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Ein sicheres Haus

Titel: Ein sicheres Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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paar Monate auf einer Rundreise durch Südamerika; ich glaube, ihre Eltern meinten, das wäre so etwas wie ein Neuanfang. Sie ist erst seit ein paar Wochen zurück, höchstens. Anscheinend haben die Leute, die diese Morde begangen haben, nicht damit gerechnet, daß sie im Haus sein würde. Das ist vielleicht die Schwachstelle bei diesem Verbrechen. Daher die Gefahr, in der sie schwebt, und die eventuelle Hilfe, die sie braucht. Fasziniert Sie das nicht?«
    »Tut mir leid, Thelma, die Antwort ist nein. In den letzten achtzehn Monaten habe ich Elsie nur an den Wochenenden gesehen, und samstags und sonntags habe ich, sobald sie eingeschlafen war, bis zwei Uhr nachts irgendwelchen Papierkram erledigt. Hauptsächlich erinnere ich mich an Kopfschmerzen vor lauter Erschöpfung. Wenn Sie ernstlich gedacht haben, ich könnte eine traumatisierte junge Frau in mein Haus aufnehmen, in dem auch meine kleine Tochter lebt, und sie könnte hierbleiben, weil sie vielleicht in Gefahr ist, dann haben Sie sich getäuscht – nein, das geht nicht.«
    Thelma nahm das mit einem Kopfnicken zur Kenntnis, aber ich kannte sie gut genug, um zu wissen, daß sie nicht überzeugt war.
    »Wie geht’s der kleinen Elsie?«
    »Sie ist unleidlich, aufsässig. Das Übliche. Sie hat gerade in einer neuen Schule angefangen.« Mich machte Thelmas interessierter, raubtierhafter Gesichtsausdruck besorgt, als ich Elsie und mein Zuhause erwähnte. Ich mußte von etwas anderem reden. »Ihre Untersuchung klingt interessant.«
    »Mmm«, sagte sie und tunkte geschäftig ihren Keks in den Kaffee. So plump ließ sie sich nicht ablenken.
    »Ich habe mich mit einigen Arbeiten über traumatisierte Kinder befaßt, die Sie vielleicht interessieren könnten«, fuhr ich unbeirrt fort.
    »Sie wissen natürlich, daß Kinder in wiederholendem Spiel vergangene Traumata erneut durchleben. Ein Team unten in Kent versucht, die Auswirkungen abzuschätzen, die das auf ihre Erinnerung an das Geschehnis hat.«
    »Das sind also nicht Ihre eigenen Forschungen?«
    »Nein«, sagte ich mit einem Lachen. »Meine Forschungsarbeiten über das kindliche Gedächtnis beschränken sich auf ein mnemonisches Spiel, das Elsie und ich spielen.«
    »Ein was?«
    »Mnemonisch. Mit ›m‹. Nur zum Spaß, aber mich haben Systeme, mentale Prozesse zu organisieren, immer interessiert, und das ist eines der ältesten. Elsie und ich haben die Vorstellung eines Hauses erfunden, und im Kopf wissen wir, wie es aussieht; wir können uns an Dinge erinnern, indem wir sie an verschiedene Stellen im Haus legen, und sie dann zurückholen, wenn wir uns an sie erinnern wollen.«
    Thelma schaute zweifelnd.
    »Schafft sie das?«
    »Erstaunlich gut. Wenn sie gute Laune hat, können wir etwas an die Tür hängen, auf die Fußmatte, in die Küche, auf die Treppe und so weiter legen, und normalerweise kann sie sich später daran erinnern.«
    »Hört sich nach harter Arbeit für eine Fünfjährige an.«
    »Ich würde das nicht machen, wenn es ihr nicht gefiele. Sie ist stolz, daß sie es kann.«

    »Oder freut sich, von Ihnen Anerkennung zu bekommen«, sagte Thelma. Sie stand auf, eine pummelige, unordentlich aussehende Gestalt voller Kekskrümel. »Und jetzt muß ich gehen. Wenn Ihnen zu unserem Problem noch etwas einfällt, rufen Sie mich an.«
    »In Ordnung.«
    »Sie können sich eine Erinnerung daran an die Haustür von Elsies imaginärem Haus kleben.«
    Ich hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen.
    »Wissen Sie, als ich Ärztin wurde, hatte ich die Vorstellung, die Welt zu einem gesünderen, rationaleren Ort machen zu können. Manchmal denke ich, als ich anfing, Trauma-Opfer zu behandeln, habe ich die Welt aufgegeben und bloß noch versucht, Menschen zu helfen, besser mit ihr fertig zu werden.«
    »Das ist doch schon was«, sagte Thelma.
    Ich begleitete sie zur Tür und sah ihr nach, als sie zu ihrem Wagen ging. Als sie abgefahren war, blieb ich noch ein paar Minuten an der Tür stehen. Es war lächerlich, es kam überhaupt nicht in Frage. Ich setzte mich aufs Sofa und dachte darüber nach.

    7. KAPITEL
    »Die Kruste ist ein bißchen zu weich.« Danny hielt einen biegsamen braunen Streifen hoch, der aussah, als sei er von der Sohle eines Schuhs abgezogen worden und nicht vom Rücken eines Schweins.
    »Daran ist der Hersteller schuld. Oder die Mikrowelle. Ich habe bloß die Anweisungen auf der Packung befolgt.«
    »Ich mag es zäh. Es ist wie Kaugummi.«
    »Danke, Elsie, und nimm die Füße vom Tisch – bloß weil du

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