Ein Sixpack zum Verlieben (German Edition)
verdammte Ding komplett seinen Geist auf!“ Vor Wut und Verzweiflung tritt sie gegen das Hinterrad, was zur Folge hat, dass ihre aufsteigenden Tränen den Schmerz am Fuß und ihren Frust vereinen. Wieder dauert es eine ganze Weile, bis ihr Handy aus dem Anzug zum Vorschein kommt. Nur Max kann ihr jetzt noch helfen, der sich auch gleich meldet.
„Hallo Ma, bist du schon in Köln? Das ging aber fix.“
„Stör ich dich?“, kommt es kläglich zurück.
„Nö, du hast Glück. Ich habe gerade Pause und sitze im Park auf einer Bank. Du klingst so komisch, ist was?“
Max hat in Lauras Augen eine seltene Fähigkeit für ein männliches Wesen. Er nimmt Stimmungen bei anderen Menschen wahr und geht darauf ein. In diesem Moment würde sie ihren Sohn zu gerne in ihre Arme schließen und ihm dafür danken. Ohne Max und seine humoristische, manchmal mit Ironie gespickte Art, Dinge beim Namen zu nennen, hätte Laura die Zwergin wohl kaum all die Jahre verkraftet.
„Nein, ich bin leider nicht in Köln! Die Harley streikt. Der Anlasser gibt keinen Piep mehr von sich. Hast du eine Idee, woran das liegen könnte?“
„Wie, du hast dir das Motorrad geschnappt?“, verschluckt sich Max fast bei der Frage. „Ist der Golf etwa nicht angesprungen?“
„Richtig getippt! Ich habe jetzt keine Zeit für große Erklärungen. Kannst du mir helfen?“
„Ma, die Harley war erst vor zwei Wochen zur Inspektion in der Werkstatt. Hast du denn mal auf die Tankanzeige geschaut? War die voll, als du heute Morgen losgefahren bist?“ Max kann immer noch nicht glauben, dass seine Mutter mit dem Motorrad unterwegs ist.
Laura schlägt sich an die Stirn. Natürlich hat sie darauf in der Eile, Helene nur ja nicht auf den Plan zu rufen, nicht geachtet.
„Nein, ich bin davon ausgegangen, dass dein Vater letztes Wochenende in Kufstein getankt hat, und dann wäre ich damit fast bis nach Köln gekommen.“
„Das hilft jetzt auch nichts. Dir bleibt nichts anderes übrig, als zur nächsten Notrufsäule zu traben und die Pannenhilfe zu rufen. Die soll dir gleich einen Kanister Sprit mitbringen.“
„Aber hier gibt es keine Notrufsäulen!“ Laura könnte schreien vor lauter Hilflosigkeit. „Ich bin nicht auf der Autobahn, sondern auf einer Landstraße. Das Navi hat mich umgeleitet.“
Zum Glück kann Laura nicht sehen, wie ihr Sohn die Augen verdreht. Typisch seine Mutter! Sie setzt sich immer ins Auto und geht davon aus, dass der Tank voll ist. Vater Manfred füllt grundsätzlich in Österreich abwechselnd eines der Autos und die Harley mit Benzin, weil es dort viel billiger ist. Laura musste sich bisher lediglich in Notfällen darum kümmern. Das wird ihr jetzt offensichtlich zum Verhängnis.
Max kratzt sich am Kinn. Wie kann er seiner Mutter nur helfen?
„Hast du eine Ahnung, wie weit das nächste Kaff von dir entfernt ist?“, möchte er von ihr wissen.
„Keinen Schimmer, aber ich habe vor einigen Minuten eine Polizeistreife passiert. Zu der könnte ich zurücklaufen.“ Natürlich erwähnt Laura nicht, dass sie wegen Geschwindigkeitsüberschreitung angehalten wurde. Max würde das wahrscheinlich sowieso nicht glauben.
„Das lass mal lieber bleiben, Ma. Bei so einem Problem helfen die nicht. Am besten, du hältst ein Auto an und lässt dich bis zur nächsten Tankstelle mitnehmen, kaufst dort einen Fünf-Liter-Kanister, machst ihn voll, und zurück geht’s per Anhalter zur Harley.“ Selbst Max fällt in diesem Moment nicht ein, dass das Navi Auskunft über den Standort der nächsten Tankstelle geben könnte.
„Du hast gut reden. Ich und per Anhalter. Das mache ich nicht!“
„Dann sammle schon mal Reisig und Holz und bereite dich auf eine Nacht am Straßenrand vor“, rät Max ganz nüchtern.
„Mensch, Ma, jetzt stell dich nicht so an! Es wird dich schon keiner entführen oder auffressen. Ich muss jetzt zurück zum Dienst. Bin bereits überfällig. Melde dich bitte aus Köln! Ich drücke dir die Daumen.“ Max schaltet kopfschüttelnd sein Handy aus. Die Erwachsenen sind blauäugiger als die Polizei erlaubt. Insgeheim macht er sich jedoch Sorgen um seine Mutter. Sie scheint den Tücken des Straßenverkehrs nicht gewachsen. Wäre sie bloß mit der Bahn gefahren. Hoffentlich geht alles gut.
Laura ist kurz vorm Durchdrehen. Max rät ihr, per Anhalter zu fahren, was sie ihm immer verboten hat. Das nennt man wohl verkehrte Welt. Es bleibt ihr indes keine Wahl. Etwas steif und zögerlich wagt sie sich einen halben Meter weit auf
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