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Ein seltsamer Ort zum Sterben

Ein seltsamer Ort zum Sterben

Titel: Ein seltsamer Ort zum Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Derek B. Miller
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Silberzeugs dran …»
    «Du darfst sie nicht öffnen. Ich möchte nicht, dass du irgendetwas verlierst. Wahrscheinlich ist sie abgeschlossen. Wehe, sie ist nicht mehr verschlossen, wenn du sie mir bringst!»
    «Wo bist du?»
    «Glåmlia.»
    Kadri kratzt sich auf der Brust, wo sich sein Goldkettchen manchmal in den Haaren verhakt.
    «Ist das zufällig in der Nähe von Paris? Ich würde gern nach Paris fahren.»
    «Es ist in der Nähe der schwedischen Grenze. Schau doch auf deinem idiotischen Spielzeug nach, wo das ist.»
    «Es gibt da etwas, das du wissen solltest.»
    Enver sagt nichts.
    «Das Schmuckkästchen war nicht in ihrer Wohnung. Das war in der Wohnung, wo sich die Sache abgespielt hat. Und ich hatte recht. Es lebt ein alter Mann dort. Und ich musste mich im Schrank verstecken. Wo es nicht gut roch. So als hätte jemand reingepinkelt. Vielleicht ein alter Mann. Vielleicht ein kleiner Junge. Ich glaube, er hat sich in die Hose gemacht, wegen dem, was da außerhalb des Schranks Schreckliches passiert ist. Wenn es ein kleiner Junge war, dann hat ihn der alte Mann vielleicht später da rausgeholt. Von daher glaube ich, dass ich recht hatte mit dem alten Mann. Ich glaube, er weiß was. Und vielleicht ist sogar der Junge bei ihm. Wir wissen noch nicht, wo wir suchen sollen. Aber wir wissen jetzt, wo wir nicht nachzusehen brauchen, verstehst du?»
    Enver legt auf, ohne sich zu verabschieden.
    Diese Anrufe sind so nervtötend. Niemals ein Dankeschön.
    Geh doch zurück in den Kosovo. Du und dein miesepetriges Gesicht. Der Krieg ist vorbei.
    Gerade als er den ersten Schluck Kaffee trinken will, spürt Kadri, wie ihm jemand auf die Schulter tippt.
    Er sieht auf, und da steht ein Polizist in Uniform, er ist Mitte dreißig und trägt ein blaues Hemd und Krawatte.
    «Was?», sagt Kadri auf Englisch.
    «Sie sind verhaftet.»
    «Wovon reden Sie? Ich trinke Kaffee hier im Coffee-Shop. Zum Rauchen gehe ich raus, wie alle.»
    «Mögen Sie Filme?»
    «Was meinen Sie damit, ob ich Filme mag?»
    Petter hat sein Funkgerät in die Luft gehalten, und jetzt spricht er wieder direkt hinein und sagt auf Norwegisch:
    «Ist das der Typ? Ist das seine Stimme?»
    «Das ist er», knistert Sigrids Stimme aus dem Funkgerät.
    Daraufhin teilt Petter Kadri mit, er sei verhaftet, doch Kadri fängt an zu lachen.
    «Sie haben ja gar keine Knarre. Warum sollte ich mit Ihnen kommen? Weil Sie so nett fragen?»
    «Die da haben welche.»
    Petter deutet hinter Kadris Rücken, Kadri dreht sich um und sieht zwei sehr ernst dreinblickende Männer in schwarzen Westen, die Maschinenpistolen im Anschlag halten.
    «Das sind die Beredskapstroppen.»
    «Was?»
    «So was wie die Delta Force.»
    Petter sieht, wie Kadris selbstgefälliger Gesichtsausdruck dahinschmilzt.
    Er beugt sich vor und flüstert: «Das sind die kleinen Helfer vom Nikolaus. Die wissen, ob Sie was angestellt haben oder brav waren. Und Sie haben ganz schön was angestellt.»
    «Sie sind doch nicht ganz dicht!», erwidert Kadri.

    Petter geht zurück zum Streifenwagen, zwängt sich hinters Steuer und schnallt sich an. Er stellt den Rückspiegel so ein, dass er Sigrid sehen kann, die mit leicht schmerzverzerrtem Gesicht auf der Rückbank liegt, einen Eisbeutel auf der Stirn.
    «Ich sollte dich ins Krankenhaus fahren. Am Ende hast du eine Gehirnerschütterung.»
    «Geht nicht. Ich muss weiterarbeiten!»
    «Sei nicht so dickköpfig.»
    «Ich bin nicht dickköpfig! Ich muss telefonieren und die Sache in trockene Tücher bringen. Wenn ich es dir erkläre, dauert’s länger, als wenn ich es selbst erledigen würde.»
    «Du solltest wohl deinen Vater anrufen, bevor er es aus der Zeitung erfährt.»
    «O Gott. Muss das denn unbedingt an die Presse?»
    Sigrid sieht Petter mit den Achseln zucken. «Angriff auf Hauptkommissarin in Verbindung mit einem Mordfall», sagt er. «Aber wahrscheinlich hast du recht. Lass uns einfach so tun, als wäre es nie passiert. Und selbst wenn es in den Berichten auftaucht, wird sich das
Dagbladet
vermutlich nicht besonders dafür interessieren.»
    Sigrid stöhnt.
    Und dann ruft auch noch ihr Vater an.
    Sigrid schaut aufs Display. «Papa» blitzt auf. Es sind nicht nur Kopfschmerzen. Sie hat entsetzliche Schmerzen – ein pochendes, pulsierendes, klopfendes, erbarmungsloses Hämmern auf dem Cortex.
    Sie kauert sich in Embryostellung auf den Rücksitz.
    «Es ist mein Papa.»
    Sie sieht, wie Petter den Kopf schüttelt. «Geh lieber ran. Er verlässt nie seinen Bauernhof,

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