Ein silbernes Hufeisen
wie man es drehte und wendete, einer blutigen Anfängerin ein monströses und zudem sicher schrecklich teures Pferd zu kaufen und dann auch noch zusätzlich für Reitstunden zu bezahlen anstatt sich einfach bloß für eine kleine, harmlose Stute zu entscheiden oder womöglich die Idee gänzlich zu verwerfen, war schlicht und einfach nicht vernünftig.
„ Ich werde es nicht lernen, wenn ihr mich Tag und Nacht mit Seilen auf seinen Rücken bindet,“ murrte Guinievaire, welche sich durchaus bewusst war, dass man sie selbstverständlich überhören würde. Sie wollte bloß gründlich sein in ihrer Beschwerde.
Beinahe hätte Tony wegen ihrer finsteren Bemerkung gegrinst. Sie war zweifellos humorvoll auf eine beinahe sarkastische Art und Weise, was normalerweise doch ein untrügliches Zeichen für Intelligenz war, wie er sie ihr noch vor wenigen Minuten hatte absprechen wollen. Außerdem hatte sie eindeutig Angst vor ihrem Napoléon und überhaupt vor dem Reiten, was Tony charmant fand, weil es auf eine Imperfektion ihrerseits hinwies. Vielleicht war sie doch nicht so leicht zu durchschauen, wie er etwas eilig vermutet hatte? Ein weiteres Mal studierte er sie sehr genau und wieder fühlte er dabei jene seltsam stechenden, unbekannten Schmerzen in seinem Herzen. Etwas geschah unleugbar mit ihm, während er sie anblickte.
„ Wenn ich sie einmal in der Woche zu Ihnen schicke, das wird ihr doch genügen?“ fragte Mr Hastings Tonys Vater derweil, der daraufhin fachmännisch nickte und sogleich handelten sie einen Wochentag aus, während Tony und Guinievaire ihren ins Geschäft versunkenen Vätern Seite an Seite lauschten, bis sie sich nach wenigen Minuten scheinbar wieder an die Anwesenheit ihrer Kinder erinnerten.
„ Nun, Guinievaire, ich werde mit Mr Ford hier noch ein wenig verhandeln. Du kannst gehen, aber du weißt, dass ich dich heute zum Tee zu Hause erwarte,“ wies Mr Hastings seine Tochter streng an, die jedoch wenig beeindruckt, noch bevor er diesen Satz beendet hatte, eilig auf dem hohen, schlanken Absatz kehrt machte. Tony folgte ihr ebenso hastig, damit sie nicht Gefahr lief, ein zweites Mal zu stolpern.
„ Sie sind hoffentlich der beste Reitlehrer der Welt, Mr Ford,“ sagte sie derweil auf dem Weg nach draußen, woraufhin er lediglich ratlos die Schultern zuckte, denn wie sollte er dies beurteilen? Er war sicherlich nicht übel und er würde sich bemühen für sie. „Aber warum unterrichten Sie überhaupt? Das verstehe ich nicht recht,“ wunderte sie sich anschließend mit aufmerksamen, grünen Augen.
Natürlich konnte sie nicht verstehen, warum Tony so etwas Überflüssiges und in ihren Kreisen schrecklich Verrufenes tat wie einer täglichen Arbeit nachzugehen. Er lächelte schlicht. Als sie schließlich wieder an der frischen Luft im Hof waren, atmete sie tief und erleichtert ein und aus. Sie hatte einen großen Busen, bemerkte Tony dabei verwundert mit einem Mal, außerdem saß ihr Kleid bemerkenswert eng und betonte ihre schmale Taille und ihre weichen Hüften. Ihre Beine mussten lang und weiß sein. Er hatte immer gewusst, dass sie ein schönes Mädchen war, aber das Ausmaß ihrer Attraktivität und vor allem wie sie auf ihn wirkte, dies war ihm dabei scheinbar nicht wirklich klar gewesen. Denn sie war absolut umwerfend, alles an ihr war es, weswegen Tony in diesen Sekunden den überwältigenden Drang verspürte, ihre Wange zu berühren. Sicherlich war sie warm und zart.
„ Ich tue es gerne,“ erwiderte er, wobei er beinahe über seine Zunge stolperte. Was war mit ihm geschehen? Was hatte sie getan?
Guinievaire machte ein sehr skeptisches Gesicht.
„ Wir werden uns also nun öfter sehen, Miss Hastings,“ bemerkte er daraufhin. Der Gedanke gefiel ihm schrecklich gut, deshalb wollte er ihn laut aussprechen, um zu sehen, wie sie auf ihn reagierte. Ob sie sich ebenfalls freute?
Sie lächelte ihm zu, dabei legte sie den Kopf auf die Seite. „Mr Ford, Sie haben bereits jetzt mein volles Beileid,“ seufzte sie. „Machen Sie sich keine Illusionen, ich bin wirklich eine grauenhafte Reiterin.“
„ Und ich freue mich dennoch darauf, Sie zu unterrichten,“ erwiderte er höflich, aber aufrichtig, denn tatsächlich konnte er es kaum erwarten, sie nächste Woche schon für eine Stunde allein für sich zu haben. Wie er sie behutsam in den Sattel heben und ihre langen Hände in die seinen nehmen würde, um ihr zu zeigen, wie man die Zügel richtig hielt, diese schönen Bilder malte er sich aus.
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