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Ein sicheres Haus

Titel: Ein sicheres Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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wollte mir etwas sagen, aber er schwieg und nickte nur zum Abschied. Als ich mich umdrehte, um ins Haus zurückzugehen, sah ich Finns blasses Gesicht am Fenster. So leicht würde ich mich nicht abspeisen lassen. Und alles, was die Begegnung mit Danny und Roberta um ein paar Minuten hinauszögerte, war mir recht. Ich nahm den Telefonhörer und rief Michael Daley an.

    13. KAPITEL
    »Wie kommen Sie zurecht?« fragte Daley.
    »Womit?«
    Er lachte.
    »Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Mit Finn. Mit einem Kind. Mit dem Umzug aufs Land. Einem tollen neuen Job.«
    »Ich komme zurecht. Ja, das tue ich.«
    Michael fuhr mich auf der Ringstraße von Stamford in die Gegend von Castletown, wo Mrs. Ferrer wohnte. Michael hatte sich zuerst gesträubt, aber ich sagte ihm, nachdem ich Mrs.
    Ferrer getroffen hätte, fühlte ich eine gewisse Verantwortung für sie. Ich machte mir Sorgen um ihre Gemütsverfassung. Und ich dachte, wenn sie Finn sehen wollte, wäre das vielleicht für beide gut. Ich wollte sie unbedingt dazu ermutigen. Gewiß, sie hatte ziemlich entschlossen gewirkt, Finn aufzuspüren und sich zu verabschieden. Ich wollte in jedem Fall mit ihr sprechen. Nein, ich wollte mich nicht am Telefon mit ihr unterhalten, denn nach meiner Erfahrung bei der Beerdigung würde es viel Geduld erfordern – von Zeichensprache ganz zu schweigen –, einen sinnvollen Kontakt zu ihr herzustellen.
    »Geben Sie mir einfach ihre Adresse, und ich werde vormittags hinfahren.«
    »Ich glaube, daß sie vormittags arbeitet. Wenn Sie bis zum Nachmittag warten können, komme ich mit. Schließlich gelte ich als ihr Arzt. Es könnte wie ein Hausbesuch aussehen.«
    Unterwegs zeigte Michael mir Überreste römischer Festungen, die Spuren einer Belagerung im Bürgerkrieg, einen alten Berg, aber dann ließen wir die interessanten lokalen Sehenswürdigkeiten hinter uns und fuhren zwischen Schulsportplätzen, Siedlungen des sozialen Wohnungsbaus, Einkaufsmärkten und Tankstellen dahin, über die es nichts zu sagen gab.
    »Wie kommen Sie zurecht?«
    »Gut«, sagte Daley ein wenig scharf. »Warum fragen Sie?«
    »Aus Höflichkeit.«
    »Zu mir brauchen Sie nicht höflich zu sein.«
    »Sie haben mich noch nicht erlebt, wenn ich unhöflich bin.«
    »Ich würde damit fertig.«
    Michael wandte den Blick nicht von der Straße, und ich konnte den Ausdruck seiner Augen nicht sehen.
    »Paßt es Ihnen nicht, daß ich hier bin?« fragte ich.
    »In meinem Wagen?«
    »Hier, auf der Bildfläche. Schließlich sind Sie doch Finns Arzt.«
    »Ich habe Ihnen schon gesagt, daß ich nichts dagegen habe.«
    »Es wäre nur natürlich.«
    »Sie meinen, weil ich ein schlichter Allgemeinarzt in der Provinz bin und Sie eine hochgestellte Chefärztin?« Er schaute zu mir, um sich zu vergewissern, ob ich schockiert war.
    »Sie sind nicht gerade das, was ich mir unter einem Landarzt vorstelle«, sagte ich. »Das ist ein Kompliment, glaube ich. Oder so etwas Ähnliches. Aber ich bin überrascht, daß Ihnen das genügt.«
    Jetzt befanden wir uns in einer Wohngegend mit Terrassenhäusern.
    »Wenn wir hier links abbiegen würden, kämen wir zum alten Haus der Mackenzies. Aber wir biegen rechts ab, in den etwas zweifelhaften Teil von Castletown. Ich glaube, wir sind uns ähnlich, Sie und ich.«
    Ich grinste über seinen offensichtlichen Flirtversuch.
    »Wieso?«

    »Wir mögen Herausforderungen. Wir gehen auf die Dinge zu.«
    »Worauf gehen Sie zu?«
    »Als Kind hatte ich Höhenangst. Es gab eine Art Turm in der Nähe meiner Schule, ein Denkmal, das ein exzentrischer alter Herzog hatte erbauen lassen. Es hatte hundertsiebzig Stufen, und wenn man ganz oben war, hatte man ein Gefühl, als würde man fallen. Ich zwang mich während des Schuljahres, jede Woche hinaufzugehen.«
    »Und, hat Sie was von Ihrer Höhenangst kuriert?«
    »Nein. Dann wäre es langweilig geworden. Meine Arbeit ist bloß ein Job. Außer für Leute wie Mrs. Ferrer natürlich. Aber mein wirkliches Leben spielt sich woanders ab. Ich zwinge mich zu Dingen. Gleitschirmfliegen. Reiten. Sind Sie je gesegelt?«
    »Nein, ich hasse Wasser.«
    »Sie können nicht hier wohnen und nicht segeln. Sie müssen mal auf mein Boot kommen.«
    »Tja …«
    »Dieses Auto ist ein anderes Beispiel. Verstehen Sie etwas von Autos?«
    »Mir kommt es nicht so vor, als wären wir uns ähnlich. Ich tue niemals Dinge, vor denen ich Angst habe.«
    »Hier irgendwo muß es sein.«
    »Hier? Dürfen wir denn hier parken?«
    »Vertrauen Sie mir. Ich bin

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