvolle Waffe ist.
    Mit offenem Mund steht sie da, als gehe ihr gerade ein Licht auf, und sie schwenkt zur Unterstreichung ihrer Worte den Teebeutel, der Burim bespritzt und sein T-Shirt besudelt.
    «Oh, ich weiß es. Vielleicht deshalb, weil wir jetzt ja permanent zusammenleben, und da du der Mann in unserer Beziehung bist, musst du kleine Kompromisse eingehen, wie zum Beispiel … hm, ich weiß nicht, ich mach die Wäsche, und du hältst dich zum Ausgleich von diesen heroinvertickenden Psychopathen und der toten Serbin fern, die drei Blocks von hier umgebracht wurde?»
    «Damit habe ich nichts zu tun. Das weißt du.»
    «Nein. Was ich weiß, ist, dass du gesagt hat, du hättest nichts damit zu tun, und ich beschlossen habe, dir zu glauben. So genau

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