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Ein silbernes Hufeisen

Ein silbernes Hufeisen

Titel: Ein silbernes Hufeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Barbera
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anfälliger geworden für alles, was ihn zusätzlich zu schwächen vermochte. Deshalb sollte dieses geplante Wiedersehen ihm nun helfen, etwas gefestigter zu werden ihr gegenüber. Es sollte ihn die schlimme Wunde vergessen machen, die sie ihm zugefügt hatte und Tony wollte weder mit Groll und voller Hass an sie denken, noch wollte er weiter von ihr, die inzwischen lange verheiratet war, träumen als sei sie auch weiterhin seine geliebte Verlobte. Wenn er nach London zurückkehrte, dann gab es zahlreiche andere Dinge, die seine vollste Aufmerksamkeit benötigten, immerhin hatte er in den letzten Monaten weit fort und abgeschottet von der Stadt und ihren Bewohnern gelebt, weil er sich allein auf seinen Vater hatte konzentrieren wollen und nun hatte er sich ebenso fest vorgenommen, dass er sich allein auf die Zucht konzentrieren wollte, welche er in Zukunft leiten musste und sollte. Es gab so vieles zu regeln mit all den Anwälten und den Käufern und den Kunden und den Lieferanten, deswegen musste er Guinievaire ein für allemal aus seinem traurigen, schweren Kopf verbannen und genau deshalb musste er sie schon so bald wie nur irgend möglich wieder treffen. Tony versprach sich eine wundersame Heilung von seiner Verliebtheit, sah er sie noch einmal, war sie nun glücklich oder gebrochen. Ob ihm ein einziges Treffen dabei helfen konnte, Tony war skeptisch, war er ehrlich zu sich selbst, aber es war dennoch eine winzige Möglichkeit. Außerdem würde er ihr ohnehin früher oder später wieder über den Weg laufen, kehrte er zurück, und zudem durfte er nichts unversucht lassen. Also setzte er sich an den leeren Schreibtisch in der kleinen Wohnung, die er in den letzten Monaten für sich und seinen Vater gemietet hatte, mitten in dieser wertlosen, kalten Stadt, und schrieb seiner Guinievaire, seiner Verlobten, und er schrieb, wohl aus verzweifeltem und absolut sinnlosem Protest, an ihre alte Adresse und ihren alten Namen. Er benahm sich lächerlich und er benahm sich armselig, aber er konnte nun einmal nicht anders. Wie oft hatte er diese Ausrede in den vergangenen Monaten nur für sich gebraucht? Langsam mochte er sie selbst nicht mehr gelten lassen. Aber er konnte nicht anders.
     
     
    Guinievaire,
     
     
    Nun, wie soll ich beginnen? Herzlichen Glückwunsch. Wie ich höre, bist du eine verheiratete Frau und das, wo ich dich doch lange Zeit für meine Verlobte gehalten habe. Es wird dich kaum interessieren, warum ich eine solch lange Zeit hindurch nicht in London gewesen bin, aber ich habe vor, schon bald zurückzukehren und genau deswegen wollte ich dich vorwarnen. Ich habe sehr viel nachgedacht über dich und das letzte Jahr und ich wünschte, ich könnte dich hassen, ich bemühe mich sogar redlich darum. Und dennoch, ich würde dich gerne sehen, falls du derzeit in London bist. Ich finde, ich habe zumindest einige, wenige Erklärungen oder Rechtfertigungen oder gar Entschuldigungen verdient. Du solltest mir also wirklich nicht aus dem Weg gehen oder ich werde eines schönen Tages einfach vor deiner Türe stehen. Es tut mir leid, wenn ich etwas bitter klinge. Du wirst deine Freude an mir haben. Ich bin zerstört und all dies ist dein herrliches Werk. Dieser Brief wird dich bestimmt erreichen, selbst wenn ich ihn nach Hastings House schicke. Dein Vater ist sicherlich sehr stolz auf dich. Wir sehen uns schon bald wieder, Mylady,
     
     
    Tony

12 Juni
     
     
    Der Wagen hielt so abrupt, dass Guinievaires Kopf mit einem kleinen Schlag gegen das Fenster pochte. Verwirrt schlug sie die Augen auf, blickte sie sich um und sah die Türe rechts von ihr zufallen. Ihr Ehemann hatte wohl den Befehl zum plötzlichen Halten gegeben und nun war er wortlos aus der Kutsche gestiegen, weswegen Guinievaire sich lediglich kurz die Stirne rieb, um ihm dann eilig zu folgen.
    Es dämmerte bereits, wenn auch einige Minuten später als gestern, und der Himmel hatte ein helles Grau angenommen, gemischt mit einem nächtlichen Blau und einem zarten Rosa. Bevor sie ihre Reise derart hastig unterbrochen hatten, waren sie eine schmale Landstraße entlang gefahren, die sie in ungefähr zwei Tagen endlich nach London bringen sollte, wobei dieser Tag verlaufen war, wie die meisten auf dieser Reise vor ihm: Guinievaire war neben ihrem Ehemann aufgewacht, sie war glücklich gewesen, sie waren weiter gereist, sie hatten geredet, gelacht, sie hatte neben ihm gesessen und ihn geküsst, sooft es ihr gefiel, sie hatten ein wenig geschlafen und nun hatten

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