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Ein sicheres Haus

Titel: Ein sicheres Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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Wir werden deine Party planen, und die wichtigsten Sachen für die Party tun wir in das sichere Haus.«
    »Damit wir sie nicht vergessen!«
    »Richtig, damit wir sie nicht vergessen. Wo fangen wir an?«
    »An der Haustür.« Selig zappelte Elsie auf dem Sofa herum, eine klebrige Hand in meiner.
    »Gut. Nehmen wir die Blättergirlande ab. Weihnachten ist längst vorbei. Was sollen wir statt dessen aufhängen für deine Party?«
    »Ich weiß es: Ballons!«
    »Ballons: einen roten, einen grünen, einen gelben und einen blauen. Vielleicht sind Gesichter aufgemalt!« In meiner Phantasie sah ich eine Reihe von kleinen Mädchen in ihren rosa und gelben Partykleidern. Ich erinnerte mich an die Feste, auf denen ich als Kind gewesen war: klebriger Schokoladenkuchen, Kekse mit rosa Glasur, Knabbereien und Limonade; blinde Kuh und Topfschlagen, damit jeder etwas gewann, Tanz- und Ratespiele; und am Ende der Party bekam jeder eine Tüte mit einer kleinen Packung Smarties und einem Plastikspielzeug, das eine Stunde lang bewundert und dann für immer vergessen wurde: eine Pfeife, ein unaufgeblasener, glänzender Luftballon.

    Elsie sollte all das bekommen, all die billigen und geschmacklosen Dinge. »Und als nächstes?«
    »Die Fußmatte, die Fußmatte, wo Finn ein Glas Milch hingestellt hat.«
    »Ja. Na, ich denke, inzwischen haben wir sie bestimmt umgeworfen.« Elsie kicherte. »Was sollen wir statt dessen hinstellen?«
    »Äh, was paßt denn auf eine Fußmatte, Mummy?«
    »Tja, da gibt es jemanden, den wir sehr gern haben und der sich immer näher an deinen Toast heranmacht, also paß auf; und er schläft gern auf der Fußmatte.«
    »Anatoly!«
    »Er kann unsere Wachkatze sein. Und was stellen wir in die Küche? Wie wär’s mit etwas, das wir gekocht haben?«
    Elsie hüpfte auf und nieder, so daß ihr der Teller vom Schoß rutschte und ich mir beim Auffangen die Finger klebrig machte.
    »Mein Kuchen! Mein Kuchen, der die Form von einem Pferdehaus hat.«
    Ich erinnerte mich. Das war bei der Geburtstagsparty einer Freundin, die Wände des Pferdestalls bestanden aus Schokoladenflocken, und in der Mitte standen Plastikpferdchen; nach der Hälfte der Party war Elsie schlecht geworden. Ich nahm sie in die Arme.
    »Pferdekuchen. Und was steht auf dem Fernseher?« Sie zog die Stirn kraus. »Wie wär’s mit meinem Geburtstagsgeschenk für dich? Etwas, was du dir schon lange wünschst, vielleicht etwas, das singt.«
    Sie bewegte sich nicht.
    »Wirklich, Mummy, versprichst du’s? Darf ich wirklich?«
    »Wir suchen ihn dieses Wochenende zusammen aus. Also ein Kanarienvogel auf dem Fernseher, der dauernd singt.«
    »Kann ich ihn Yellowy nennen?«

    »Nein. So, und was tun wir auf die Treppe?«
    In diesem Punkt war sie entschieden: »Da will ich Thelma und Kirsty und Sarah und Granny und Grandpa, weil die alle zu meiner Party kommen. Und das Mädchen, mit dem ich heute in der Schule gespielt habe. Und die andere auch, die, mit der du mich gesehen hast. Ich möchte ihnen Einladungen schicken.«
    »Gut, all deine Partygäste auf der Treppe. Was ist im Bad?«
    »Das ist leicht. Mein rotes Boot mit dem Propeller, das nie untergeht, nicht mal in großen Wellen.«
    »Gut.« Ein anderes Boot kam mir in den Sinn, zerschellt und in der brodelnden See versunken. »Und als nächstes?«
    »Mein Schlafzimmer.«
    »Was sollen wir denn in dein Bett legen, Elsie?«
    »Können wir da meinen Teddybär hinlegen? Können wir ihn aus dem Umzugskarton nehmen, damit er die Party nicht verpaßt?«
    »Natürlich. Ich hätte ihn überhaupt nicht einpacken sollen. So, und zum Schluß – ich weiß, was in meinem Bett ist.«
    »Was denn?«
    »In meinem Bett sind wir. Du und ich. Wir liegen ganz wach zusammen im Bett, die Party ist vorbei, alle unsere Gäste sind gegangen, und wir reden über die Geburtstage, die du noch feiern wirst.«
    »Bist du ganz alt, Mummy?«
    »Nein, bloß erwachsen, nicht alt.«
    »Dann wirst du nicht bald sterben?«
    »Nein, ich werde noch lange leben.«
    »Wenn ich so alt bin wie du, bist du dann tot?«
    »Vielleicht hast du dann Kinder, und ich bin eine Granny.«
    »Können wir immer Zusammensein, Mummy?«
    »Solange du willst.«

    »Und kann ich jetzt ein Video sehen?«
    »Ja.«

    Ich schloß die Tür, hinter der Mary Poppins lief, und ging in die Küche, wo ich weit das Fenster öffnete. Die Geräusche Londons fluteten herein: Schulkinder auf dem Heimweg, kichernd oder streitend, synkopierte Musik aus einem Ghettoblaster, das Dröhnen

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