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Ein sinnlicher Schuft

Ein sinnlicher Schuft

Titel: Ein sinnlicher Schuft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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Lastkarren, was bewies, dass es sich um eine Herberge für einfache Leute handelte und nicht für Personen von Stand. Aber es gab nichts anderes in der Gegend, und so gingen sie gemeinsam hinein. Hoffentlich war wenigstens der Schankraum sauber und das Essen frisch.
    Das Erste, was sie sahen, war Rauch, sehr viel Rauch, der alles in eine graue Wolke hüllte und das Licht fernhielt. Offenbar war der Abzug des Kamins verstopft. Colin konnte schemenhaft einige Männer– keine Frauen und Kinder und schon gar keine Damen– erkennen, die auf den Bänken vor dem Feuer saßen.
    An einem Tisch mit Stühlen saß ein einzelner Mann, der dumpf über seinem Bierkrug brütete und mit der Nase fast drinsteckte. Colin blinzelte, um besser sehen zu können. Die Kleidung des sichtlich Betrunkenen unterschied sich deutlich von der bäuerlichen Kleidung der anderen Gäste. Er trug einen blauen Überrock aus feinster Schurwolle, eine ordentlich gebundene Ascotkrawatte und eine seidene Weste mit Goldverzierungen. Mit den Knöpfen allein hätte man das ganze Gasthaus kaufen können.
    »Wer ist das?«, fragte Pru.
    Der Mann leerte seinen Bierkrug mit einem letzten Schluck und schwenkte ihn durch die Luft, bevor er ihn donnernd auf den Tisch zurückstellte. »Wirtin, noch eins!«
    Die Bauern und Fuhrleute starrten neugierig zu dem Mann hinüber, beobachteten schweigend die Szene. Als die pummelige Frau des Schankwirts mit einem neuen Krug Bier an den Tisch des gut gekleideten Mannes eilte, riss dieser ihn ihr so ungeduldig aus den Händen, dass ein Teil auf seine elegante Kleidung schwappte. Was den Säufer von Stand jedoch nicht zu stören schien, denn gierig setzte er den Krug sogleich an die Lippen und nahm einen gewaltigen Schluck.
    Colin verzog angewidert die Mundwinkel. »Das da«, sagte er, »ist Lord Ardmore, der ältere Bruder des hübschen Bertie.«
    Miss Filby blinzelte gegen den beißenden Rauch an. »Hab ich’s nich gesagt? Er is ein Nichtsnutz.«
    Da hatte sie wohl recht, auch wenn man einem Earl normalerweise mit mehr Respekt begegnete. Aber sie nannte nur beim Namen, was ganz offensichtlich war und was sich die einfachen Leute im Schankraum zweifellos ebenfalls dachten. Colin schaute sich um. »Wo hat er bloß Chantal gelassen? Ich kann sie nirgends sehen.«
    »Wundert mich nich. Sie is bestimmt in der besten Kammer und lässt sich von vorn bis hinten bedienen. Wahrscheinlich ohne dafür zu bezahlen.« Er warf ihr einen warnenden Blick von der Seite zu, aber sie zuckte gleichmütig die Schultern. »Is doch so.«
    Ja, da dürfte sie erneut richtig vermuten, dachte Colin und griff nach Miss Filbys Hand, drückte eine Münze hinein. »Passen Sie auf Melody auf. Halten Sie sich in der Nähe der Wirtin auf, ohne ihr im Weg zu stehen. Und wenn Evan hereinkommt, dann soll er auch bei Ihnen bleiben und nicht irgendwo herumlaufen. Nur für den Fall, dass es irgendwelchen Ärger gibt.«
    Als er an Ardmores Tisch trat, musste Colin dem Impuls widerstehen, sich übers Haar zu streichen und die Weste glatt zu ziehen, um den Gegensatz zwischen seinem gepflegten Äußeren und dem betrunkenen und bekleckerten Earl noch mehr zu betonen. Der Kerl bräuchte dringend ein Bad, dachte er.
    Ohne einleitende Worte beugte er sich über den Tisch und kam gleich zur Sache. »Wo ist Miss Chantal Marchant?«
    Ardmore zuckte zusammen und blinzelte. »Was?«
    Aus der Nähe konnte Colin sehen, dass der Mann vor ihm nicht bloß heute einen über den Durst getrunken hatte. Sein Gesicht verriet regelmäßigen Alkoholmissbrauch und war nur noch eine teigige, aufgedunsene Version des markanten jungen Mannes auf dem Porträt in Ardmore Hall. Ein Gewohnheitstrinker eben. Trübe und verschwommen blickte er ihn aus wässrigen, geröteten Augen an, schien jedoch nicht zu verstehen, was der andere von ihm wollte.
    Er versuchte es erneut, schlug mit der Faust auf den Tisch, um den Betrunkenen aus seiner Benommenheit aufzuschrecken. »Wo ist Chantal?«
    Ardmore rülpste. »Weg.«
    Colin wich zurück, als er die ekelerregende Mischung aus vergorenem Bier, halb verdautem Essen und galliger Magensäure roch. Aber schlimmer noch war die lapidare Auskunft. Wieso konnte sie schon wieder weg sein, fragte er sich. War sie nicht gerade erst Bertie Ardmore davongelaufen, um seinen Bruder Baldwin, der sich vor seinen Augen gerade sinnlos betrank, zu heiraten? Er schüttelte den Kopf. »Wohin ist sie gegangen? Mit wem? Und wann?«
    Baldwin wedelte mit einer Hand durch die Luft.

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