Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ein sicheres Haus

Titel: Ein sicheres Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
Vom Netzwerk:
sie.«
    »Warum sollte ich denn eifersüchtig sein?« Jetzt hatte Danny die Arme vor der Brust verschränkt und sah mich an.
    »Weil ich sie mag und Elsie sie mag und du dich nicht ganz so sehr als Schloßherr fühlst, wenn du geruhst, uns auf dem Land zu besuchen – deswegen.«
    »Und weißt du, was ich denke, Sam? Ich denke, du hast aufgehört, Arbeit und Privatleben zu trennen. Du bist in Schwierigkeiten. Und denk auch darüber nach, wenn du schon einmal dabei bist: Zuerst muß ich mit einem toten Mann um deine Liebe konkurrieren und dann mit einem kranken Mädchen. Wie kann ich da jemals gewinnen?«
    Jemand klopfte laut an die Haustür. Diesmal war ich froh, daß Roberta zu früh gekommen war.
    Manchmal bin ich unfreundlich zu Roberta, weil ich Angst vor den gemischten und widersprüchlichen Gefühlen habe, die sie in mir hervorruft. Ich will nicht wissen, ob sie unglücklich ist. Als wir Mädchen waren, war Roberta die designierte Schönheit, und ich war die Intelligente. Sie hatte nie eine Chance. Sie trug die rosa Kleider und hatte im Regal in ihrem Zimmer Reihen von Puppen stehen; ich trug Hosen (auch wenn sie, was ich verabscheute, Stege an den Hosenbeinen und keine Taschen hatten) und las mit der Taschenlampe unter der Bettdecke Bücher. Sie bemalte ihre manikürten Fingernägel mit Perlmuttlack (ich biß meine ab), trug hübsche Blusen und zupfte sich die Augenbrauen. Als ihre Brüste sich zu entwickeln begannen, unternahmen sie und Mutter eine besondere Einkaufsfahrt zu Stacey’s, wo sie niedliche kleine Büstenhalter und passende Höschen erstanden. Als sie ihre Periode bekam, umgab etwas Glamouröses und Geheimnisvolles die Damenbinden und die Blutflecken. Sie war ein unsicheres kleines Mädchen, das tapfer und voller Angst zur Frau wurde, als sei das ihre schreckliche Berufung.
    Während ich im Sussex Zweiundsiebzig-Stunden-Schichten als Assistenzärztin ableistete, wurde sie Mutter und wohnte in Chigwell, und während ich dünn und abgehärmt und schließlich älter wurde, wurde sie runder, müder und ebenfalls älter. Ihr Mann nannte sie »Bobbsie« und erzählte mir einmal, meine Schwester backe die besten Scones in ganz Essex. Was aber dachte sie, wenn sie mich betrachtete? Sah sie eine erfolgreiche Ärztin? Oder sah sie eine hagere, unverheiratete Mutter mit einem vulgären Gelegenheitsfreund und ordinären roten Haaren, die nicht einmal Quiche backen konnte, wenn ihre Schwester zum Mittagessen kam?
    »Und wie gefällt es Ihnen, bei Sam zu wohnen, Fiona?«
    »Es ist nett.«

    Finn hatte ihr Essen kaum angerührt. Einmal Anorexie, immer Anorexie, heißt es, wie bei Alkoholikern und Rauchern. Sie hatte mit einem halb ängstlichen Lächeln auf den Lippen dagesessen, während Danny schlaff am Tisch hing und flapsig kokettierende Bemerkungen machte, ich schimpfte und Bobbie fröhlich verkündete, wir müßten uns alle viel häufiger sehen.
    »Gefällt Ihnen das Landleben, oder ziehen Sie die Stadt vor?«
    Bobbie, in Gesellschaft immer ein wenig unsicher, klang, als redete sie mit einer Sechsjährigen.
    »Ich weiß nicht recht …«
    »Tante Bobbie?« Elsie hatte darauf bestanden, so dicht bei Roberta zu sitzen, daß sie praktisch auf ihrem Schoß hockte.
    Ihre spitzen kleinen Ellbogen stießen meine Schwester jedesmal an, wenn sie mehr Schokoladeneis in ihren verschmierten, gierigen Mund schob.
    »Ja, Elsie.«
    »Rate mal, was ich werden will, wenn ich groß bin.«
    Das war die Art von Gespräch, mit der Bobbie umgehen konnte. Sie wandte sich von den drei erwachsenen Gesichtern ihr gegenüber ab.
    »Laß mich mal überlegen. Ärztin wie deine Mummy?«
    »Nie im Leben!«
    »Äh, Krankenschwester?«
    »Nein.«
    »Tänzerin?«
    »Nein. Gibst du auf? Eine Mummy, so wie du.«
    »Ach, das ist ja süß.«
    Danny grinste und löffelte mehr Eis auf seinen Teller, verzehrte es laut schmatzend. Ich schaute ihn an.
    »Du bist ihr Rollenmodell, Roberta«, sagte er.
    Bobbie lächelte unsicher. Wir schikanieren sie, dachte ich.

    »Laß mich abwaschen«, sagte sie und stapelte klappernd die Teller aufeinander.
    »Ich setze Wasser auf«, sagte ich, »und dann können wir vielleicht alle einen Spaziergang machen.«
    »Ich nicht«, sagte Danny. »Ich bleibe hier und lege mich ein bißchen hin, denke ich. Das tue ich wirklich gern, was, Sammy?«
    Finn folgte Roberta und mir in die Küche. Sie wandte sich an meine Schwester, die wütend bereits saubere Teller schrubbte.
    »Wo haben Sie Ihren Pullover gekauft?« fragte

Weitere Kostenlose Bücher