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Ein sicheres Haus

Titel: Ein sicheres Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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selbst. Er legte eine Hand auf meine Schulter, eine sorgfältig geprobte spontane Geste des Trostes.
    »Alles in Ordnung, Sam?«
    »Ja.«
    »Ich fürchte, Rupert ist beschäftigt.«
    »Wie gehen die Ermittlungen voran?«
    »Nicht schlecht. Die Razzien letzte Woche sind ganz gut gelaufen. Wir haben ein paar interessante Sachen.«
    »Über die Morde?«
    »Das nicht gerade.«
    Ich seufzte.

    »Es wird also nicht bald Anklage erhoben. Schauen Sie sich diesen Brief an. Danny hat ihn ein paar Wochen vor seinem Tod an seine Schwester geschrieben.«
    Chris nahm den Brief und zog ein Gesicht.
    »Keine Sorge, Sie brauchen nur die beiden letzten Seiten zu lesen.«
    Er lehnte sich an die Kante seines Schreibtisches und überflog sie.
    »Und?« sagte er, als er fertig war.
    »Ist das der Brief von jemandem, der im Begriff steht, mit einer anderen Frau durchzubrennen?«
    Chris zuckte mit den Achseln.
    »Sie haben es gelesen«, sagte ich. »›Ich habe noch nie jemanden wie sie gekannt, ich will keine andere mehr, ich möchte sie heiraten und den Rest meines Lebens mit ihr verbringen, ich liebe ihr Kind, meine einzige Sorge ist, ob sie mich haben will.‹«
    »Ja«, sagte Chris unbehaglich.
    »Und dann ist da noch etwas.«
    Ich reichte ihm das Bestätigungsschreiben des Reisebüros. Mit einem halben Lächeln las er es.
    »Brennen Sie mit jemandem durch, wenn Sie so etwas geplant haben?«
    Chris lächelte nicht unfreundlich.
    »Ich weiß nicht. Vielleicht ja. War Danny ein impulsiver Mensch?«
    »Ja, vielleicht …«
    »Die Art Mann, die einfach aufsteht und weggeht …«
    »Ja, aber das hätte er nicht getan«, sagte ich lahm.
    »Sonst noch etwas?« fragte Angeloglou sanft.
    »Nein, bloß …« Ich war verzweifelt. »Bloß daß die ganze Sache … Haben Sie darüber nachgedacht?«
    »Worüber?«
    »Daß so ein junges Mädchen ein Testament schreibt …«
    »Woher wissen Sie von dem Testament, Sam? Also gut, sagen Sie es mir nicht, ich will es nicht wissen.«
    »Sie schreibt ein Testament, und gleich darauf ist sie tot. Ist das nicht eigenartig?«
    Angeloglou dachte ein Weilchen schweigend nach.
    »Hat Finn jemals über das Sterben gesprochen?«
    »Ja, natürlich.«
    »Hat sie je von Selbstmord gesprochen?«
    Ich hielt einen Moment inne und schluckte schwer. »Ja.«
    »Also«, sagte Chris. »Und überhaupt, woran dachten Sie denn?«
    »Haben Sie jemals in Erwägung gezogen, daß die beiden ermordet worden sein könnten?«
    »Um Gottes willen, Sam, von wem?«
    »Von jemandem, der durch Finns Tod in den Besitz einer phantastischen Summe kommen wird.«
    »Ist das eine ernsthafte Anschuldigung?«
    »Zumindest eine ernsthafte Überlegung.«
    Chris lachte.
    »In Ordnung«, sagte er. »Ich gebe nach. Kann ich diese Papiere behalten?« Ich nickte. »Nur aus Mitleid mit allen, Sie eingeschlossen, werde ich diese kleine Ermittlung so diskret wie möglich durchführen. Aber ich rufe Sie morgen an. Und jetzt, Doktor, gehen Sie nach Hause, nehmen Sie eine Tablette oder einen Drink, oder sehen Sie fern oder alles zusammen.«
    Aber er rief nicht am nächsten Tag an. Chris Angeloglou rief mich noch am Abend desselben Tages um sieben Uhr an.

    »Ich habe ein paar Nachforschungen über Ihren Verdächtigen angestellt.«
    »Ja?«
    »Damit das klar ist, Sam. Das noch brennende Auto wurde am neunten um sechs Uhr abends gefunden.«
    »Ja.«
    »Am achten flog Dr. Michael Daley nach Belfast zu einer Konferenz für Ärzte, die an einem Fonds beteiligt sind. Am neunten hielt er auf dieser Konferenz einen Vortrag und flog am späten Abend nach London zurück. Reicht das?«
    »Ja. Das wußte ich eigentlich. Es tut mir leid, Chris. Dumm von mir und all das.«
    »Das ist schon in Ordnung. Sam?«
    »Ja?«
    »Es tut uns leid, daß wir Sie da hineingezogen haben. Wir werden alles tun, was wir können, um Ihnen zu helfen.«
    »Danke, Chris.«
    »Sie sind die Trauma-Expertin, Sam, aber ich glaube, in Wirklichkeit müssen wir lernen, besser zu ermitteln, und Sie müssen lernen, besser zu trauern.«
    »Ja, das stimmt wohl, Chris.«

    28. KAPITEL
    Vor sechs Jahren hatte sich mein Liebhaber, der Vater meines ungeborenen Kindes, umgebracht. Natürlich hatten mir alle gesagt, ich dürfe mir nicht die Schuld geben, nicht für eine Sekunde. Ich sagte es mir auch selbst, mit meiner Doktorstimme. Er war depressiv. Er hatte es früher schon versucht. Man denkt, man könnte andere retten, aber man kann nur sich selbst retten. Und so weiter.
    Vor einer Woche hatte sich mein

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