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Ein silbernes Hufeisen

Ein silbernes Hufeisen

Titel: Ein silbernes Hufeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Barbera
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sich also.
    Daraufhin lächelte sie bloß und zuckte die schmalen Schultern, wobei die Pailletten auf ihrem Kleid ein wenig klimperten. „Ich vermute, sie sind nicht übel.“
    Tony seufzte etwas niedergeschlagen, er konnte sich nicht zurückhalten. „Absolut,“ erwiderte er nüchtern, hielt diese Antwort jedoch zugleich für eine wenig einsichtige und daher enttäuschende Einschätzung. Sie interessierte sich also doch nicht wirklich für Kunst. Warum hatte sie es ihm nicht einfach gestanden? Er verurteilte sie deshalb nicht, ganz und gar nicht, immerhin begriff nicht jeder den essentiellen Wert kreativen Schaffens. Selbst wenn ihr Unwissen vielleicht bedauerlich war, sie hatte doch andere, zahlreiche Vorzüge, die für sie sprachen.
    Guinievaire machte derweil sogleich ein empörtes Geräusch und schüttelte den hübschen Kopf. „Wie unglaublich überheblich Sie sind!“ bemerkte sie dabei, richtete sich wieder auf und verschränkte die Arme. „Sie halten mich für dumm, nicht wahr, nur weil ich mich nicht vernünftig ausgedrückt habe?“
    Schnell und abwehrend hob Tony beide Hände, während er den Oberkörper streckte, denn Guinievaire trug hohe Schuhe und überragte ihn ein wenig, wenn sie aufrecht stand, so wie in diesem Moment, und sie sollte nicht auf ihn herabsehen, wo er doch das Gefühl hatte, dass sie dies ohnehin ständig heimlich tun musste.
    „ Was? Nein!“ rief er sofort. Er hielt sie keineswegs für dumm. Sie war sicher nicht klug wie Vicky, sie war keine brillante Intellektuelle, aber das musste sie immerhin auch nicht sein. Guinievaire war nun einmal aus anderen Gründen einnehmend.
    „ Sie sind nicht übel, oder etwa nicht? Handwerklich sind sie vermutlich perfekt, aber das sind Bilder von vor zweihundert Jahren ebenso,“ schimpfte sie weiter. „Ich finde, moderne Kunst sollte etwas mehr um eine Bedeutung bemüht sein oder zumindest wesentlich bewusster auf eine Bedeutung verzichten. Und außerdem mag ich keine Landschaftsmalerei.“ Nachdem sie geendet hatte, zuckte sie die funkelnden Schultern und spitzte beleidigt ihre geschwungenen Lippen.
    Tony war derweil sehr stolz auf sich. Nun hatte er sie ernstlich verletzt mit der ersten, lächerlichen Frage, die er jemals an sie hatte richten dürfen. Sein Betragen war wirklich unvergleichlich charmant an diesem Abend.
    „ Nun, da stimme ich Ihnen zu,“ murmelte er nun lediglich peinlich berührt, dabei sah er schuldig auf seine Hände. Nach einer kleinen Pause fing er ihren Blick jedoch wieder auf. „Ich habe eine weitere Frage,“ fuhr er trotz allem fort, denn es gab noch so vieles, was er über sie wissen wollte, und nach jener ersten Frage hatte er das Gefühl als hätten sie plötzlich eine unsichtbare Linie überschritten in ihrer Beziehung. Er musste weiter mutig sein.
    „ Nun, dann fragen Sie mich,“ ermutigte sie ihn sehr gnädig, jedoch zugleich mit einem etwas abfälligen Blick, weil sie stolz war, dies hatte Tony schon zuvor gewusst, und er hatte sie beleidigt.
    „ Lord Lovett, der sich schon den ganzen Abend ungestraft an Ihnen vergehen darf,“ begann er wie im Wahn, wurde aber sofort wieder von ihr unterbrochen.
    „ Wie bitte?“ rief sie mit einem strengen, grünen Blick, vollkommen zurecht natürlich. Warum nur fragte er sie solch ungehörige Dinge? Er hatte kein Recht, zu erfahren, was sie mit diesem schrecklichen Menschen verband, und wenn sie seine heimliche Frau wäre, es ging ihn nichts an. Aber er musste es leider ganz einfach wissen. Denn Mädchen wie Guinievaire Hastings ließen sich üblicherweise – so war der Lauf der Welt – mit Männern wie Alexander Lovett ein.
    „ Entschuldigen Sie. Lord Lovett, mit dem Sie zuvor getanzt haben,“ korrigierte Tony sich einsichtig, aber unbeirrt. „Ist er ein Freund von Ihnen? Oder ist er Ihr Verlobter?“
    Wieder folgte eine kleine Pause, als müsse sie nachdenken über eine derart komplizierte Frage. Endlich schüttelte Guinievaire den Kopf.
    „ Nein,“ verkündete sie mit fester Stimme. „Er ist nur ein Freund.“
    „ Und so tanzen Sie also mit all Ihren Freunden?“ antwortete er.
    Schon als er diesen Satz aussprach, hasste Tony sich dafür. Warum war er in ihrer Gegenwart nur derart grauenhaft? Als habe er ein Recht ihren Tanzstil zu kritisieren, der zwar offenbar ungebührlich war, aber dies gefiel ihm doch an ihr, oder etwa nicht? So war er immer, dass er Menschen verurteilte, aber bei Guinievaire wollte er nicht wieder ein Opfer dieser üblen

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