Ein sicheres Haus
uns guttun. Rückt die Dinge wieder in die richtige Perspektive. Und wir können in Ruhe miteinander reden.«
Das hatte ich vergessen. Segeln war genau das, was ich jetzt noch brauchte.
»Es wird mir guttun«, sagte ich tonlos.
Ich hielt Elsie wie ein kostbares Juwel. Ich hatte Angst, sie mit meiner Liebe zu erdrücken. Ich fühlte mich so stark, so lebendig, so euphorisch vor Trauer und Wut. Blut strömte durch meinen Körper, mein Herz schlug laut. Ich hatte einen völlig klaren Kopf.
»Hat Danny«, fragte ich vorsichtig, »mit dir jemals über Finn gesprochen?«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Was ist mit Finn?« Ich streichelte Elsies seidiges Haar und fragte mich, welche Geheimnisse wohl in ihrem hübschen Kopf verborgen waren. »Hat sie irgendwas über Danny gesagt?«
»Nein.« Sie rutschte auf meinem Schoß herum. »Danny hat mich oft nach Finn gefragt. «
»Ach.«
Elsie sah mich mit großen, neugierigen Augen an.
»Und Danny hat gesagt, du bist die beste Mummy auf der Welt.«
»Hat er das?«
» Bist du das?«
Nachdem Elsie schlief, wanderte ich durch das Haus, zog Vorhänge auf, zwang mich, unter Betten zu schauen und in Ecken herumzutasten. Am Ende hatte ich vor mir auf dem Küchentisch eine zerdrückte Menagerie aus sechs winzigen Papiertieren: drei kleinen Vögeln, zwei verschiedenen Hunden und etwas, das rätselhaft war. Ich sah sie an, und sie sahen mich an.
27. KAPITEL
Sie hatte seine dunklen Augen und die dichten Augenbrauen, die in der Mitte der Stirn fast aneinanderstießen. Das Haar selbst war heller in der Farbe und feiner, und ihre Haut war anders beschaffen und bereits von Sommersprossen übersät, obwohl es erst Frühling war. Dannys Haut war blaß, aber stets klar. Er nahm immer eine hübsche, karamelfarbene Sonnenbräune an.
Ich konnte mich an den Geruch und die leichte Feuchtigkeit erinnern, wenn er in der Sonne gewesen war.
Ich hatte nie jemanden von Dannys Familie kennengelernt. Er hatte mir gesagt, sie lebten im West Country, sein Vater sei Bauunternehmer, und er habe einen Bruder und eine Schwester.
Das war alles. Ich arbeitete an meinem Buch – es ging jetzt wirklich schnell, es würde in wenigen Wochen fertig sein –, als das Telefon läutete und der Anrufbeantworter sich einschaltete.
»Hallo, Dr. Laschen. Hier spricht … äh … mein Name ist Isabel Hyde, wir kennen uns nicht, aber ich bin Dannys Schwester, und …«
Mir lief ein Schauder über den Rücken. Was in aller Welt konnte sie von mir wollen? Ich nahm den Hörer ab.
»Hallo, hier ist Sam Laschen, ich habe mich hinter dem Anrufbeantworter versteckt.«
Wir tauschten ein paar verlegene Worte, da sie dachte, ich glaubte vielleicht, sie wolle bloß in den Besitz der Habseligkeiten von Danny, die bei mir geblieben waren, kommen, und ich nicht wußte, was sie wollte. Ich sagte, da sei nichts Wertvolles, aber sie könne selbstverständlich alles haben, und sie sagte, das meine sie nicht. Sie sei für ein paar Tage in London und frage sich, ob sie vielleicht mit dem Zug zu mir fahren und mich besuchen könne. Ich wußte nicht, warum –
irrationaler Instinkt vielleicht –, aber ich wollte nicht, daß sie in mein Haus kam. Ich hatte jedenfalls genug von Leuten, die sehen wollten, wo ich wohnte, und ich wußte nicht, welche makabren Motive eine Frau bewegen könnten, die Umgebung zu sehen, in der ihr toter Bruder mit einer Frau zusammengewesen war, die er verlassen hatte, und all das. Tatsächlich hatte ich keine Ahnung, was überhaupt vorging, und deshalb sagte ich, ich würde sie am nächsten Morgen in Stamford am Bahnhof abholen, und wir könnten in ein Lokal gehen.
»Wie erkennen wir uns?« fragte sie.
»Ich erkenne Sie vielleicht. Ich selbst bin groß und habe sehr kurze Haare, und keiner, der in dieser Gegend frei herumlaufen darf, sieht mir auch nur im entferntesten ähnlich.«
Ich weinte fast, als sie aus dem Zug stieg. Ich konnte nicht sprechen. Ich schüttelte ihr bloß die Hand und führte sie in ein Café, das dem Bahnhof gegenüberlag. Da saßen wir und spielten verlegen mit unseren Kaffeetassen.
»Wo kommen Sie her?«
»Im Augenblick wohnen wir in Bristol.«
»In welchem Teil?«
»Kennen Sie Bristol?«
»Eigentlich nicht«, gestand ich.
»Dann hat es nicht viel Sinn, auf Einzelheiten einzugehen, nicht?«
Ich konnte sehen, daß Dannys lockerer Charme eine Familieneigenschaft war.
»Ich habe nichts von Dannys Sachen mitgebracht«, sagte ich.
»Es gibt ein paar Hemden, ein paar
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