Ein silbernes Hufeisen
geworden und am Ende hatte tatsächlich nur noch eine winzige Formalität gefehlt. Guinievaire Lovett klang ganz und gar nicht ungewohnt oder überraschend in ihren Ohren, vielmehr selbstverständlich, immerhin zählte Guinievaire selbst sich schon lange nur zur Familie ihres Liebsten und nicht zu ihrer eigenen. Natürlich war dieser Tag perfekt, an dem sie endlich aufhören würde, eine Hastings zu sein.
Andere Gedanken und Vorstellungen machten sie heute wesentlich nervöser, denn so war jener heutige Tag auch der Tag, an dem sie ihre Heimreise nach England antreten würden, und dies bedeutete, dass Guinievaire schon bald wieder zurück in London sein sollte, bei Vicky und bei Cici und bei ihrem Vater, bei all ihren Freunden und natürlich auch bei ihrem ehemaligen, treulosen Verlobten. Für eine Sekunde stellte sie sich vor, was geschehen würde, tauchte er ausgerechnet heute auf, hier oder gar sehr dramatisch in der Kirche, wo er sie bat, nicht die Frau von Alexander Lovett zu werden. Es war eine lächerliche Idee, das wusste Guinievaire sofort. Tony würde niemals kommen und selbst wenn, diese Hochzeit würde sie unter keinen Umständen absagen. Sie wäre nicht noch einmal so unvorstellbar dumm.
Statt sich also weiter mit derart albernen Phantasien aufzuhalten, hielt Guinievaire sich viel lieber noch ein weiteres Mal mit aller Deutlichkeit vor Augen, dass mit diesem Tag gekommen war, worauf sie schon unendlich lange gehofft und gewartet hatte – heute war ihr Hochzeitstag. Sie war zwanzig Jahre alt und heute heiratete sie den Menschen, den sie mehr liebte als sich selbst, was zur Folge haben würde, dass sie ab sofort nicht nur die reichste Frau der Stadt, eine Lady mit einem Adelstitel und einer riesigen Villa sein würde, sondern auch dass sie von nun an Tag um Tag neben Alexander Lovett aufwachen würde, um jede Stunden mit ihm zu verbringen, wenn sie das wünschte. Ungeduldig raffte Guinievaire die lange Schleppe ihres Kleides und wickelte sie um ihr geschmücktes Handgelenk. Sie musste ihn sofort sehen. Wo war er, fragte sie sich, als sie die Türe zu ihrem traurigen, alten Einzelzimmer ein letztes Mal verschlossen hatte. Er war unten, vermutlich. Er wollte genau wie sie so schnell wie irgend möglich fort von hier, deswegen war er gerade vor der Eingangstür, um den Beladungsprozess zu überwachen und Anweisungen zu geben, damit sie umgehend nachdem sie und Alex von der Kapelle zurückkehrten, aufbrechen konnten. Behutsam ließ Guinievaire Stufe um Stufe hinter sich. Alex hatte vor, das Haus wieder zu verkaufen, denn es war niemals mehr für ihn gewesen als eine brillant konzipierte Falle, und nun da sie ihren Zweck erfüllt hatte, weil er seine Liebste endlich wieder hatte, war sie wertlos für ihn – nach den langen Monaten, die sie hier verbracht hatten, würde wohl keiner der beiden jemals wieder das Bedürfnis verspüren, ausgiebige Ferien in der Toskana zu verbringen.
„Alex?“ rief Guinievaire, sobald sie unten im Flur stand. Es brach ganz einfach aus ihr heraus, denn sie konnte keine Zeit mehr damit verschwenden, ihn zu suchen, sie wollte sofort bei ihm sein.
Die Haustüre wurde von außen von einer blassen Hand geöffnet und ihr Alexander stand auf den Stufen vor einer prachtvoll mit Margariten geschmückten Kutsche und strahlte. Er trug Creme und Weiß, genau wie sie, und diamantene Manschettenknöpfe, mit dem Organza ihres Kleides bespannt, genau wie Conroy es vor sehr langer Zeit versprochen hatte. Er hatte sich also sogar einen Anzug passend zu ihrem Kleid anfertigen lassen, bevor er nach Shropshire gekommen war. Ganz wie von sich aus begannen Guinievaires Füße ihrem Liebsten entgegenzulaufen, magisch von ihm angezogen und uneingedenk der gefährlich hohen Absätze. Sie sprang ihm in die Arme und küsste ihn überstürzt und stürmisch, dabei hielt Alex sie unwiderstehlich fest und hob sie schließlich, ebenso ungeduldig wie sie es war in diesen letzten Augenblicken, die sie als einzelne Menschen bestreiten mussten, in den Wagen, der sie zur Kapelle bringen sollte. Hastig setzte er sich neben sie, nachdem er dem Fahrer das Zeichen zur Abfahrt gegeben hatte und Guinievaire streckte die Hände nach ihm aus und küsste ihn weiter, sobald er wieder bei ihr war und beinahe war es ihr unmöglich, damit wieder aufzuhören.
„Das nenne ich Enthusiasmus,“ stellte Alex mit einer Stimme fest, die vor Zufriedenheit fast barst, wobei er ihr strahlendes Gesicht in den Händen hielt und
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