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Ein sicheres Haus

Titel: Ein sicheres Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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ist Ärztin. Sie richtet im Stamford General ein eigenes neues Zentrum ein.«

    Gedämpft interessiertes Gemurmel wurde laut. »Irgend etwas mit Trauma. Leute, denen Unfälle auf die Psyche geschlagen sind, so in der Art, nicht?«
    Ich brummelte etwas Belangloses. Die Trauma-Industrie herunterzuspielen, war mein Job. Ich war nicht so scharf darauf, derlei von bornierten Amateuren zu hören. Es setzte ein Chor höflicher Begrüßungen ein, dann gab es eine kleine Pause. Aber diese Leute waren gesellschaftliche Profis. Binnen einer halben Stunde hatte ich mich mit Bill über Gartenarbeit unterhalten und über Landleben versus Stadtleben mit einem rundlichen Mann mit heiserer Stimme und beständig hochgezogenen Augenbrauen, dessen Namen ich nie herausfand. Eine aufgeputzte Frau namens Bridget erzählte mir von den neuesten Aktivitäten der Tierschutzterroristen, von Hunden, die aus einem Forschungslabor entführt worden waren, von Sabotage an der Universität und Vandalismus an Lastwagen von Bauern »Ich selbst esse ja kein Kalbfleisch«, gestand sie. »Einmal habe ich einen Artikel darüber gelesen, daß die Kälber so schwach sind, daß sie nicht mal stehen können, die armen Tiere. Ich fand das Fleisch ohnehin immer ziemlich fade. Aber das, was die machen, das ist etwas anderes. Es geht darum, daß diese Leute aus der Stadt die ländlichen Traditionen nicht verstehen.«
    »Sie meinen, daß beispielsweise Beagles dazu gezwungen werden, Zigaretten zu rauchen?«
    Ich sah mich nach dem Sprecher zu meiner Rechten um. Ein melancholischer junger Mann mit raspelkurz geschnittenen Haaren und ungewöhnlich hellen Augen nickte mir zu und schlenderte dann zu einem Tablett mit Drinks davon.
    »Hören Sie nicht auf ihn«, sagte Bridget. »Das tut er nur, um die Leute zu ärgern.«
    Ich wurde fachmännisch von Gruppe zu Gruppe weitergereicht, während Frauen in schwarzen Röcken und weißen Blusen Wein in mein Glas gossen oder mir winzige Canapes mit einer knackigen Krabbe oder einem Stückchen Räucherlachs mit Dill in der Mitte servierten, bis ich mich erneut neben Laura wiederfand.
    »Samantha, das ist mein Mann Gordon. Gordon, Samantha Laschen, du erinnerst dich, Michaels Freundin. Und das ist Cleo.« Cleo war größer als ich. Und breit. Sie trug ein knallrotes Kleid, und ihr Haar, das einmal blond gewesen sein mußte, jetzt aber rostig grau wirkte, hing lose herab.
    »Wir sprachen gerade von Leo und Liz.«
    Ich setzte eine Miene ausdruckslosen Interesses auf und fragte mich, ob ich vielleicht Mayonnaise am Kinn hatte. Ich strich wie nachdenklich darüber. Nichts. Vielleicht hatte ich sie aber auch bloß verteilt.
    »Sie müssen sich doch erinnern. Leo und Liz Mackenzie, die letzten Monat in ihrem eigenen Haus ermordet wurden.«
    »Ich habe darüber gelesen«, sagte ich.
    »Und Ihre Tochter natürlich, Fiona, ein reizendes Mädchen.
    Sie hat aber überlebt, hielt sich eine Zeitlang im Stamford General auf. Sie war schrecklich verletzt und verstört, wie ich hörte. Furchtbare Sache.«
    »Entsetzlich«, sagte ich.
    »Sie waren Freunde von uns, fast Nachbarn. Wir haben jeden ersten Donnerstag im Monat zusammen Bridge gespielt. Leo hatte das beste Kartengedächtnis, das ich je gesehen habe.«
    »Eine solche Vergeudung«, sagte Gordon, nickte energisch und verzog sein Gesicht zu einer geübt traurigen Grimasse. Sie hatten diese Zweipersonenvorstellung schockierter Erinnerung offenbar schon häufiger gespielt.
    »Was ist mit Fiona passiert?« Das kam von Cleo, die es geschafft hatte, sich einen Teller zu besorgen und nun eine Handvoll in Speck gewickelten Spargel von dem Tablett der vorbeigehenden Serviererin zu angeln.

    »Keiner weiß, wo sie sich im Augenblick aufhält. Sie scheint verschwunden zu sein.«
    »Michael wird es natürlich wissen.« Gordon wandte sich an mich.
    »Er war ihr Hausarzt. Aber er ist die Diskretion in Person.«
    »Wie war Fiona denn so?« Ich war Cleo dafür dankbar, daß sie Fragen stellte, die ich nicht stellen konnte; gleichzeitig bemerkte ich, daß die anderen über das Mädchen redeten, als sei es tot.
    »Reizend. Sie hatte natürlich diese Gewichtsprobleme, das arme Ding. Donald«, Laura ergriff den Arm eines totenblassen Mannes, der vorbeischlenderte, und zog ihn in unseren Kreis.
    »Cleo hat gerade gefragt, wie Fiona war. Sie traf sich doch häufiger mit Ihrer Tochter, nicht?«
    »Fiona?« Er runzelte die Stirn. Eine Spargelstange rutschte aus ihrem Speckmantel, als ich sie an den Mund hob, und

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