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Ein silbernes Hufeisen

Ein silbernes Hufeisen

Titel: Ein silbernes Hufeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Barbera
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zweifellos allesamt vorhatten. Der feiste, kleine Mr Ford und Guinievaires Vater standen den schlanken, langen Gang hinunter auf der rechten Seite und sie schienen sich bereits für eines der Ungetüme entschlossen zu haben. Anthony, der Guinievaire auf ihren instabilen Absätzen dankenswerterweise weiterhin stützte, raunte sogleich anerkennend, als sie ihre Väter entdeckt hatten. „Sie werden scheinbar Napoléon bekommen,“ flüsterte er ihr in einem beeindruckten Tonfall zu. Guinievaire sah ihn lediglich etwas skeptisch an. Wie seltsam, dachte sie dabei, dass er ihr ein wenig gefiel. Genau wie der Name dieses Pferdes ihr gefiel, selbst wenn er sie natürlich niemals darüber hinweg täuschen konnte, dass es sich bei seinem Träger nach wie vor um ein schreckliches Pferd handelte.
    Schließlich erreichten Guinievaire und ihr stummer Begleiter ihre Väter, wobei Erstere sofort bemerkte, dass sie beide jenen unheilvollen Gesichtsausdruck hatten, der sich Männern stets auf die Züge legte, waren sie gerade im Begriff, etwas zu erstehen oder bloß zu bewundern, das im Grunde viel zu groß und zudem auch viel zu schnell war. Beunruhigt folgte sie also ihren Blicken und begutachtete ebenfalls das Pferd zu ihrer Rechten, das ihr Vater für sie ausgesucht hatte: wie sie befürchtet hatte, war es tatsächlich ein riesenhaftes Ungetüm, voll bepackt mit schweren, aufgeregt zuckenden Muskeln, und in seinen dunklen Augen lag dabei ein unbestreitbar bösartiges Funkeln, das Guinievaire unweigerlich erwidern musste. Zudem hatte es, vielleicht weil ihr Vater dies komisch fand, eine leuchtend rote Farbe, die sehr wohl der ihres viel gepflegten Haares glich. Je länger sie es betrachtete, desto mehr fürchtete sie um ihr Leben.
    „ Guinievaire, das hier ist Napoléon,“ verkündete ihr durchtriebener Vater, der natürlich ausgesprochen gut gelaunt war. „Er ist derzeit Mr Fords absolut bestes Pferd in seinem Stall.“
    Diese machte daraufhin lediglich ein abschätziges Geräusch und vergrub zugleich ängstlich die Finger in Anthony Fords stützendem Arm. „Wie zum Teufel soll ich darauf reiten?“ keuchte sie. „Es ist viel zu groß für mich!“
    Blickte sie diesem grausigen Ungetüm in die finsteren Augen, so sah Guinievaire bereits ihr kurzes und kaum erfülltes Leben an ihr vorbeiziehen. Es gab noch so vieles, was sie erleben wollte, nun, wo sie doch gerade vollendet glücklich war! Unter keinen Umständen würde man sie also dazu bringen, das Ungeheuer zu besteigen. Warum zum Teufel brauchte sie überhaupt ein Pferd? Konnte es nicht vielleicht bloß ein Pony sein, wenn es denn unweigerlich sein musste? Oder konnte es nicht eine kleine Handtasche aus Ponyfell sein oder auch nur ein Paar wirklich hübscher Stiefel? Ihr Vater schuldete ihr gewissermaßen ein Paar Schuhe, wo er doch dafür verantwortlich war, dass sie sich die funkelnden Roten so vollendet verdorben hatte an diesem schrecklichen Ort.
    Anthony wohnte dieser verzweifelten Szene derweil sehr still und mit verschränkten, festen Armen bei und dabei strahlte er mühelos eine ungeheuerlich angenehme Ruhe und Gelassenheit aus, weswegen sie ihn bettelnd ansah. Wäre Alex doch nur hier bei ihr in diesem Moment! Er mochte die Vorstellung immerhin ganz und gar nicht, dass ihr Vater tatsächlich vorhatte, Guinievaire wieder auf ein Pferd zu setzen, war er doch anwesend gewesen, als sie sich bei ihrem letzten Reitausflug beinahe umgebracht hatte.
    Aus Mitleid mit der ängstlichen Guinievaire mischte Tony sich schließlich großmütig ein. „Sir, wenn Sie erlauben,“ sagte er. „Napoléon ist ein großes Tier und sollte nur von geübten Reitern geritten werden. Wenn Sie aber darauf bestehen sollten, ihn zu kaufen, dann erlauben Sie mir doch bitte, Ihrer Tochter zusätzlich ein paar Reitstunden zu geben. Ich bin mir sicher, ich kann ihr schnell die Grundlagen beibringen.“
    Guinievaires Vater nickte durchaus einsichtig, worüber sie selbst beinahe laut gelacht hätte, obwohl sie dem jungen Mr Ford für sein beschwichtigendes Eingreifen natürlich zugleich ausgesprochen dankbar war. Und dennoch, ganz egal wie gut er war, er würde ihr niemals das Reiten beibringen können, denn sie wollte es nicht lernen. Leider spielte es für ihren Vater heute, genau wie meist immer, schlicht keine Rolle, was sie wollte oder nicht.
    „ Nun, ich denke, das klingt vernünftig,“ befand Mr Hastings sogar, obwohl dieser Vorschlag weit entfernt davon war, eben dies zu sein. Denn egal

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