Ein sicheres Haus
Post einiger Tage in die Mülltonne erforderlich, und fast die Hälfte der Tischplatte stand wieder zum Gebrauch zur Verfügung. Ich schob das Fenster über der Spüle ein Stückchen nach oben und öffnete die Tür zum Garten. Das Haus würde wenigstens ein bißchen sauberer riechen. Ich wanderte herum und suchte nach sonstigen Dingen, die ich aufräumen konnte. Einer der Heizkörper leckte und ließ eine rostige Flüssigkeit auf den Boden tropfen, also stellte ich eine Tasse darunter. Ich schaute in die Toilette und dachte daran, sie sauberzumachen. Ich brauchte Bleichmittel oder eine dieser Flüssigkeiten mit Sprühdüse, die dazu bestimmt sind, unter den Beckenrand zu reichen. Ich begnügte mich damit abzuwaschen.
Das war genug für einen Tag.
Als ich aus einem Fenster im ersten Stock schaute, sah ich Sonnenlicht auf dem Rasen, und ein Vogel trillerte. Solche Dinge gehörten vermutlich zu den schöneren Seiten, wenn man in dieser gottverlassenen Gegend wohnte. War das eine Feldlerche? Eine Nachtigall? Oder sangen die bloß nachts? Ein Rotkehlchen? Eine Taube? Aber ich wußte, Tauben singen nicht, sie gurren. Dann gingen mir die Vögel aus. Ich sollte mir ein Buch über Vogelstimmen besorgen. Oder eine CD oder so.
Das war alles falsch. Ich war neugierig, aber vor allem war ich gereizt, weil ich mich auf eine Vereinbarung eingelassen hatte, die außerhalb meiner Kontrolle lag. Ich hatte ein schlechtes Gefühl Danny gegenüber; mehr als schlecht, unbehaglich. Ich wußte, ich sollte anrufen und zugeben, daß ich unrecht hatte, aber ich schob es immer wieder auf. Mir fällt es schwer, unrecht zu haben. Ich machte mir einen Pulverkaffee und stellte im Kopf eine Strichliste zusammen. Es war eine Ablenkung, vergeudete meine Zeit, war eine unprofessionelle Art, mit einem Menschen umzugehen, der Hilfe brauchte; es könnte sogar gefährlich sein; es würde Elsie nicht guttun; mir gefiel der Gedanke nicht, noch jemanden in meinem Haus zu haben; mir gefiel der Gedanke an unklare Verpflichtungen auf unbestimmte Zeit nicht. Ich fühlte mich ausgenutzt und war beleidigt. Ich nahm einen der alten Briefumschläge aus dem Mülleimer und machte eine richtige Liste.
Als es halb zwölf wurde, schlich ich in der Nähe des Fensters herum, von dem aus man sehen konnte, wer sich dem Haus näherte. Noch ein vergeudeter Vormittag. Ich versuchte mir einzureden, ich solle diese völlig unnützen Versuche, die Zeit totzuschlagen, genießen. Nach Jahren ohne eine freie Minute wanderte ich von Zimmer zu Zimmer, ohne auch nur den geringsten Antrieb zu verspüren. Endlich hörte ich einen Wagen vorfahren. Ich schaute aus dem Fenster, blieb aber weit genug dahinter, um nicht von jemandem gesehen zu werden, der am Haus hochschaute. Es war ein vollkommen anonymer, viertüriger Wagen, keilförmig wie ein Stück Käse im Supermarkt. Es gab weder blaue Lichter noch orangefarbene Streifen. Drei der Türen öffneten sich sofort. Baird und ein anderer Mann in einem Anzug stiegen vorne aus. Aus der rückwärtigen Tür kam ein Mann in einem langen, anthrazitgrauen Mantel. Er richtete sich offensichtlich erleichtert auf, denn er war groß. Er sah sich kurz um, und ich erhaschte einen Blick auf schwingendes, glattes, dunkelblondes Haar, ein schmales, scharf geschnittenes Gesicht. Er beugte sich nieder und schaute in den Wagen hinein, und ich dachte daran, wie ich noch vor einem Jahr die Gurte von Elsies Kindersitz verflucht hatte, den unpraktischen Winkel, in dem ich sie aus dem alten Fiat heben mußte. Zuerst tauchte ein jeansbekleidetes Bein auf, und dann folgte die junge Frau, der es gehörte. Durch das körnige Glas des alten Fensters konnte ich sie nur undeutlich erkennen. Ich sah Jeans, eine marineblaue Jacke, dunkles Haar, blasse Haut, sonst nichts. Ich hörte ein Klopfen an der Tür und ging nach unten.
Baird trat mit onkelhaftem, besitzergreifendem Gehabe, das mich abstieß, in mein Haus. Ich hatte den Verdacht, daß all das nicht seine Idee war, daß zumindest ich nicht seine Idee war, daß er aber eine Schau daraus machte, die Sache nun durchzuziehen. Er trat zur Seite, um die anderen vorbeigehen zu lassen. Der Mann im langen Mantel führte das Mädchen am Arm, behutsam.
»Das ist DC Angeloglou«, sagte Baird. »Und das ist Dr. Daley.« Der Mann nickte mir kurz zu. Er war unrasiert, sah aber deswegen nicht schlechter aus. Mit zusammengekniffenen Augen schaute er sich um. Er wirkte argwöhnisch, mit Recht.
»Und das ist Miss Fiona Mackenzie.
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