Ein Sixpack zum Verlieben (German Edition)
die Fahrbahn und hält den Daumen raus, als ein Lkw um die Kurve kommt. Zu Lauras Erstaunen stoppt er sofort und lässt das Fenster herunter. Oh nein, mit dem fährt sie ganz sicher nicht mit, tätowiert bis zur Ohrmuschel und Piercings in den Augenbrauen.
„Na, junge Frau, wollen Sie ihre Harley gegen meinen Laster tauschen? Mache ich sofort! Meine Stulle kriegen Sie noch obendrauf.“ Dann lacht dieses Monster schallend über seinen eigenen Witz, den Laura alles andere als komisch findet.
„Können Sie mich in den nächsten Ort mitnehmen?“, versucht Laura so selbstsicher und gelassen zu fragen, wie es ihr in diesem Moment möglich ist.
„Tut mir leid, gute Frau, aber ich komme in kein Dorf mehr vor der nächsten Autobahnauffahrt, und ich kann auch keinen Umweg fahren, weil ich die Zeiten einhalten muss.“
Laura ist über seine Absage richtig erleichtert und froh, als er Gas gibt. Sie lässt sich verzagt ins Gras fallen. Was für ein Tag! Am liebsten würde sie in einen Dornröschenschlaf versinken, nichts mehr hören und nichts mehr sehen.
Von Weitem kündigen sich laute Motorengeräusche an. Laura reißt die Augen auf. Nein, nicht auch das noch. Es sind fünf Motorräder und sie ahnt, um wen es sich dabei handelt. Kaum hat sie den Gedanken zu Ende gesponnen, hebt einer der Männer die Hand zum Zeichen, dass alle anhalten sollen.
Laura möchte in einem Erdloch Kaninchen spielen, und sie schließt einen Moment lang die Augen, um das hämische Grinsen der Kerle zu ignorieren.
„Na, Mädel, die Radarfalle gepackt und trotzdem Probleme? Wo hakt es denn?“ Schon ist der Einsfünfundneunzigmann von seinem Feuerstuhl abgestiegen und gesellt sich zu der Befragten.
Kleinlaut gibt Laura zu, kein Benzin mehr zu haben. Sollte sie schallenden Spott erwartet haben, so hat sie sich getäuscht.
„Das kann jedem passieren! Kein Beinbruch! Hey Sven“, wendet er sich einem der anderen zu, „du hast doch einen kleinen Kanister dabei. Holst du unserer schönen Kollegin Benzin? Der nächste Ort liegt drei Kilometer entfernt, wie mein Navi angibt.“
„Klar, mach ich!“, bietet Sven sofort an, startet ohne zu zögern sein Motorrad und braust davon.
Die anderen Männer der Gang scharen sich um Laura, der das alles wie ein Albtraum vorkommt. Dabei geben sich die Herren alle Mühe, charmant zu sein. Der Riese, der Sven zum Benzin holen in die Wüste geschickt hat, stellt seine Freunde nacheinander vor: Sebastian, Felix, Moritz, und er selbst heißt Frieder. Moritz zückt plötzlich einen Zehn-Euroschein und hält ihn Laura hin. „Da, du hast in der Eile, uns zu entkommen, einen Zwanziger hingelegt statt eines Zehners. Die Kellnerin hat ihn mir für dich mitgegeben.“
Laura fällt die Kinnlade herunter. So dumm kann auch nur sie sein. Sie nimmt den Schein dankend entgegen. „Woher wusstet ihr, dass ihr mich noch mal treffen würdet?“
„Wir holen alle Frauen irgendwann auf ihren Maschinen ein! So groß war der zeitliche Abstand ja nicht.“
Laura lässt es bei dieser unlogischen Feststellung bewenden, denn sie gesteht sich ein, enormes Glück zu haben, dass die Burschen so nett sind und ihr helfen. Es dauert keine Viertelstunde, und Sven ist mit dem heiß ersehnten Benzin zurück. Laura reicht ihm gleich das Geld, das sie noch in der Hand hält, und bedankt sich für die schnelle Unterstützung. Natürlich nimmt Sven, ganz Gentleman, das Geld nicht an.
„Am besten geleiten wir dich bis zur nächsten Tankstelle auf der Autobahn, damit du vollbunkern kannst. Wo willst du überhaupt hin?“
„Nach Köln! Aber vielleicht kehre ich besser um. Ich tauge wohl nicht zum Motorradfahren.“
Ein Raunen geht durch die Männer, und alle reden gleichzeitig auf sie ein. So ein Quatsch! Laura auf der Harley ist der Knüller der Straße, und wie es der Zufall will, fahren sie auch alle nach Köln. Wenn Laura einverstanden ist, wird die Gang sie wie eine Polizeieskorte begleiten. Ist doch Ehrensache!
Endlich erscheint wieder ein Lächeln auf Lauras Gesicht. Sie nimmt das Angebot gerne an.
Sie wünscht sich plötzlich, dass die letzten zwanzig Kilometer nach Köln nicht enden mögen. Zwar schmerzen alle Glieder von der ungewohnten Haltung auf dem Motorrad, und sie wird Kerstin krumm und schief unter die Augen treten, aber inzwischen genießt sie die Gesellschaft der Männer, die sie zum Mittagessen auf einem Rasthof eingeladen haben. Sie wurde bedient und hofiert wie schon lange nicht mehr. Die Boys haben sich
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