Ein sicheres Haus
es«, sagte Elsie. »Das ist ein Regenbogen.«
»Richtig. Den hat Gott in den Himmel gesetzt als Zeichen für sein Versprechen, daß es nie wieder passieren wird.«
»Können wir einen Regenbogen sehen? Jetzt?«
»Vielleicht später. Falls die Sonne herauskommt.«
Das tat sie nicht. Wir nahmen ein gutes, altmodisches, ländliches Mittagessen zu uns, das irgendein großstädtischer Idiot erfunden hatte. Schönes frisches Brot, halb gebacken im Supermarkt gekauft. Ich pulte die Frischhaltefolie von einem Stück Käse. Ein paar Tomaten aus einer Folienpackung. Ein Glas Relish. Margarine aus Sonnenblumenkernen. Finn und ich teilten uns eine große Flasche belgisches Bier. Elsie plapperte, aber Finn und ich waren ziemlich schweigsam. Bier und Käse und der Regen auf dem Dach. Mir reichte das.
Ich holte ein paar Scheite aus dem Schuppen an der Seite des Hauses und zündete im Wohnzimmerkamin ein Feuer an. Als die Flammen loderten, nahm ich das Schachbrett und die Figuren und stellte alles auf den Teppich. Während ich eine Weltmeisterschaftspartie zwischen Karpow und Kasparow nachspielte, hockten Finn und Elsie auf der anderen Seite des Kamins. Elsie malte mit wilder Entschlossenheit, und Finn erzählte ihr mit leiser, verschwörerischer Stimme eine Geschichte. Manchmal flüsterte Elsie etwas zurück.
Ich schaute auf das Brett und verlor mich in Karpows strategischen Spinnennetzen, die den winzigsten Vorteil in einen durch nichts aufzuhaltenden Angriff verwandelten, und in Kasparows Kopfsprüngen in furchterregende Komplikationen, immer in der Gewißheit, daß er es schaffte, wieder herauszukommen. Ich spielte mit Variationen herum, und so dauerte die Partie sehr lange. Nach einer gewissen Zeit, wie lange, weiß ich nicht mehr, nahm ich das Klirren von Porzellan und einen warmen, vertrauten Duft neben mir wahr. Finn kniete mit einem Tablett auf dem Teppich. Sie hatte Tee und Toast und ein paar heiße Brötchen für Elsie gemacht.
»Wie soll ich es schaffen, je wieder in eine Praxis zu gehen?«
sagte ich.
»Ich begreife nicht, wie Sie sich so in ein Spiel vertiefen können«, sagte Finn. »Spielen Sie bloß etwas nach, das jemand anderer schon gespielt hat?«
»Richtig. Es ist, als würde man Gedanken in Aktion sehen.«
Finn rümpfte die Nase.
»Für mich hört sich das nicht sehr spaßig an.«
»Ich weiß auch nicht, ob Spaß das richtige Wort ist. Wer hat gesagt, daß das Leben Spaß machen soll? Kennst du die Züge?«
»Wie meinen Sie das?«
»Daß ein Läufer sich diagonal bewegt, daß ein König nur jeweils ein Feld weitergehen darf und all das.«
»Ja, soviel weiß ich.«
»Dann schau dir das an.«
Ich stellte die Figuren rasch wieder in die Ausgangsposition und begann, eine Partie nachzuspielen, die ich auswendig konnte.
»Wer gewinnt?« fragte Finn.
»Schwarz. Er war dreizehn Jahre alt.«
»Ein Freund von Ihnen?«
Ich lachte.
»Nein. Das war Bobby Fisher.«
»Nie von ihm gehört.«
»Er wurde Weltmeister. Sein Gegner traute sich jedenfalls zuviel zu und vernachlässigte die Entwicklung seiner Figuren.«
Ich spielte den siebzehnten Zug von Weiß.
»Schau auf das Brett«, sagte ich. »Was kannst du sehen?«
Finn bedachte die Stellung mehr als eine Minute lang mit ihrer ernsthaften Konzentration, die mich so beeindruckte.
»Es sieht so aus, als wäre Weiß in der besseren Position.«
»Sehr gut. Warum?«
»Sowohl die Dame von Schwarz als auch sein Springer …«
»Ja?«
»Sie sind … beide bedroht. Er kann sie nicht beide retten.
Also, wie hat Schwarz gewonnen?«
Ich griff nach dem Läufer und zog ihn über das Brett.
Amüsiert beobachtete ich Finns Verblüffung.
»Aber das bewirkt doch nichts, oder?«
»Doch. Ich liebe diese Stellung.«
»Warum?«
»Weiß hat viele verschiedene Möglichkeiten. Er kann die Dame oder den Springer nehmen. Er kann den Läufer abtauschen. Er kann gar nichts tun und versuchen, alles dichtzumachen. Was immer er macht, er verliert auf vollkommen andere Weise. Versuchs mal, probier was.«
Finn überlegte einen Augenblick und nahm dann den schwarzen Läufer. Nach nur vier Zügen gab es ein wunderschönes Matt mit dem Springer.
»Das ist toll«, sagte Finn. »Wie konnte er das alles im Kopf vorhersehen?«
»Das weiß ich nicht. Es tut mir weh, wenn ich bloß dran denke.«
»Trotzdem, das ist kein Spiel für mich«, sagte Finn. »Die Figuren stehen alle offen da. Mein Spiel ist Poker. Das ganze Bluffen und Täuschen.«
»Laß das bloß nicht Danny
Weitere Kostenlose Bücher