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Ein sinnlicher Schuft

Ein sinnlicher Schuft

Titel: Ein sinnlicher Schuft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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Augen jedoch schauten müde und übernächtigt, und der ganze Mann sah verdammt schlecht aus.
    Sie blinzelte ihn an und lächelte. »Guten Morgen, Sir! Haben Sie nich gut geschlafen?«
    Seine Mundwinkel zuckten, und seine Stimme klang gereizt. »Nein, Miss Filby. Das habe ich nicht.«
    Pru war sich nicht sicher, ob er ihr die Schuld daran gab. Sie senkte den Blick auf ihren Teller, statt dem Impuls nachzugeben, sich für nichts und wieder nichts zu entschuldigen.
    Er räusperte sich. »Miss Filby, es tut mir leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass ich Ihre Dienste auf dieser Reise nicht länger in Anspruch zu nehmen gedenke. Sie sind nicht in der Verfassung zu reisen, deshalb habe ich den Gastwirt und seine Frau dafür bezahlt, sich eine Woche um Sie zu kümmern, damit Sie sich erholen können.«
    Pru starrte Colin entsetzt an, und der Bissen von dem köstlichen Rührei, den sie gerade aß, verwandelte sich in ihrem Mund zu Stein. Nur mit Mühe brachte sie es hinunter. »Sie lassen uns im Stich.«
    Ihre Stimme klang tonlos, ohne Emotionen. Was brachte es ihr schon, Gefühle zu zeigen? Dieser Mann hatte sie aus Brighton weggeholt, doch kaum bemerkte er eine Schwäche, hatte er nichts Eiligeres zu tun, als sie und Evan in diesem gottverlassenen Gasthaus zurückzulassen.
    Einmal abgesehen davon, dass er für Kost und Logis sorgte, wozu er sich sowieso verpflichtet hatte, war ihre Situation jetzt keinen Deut besser als vor ein paar Tagen.
    Du weißt doch, dass die besseren Leute sich nur um sich selbst kümmern.
    Sie schloss die Augen.
    Ich gehöre zu den besseren Leuten.
    Bloß tat sie das nicht mehr. Jedenfalls nicht im Moment. Derzeit war sie ein armes Dienstmädchen ohne Anstellung und, wie es aussah, auch ohne Aussicht darauf.
    Verflucht sollen Sie sein, Mr Lambert.
    Er besaß wenigstens den Anstand, beschämt auszusehen, obwohl er zugleich schrecklich finster wirkte. »Ich kann nicht warten, bis Sie sich erholt haben, Miss Filby, denn ich habe sehr dringende Angelegenheiten mit Miss Marchant zu regeln, und Sie sind in Ihrer gegenwärtigen Verfassung kaum in der Lage, sich hinreichend um Melody zu kümmern.«
    Pru konnte dem Verlangen nicht widerstehen, mit ihm zu streiten, wenngleich sie sich nichts davon versprach. »Ich bin wieder völlig in Ordnung. Ganz bestimmt. Ich hatte nur Hunger. Was kennen Sie eigentlich für Frauen, Chef, die eine Woche brauchen, um sich davon zu erholen, dass sie ein, zwei Mahlzeiten verpasst haben?«
    Er schaute sie ernst an. »Miss Filby, Sie wissen nur allzu gut, dass es nicht nur ein oder zwei Mahlzeiten waren. Was haben Sie sich dabei gedacht, sich derart zu vernachlässigen?«
    Das ging zu weit. Pru stand abrupt auf und stieß ihren Stuhl so heftig zurück, dass er beinahe umgekippt wäre. » Vernachlässigen? Was glauben Sie eigentlich, was ich tue. Denken Sie, ich werfe mein Essen in den Müll, wie Ihre feine Freundin das tut, damit ihre Kleider ihr weiterhin passen und sie kein Gramm zunimmt?« Sie starrte Colin aufgebracht an. »Leute wie Ihre Miss Marchant sind es, die sich vernachlässigen und mit ihrer Gesundheit Schindluder treiben, und zwar aus reiner Eitelkeit.«
    Colin schaute sie verwundert an. Das waren ja ganz neue Töne und ganz andere Formulierungen. Da war nichts Gewöhnliches mehr an ihr zu bemerken, sondern etwas Stolzes, ja sogar Hochmütiges. Oder war es nur seine Einbildung?
    Er schaute sie schweigend an. Nach einem langen Moment wandte sie den Blick ab und zuckte die Achseln. »Evan brauchte es nötiger als ich.«
    Evan. Riesige graue Augen in einem Gesicht, das vom Hunger gezeichnet war, nicht von schlechter Laune. Colin wurde ein klein wenig übel. Gütiger Gott, er war ein Idiot, dass es ihm nicht gleich aufgefallen war. Die beiden verhungerten beinahe! Damit hatte er ganz gewiss nicht gerechnet. Er biss die Zähne zusammen und starrte Miss Filby an, die im Begriff stand, sein neuestes Problem zu werden.
    Als könnte sie seine Zweifel erkennen, trat sie einen Schritt vor, die Lippen zum Protest geöffnet. Er riss abrupt eine Hand hoch aus Wut auf sich selbst, dass er nahe dran war, sich eine zusätzliche Last aufzubürden.
    Steif verneigte er sich und sagte, bevor es zu spät war: »Leben Sie wohl, Miss Filby. Ich wünsche Ihnen und Evan alles Gute.«
    Pru blieb allein im Schankraum zurück und ließ sich schwer auf ihren Stuhl zurücksinken. Was war da gerade passiert?
    Ihr Blick fiel auf den Teller aus weiß glasiertem Steingut, auf dem der Rest des

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