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Ein sicheres Haus

Titel: Ein sicheres Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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sie an einer bestimmten Stelle gesehen hatte, und ihm wurde klar, daß das eine Möglichkeit war, sich auch andere Dinge zu merken.«
    Finns Gesicht war jetzt nachdenklich.
    »Erinnerung und Tod«, sagte sie. »Ich würde nicht wagen, im Haus meines eigenen Geistes herumzuwandern. Ich hätte Angst vor dem, was ich da vielleicht fände.«
    » Ich nicht«, sagte Elsie stolz. » Mein Haus ist sicher.«

    Ich blieb lange auf. Kein Danny …

    16. KAPITEL
    Am nächsten Abend ging ich zu etwas, das Michael Daley als gesellschaftlichen Anlaß bezeichnet hatte, als er mich einlud, ihn zu begleiten. »Sie wollten, daß ich Sie in die hiesige Gesellschaft einführe«, sagte er, also mußte ich fair sein und ja sagen.

    Ich zog Kleider von den Bügeln und warf sie aufs Bett. Da war ein langes, kastanienbraunes Wollkleid mit hoher Taille, das ich mochte, aber es wirkte zu düster. Ich legte auch ein paar schwarze Miniröcke, das zarte blaue Kleid mit dem weichen Schalkragen und den dreiviertellangen Ärmeln, das ich nicht wegwarf und auch nie trug, und die weite schwarze Seidenhose beiseite, die allmählich aussah wie ein Schlafanzug. Schließlich zog ich ein schwarzes Kleid mit einem Oberteil aus Voile und wadenlangem Satinrock an. Ich kramte meine Lieblingsschuhe heraus, schwarz, flach (ich überrage ohnehin die meisten Männer) und mit einer schweren Silberschnalle, und hängte Ohrringe aus einem Durcheinander leuchtender Farben an meine Ohrläppchen. Dann musterte ich mich im Spiegel; ich sah nicht sehr honorabel aus. Ich schminkte mich nicht bis auf einen Tupfer Rouge, der zu meinen Haaren paßte. Ich nahm Finns Filzhut von der Garderobe und stülpte ihn mir auf den Kopf. Ich wünschte, es wäre Danny gewesen, der mich zu dieser Party mitnahm; ohne ihn fühlte ich mich feingemacht und irgendwie im Bühnenbild des falschen Stücks. Wo war Danny jetzt? Ich hatte meinen Stolz hinuntergeschluckt und versucht, ihn anzurufen, aber ich hatte ihn nicht erreicht, nicht einmal die Stimme auf seinem Anrufbeantworter, die mir sagte, er sei nicht da, würde mich aber so bald wie möglich zurückrufen.
    Elsie schlief bereits in einem Nest aus Daunen. Ich kniete mich neben sie und atmete ihren reinen Duft ein; ihr Atem roch nach Heu, ihr Haar nach Klee. Mein Hut berührte sie an der Schulter, und sie verzog im Schlaf das Gesicht und rollte sich zusammen. Dabei murmelte sie etwas, das ich nicht verstand.
    Ihre Zeichnungen lagen über das ganze Zimmer verstreut, es wurden jeden Tag mehr. Regenbogen und Leute mit schielenden Augen, denen Arme und Beine direkt aus den voluminösen Köpfen wuchsen; Tiere mit fünf Beinen, grellbunte Farbflecken.
    Finn hatte jedes Bild sorgfältig mit Elsies Namen und dem Datum versehen, an dem sie es gezeichnet hatte. Manchmal gab es Titel: Eines, ein purpurnes Gekritzel, bei dem Augen und Hände in einem Chaos von Farbe verflossen, hieß »Mummy bei der Arbeit«. Mir kam der Gedanke, wenn ich jetzt sterben würde, hätte Elsie wohl keine wirkliche Erinnerung an mich. Sie würde Finn vermissen, wenn die Zeit für ihr Fortgehen käme, aber sie würde es schnell überwinden.
    Linda und Finn auf dem Sofa wandten sich mir zu, als ich ins Wohnzimmer trat. Sie saßen vor dem Fernseher, aßen Popcorn aus der Mikrowelle und tranken Cola. Finn hatte sich hartnäckig all meinen Vorschlägen widersetzt, Kontakt mit ihren alten Freunden aufzunehmen, aber zwischen ihr und Linda war eine ungewöhnliche Freundschaft entstanden, kameradschaftlich und tröstlich.
    »So, ich gehe jetzt. Was seht ihr euch da an?«
    »Linda hat ein Video von Der mit dem Wolf tanzt mitgebracht.
    Sie sehen gut aus.« Finn lächelte liebenswürdig und stopfte sich eine Handvoll Popcorn in den Mund. Sie schien sich vollkommen wohl zu fühlen; sie hatte ihre Schuhe abgestreift und die Beine unter sich gezogen. Ein weiter Pullover verhüllte ihren Körper. Ihr Haar war geflochten, und sie sah sehr jung aus.
    Ich versuchte, sie mir fett vorzustellen, aber es gelang mir nicht.
    Kevin Costner tanzte nackt herum, seine niedlichen weißen Pobacken leuchteten.

    »Ein aufreizender Schauspieler«, sagte ich bissig. Linda sah mich schockiert an.
    »Er ist sagenhaft.«
    Draußen ertönte eine Hupe. Ich nahm meinen Mantel.
    »Das wird Michael sein. Ich bleibe nicht lange, Linda.
    Nehmen Sie sich, was Sie möchten. Finn, ich sehe dich morgen früh.«
    Und fort war ich, zuerst in der kalten Nachtluft, dann in der Wärme von Michaels Auto, wo ich seinen

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