Ein Sixpack zum Verlieben (German Edition)
könne womöglich etwas von ihr wollen, was bei ihr ganz sicher nicht auf dem Nachtprogramm steht. Die Vorstellung, ihr Mann würde sie anfassen, lässt ihr einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Wie soll das zukünftig weitergehen? Vor ihrem inneren Auge laufen die Momente mit Sven wie ein Film ab. Angefangen von ihrer ersten Begegnung in der Mühle, wo sie regelrecht die Flucht vor den Männern ergriffen hat, über ihre Rettung durch selbige wenig später auf der Landstraße, die Eskorte nach Köln und dann dieser unglaubliche Zufall, der Laura in die Show führte, wo sie alle Boys wiedertraf, allen voran Sven, den Supermann.
Als sie aus ihren Tagträumen erwacht, sind die gewohnten nächtlichen Begleitgeräusche zu vernehmen, die ihr endgültig die Nachtruhe verhageln. Frustriert, deprimiert und von einer tiefen Traurigkeit befallen, rafft sie das Bettzeug zusammen und verkriecht sich auf das Sofa in ihrem Zimmer. In einem Kästchen im Regal ist der Flakon deponiert, den sie öffnet und den Duft von Sven einsaugt. Das Lied One moment in time kommt ihr in den Sinn und lässt sie endlich einschlafen.
Der Hahn vom nahe gelegen Nachbarbauernhof kräht in aller Herrgottsfrühe, um Laura auf den Plan zu rufen. Sie erwacht übernächtigt. Trotzdem springt sie sogleich auf, drapiert ihr Bettzeug leise neben Manfred, damit es so aussieht, als habe sie wie gewohnt neben ihm die Nacht verbracht.
Die anschließende kalte Dusche tut Laura gut. Das auf ihre Haut herunterprasselnde Wasser scheint auch ihre Gedanken für den Augenblick reinzuwaschen. Es gilt jetzt, sich auf andere Dinge zu konzentrieren. Mit Kerstin gibt es viel zu bereden, und für Max sollte sie ebenfalls Zeit finden.
Mechanisch bereitet Laura das Frühstück vor, genau wie vor ihrer Kölnreise , und doch ist jetzt alles anders. Svens Antlitz will ihr einfach nicht aus dem Kopf. Tut sie ihm unrecht? Wäre es nicht fair, ihm wenigstens eine SMS zu senden? Aber wenn sie das tut, wird er wieder antworten und der Trennungsschmerz größer.
Helene platzt ungewöhnlich früh in Lauras Grübeleien: „Morgen, liebe Laura!“
Liebe Laura? Hat die unfreiwillige Krapfen - Spiegelei - Schwiegertochter da tatsächlich richtig gehört? „Guten Morgen, Helene! Hat der Hahn dich aus dem Bett fallen lassen?“
Fast flüsternd verneint die Zwergin und hält sich die Hand an die Stirn: „Hast du ein Aspirin für mich?“
Mechanisch entnimmt Laura dem oberen linken Küchenschrank das gewünschte Beutelchen und reicht es der Schwiegermutter.
„Ich muss nachher mal allein mit dir reden, wenn Fredi nach München aufgebrochen ist. Ich glaube, ich habe gestern Abend Mist gebaut. Der Obstler von Kerstin war einfach zu lecker.“
Aha, daher weht der Wind. Helene ist so freundlich, weil sie scheinbar etwas ausgefressen hat. Wenn sie ihren Sohn nicht ins Vertrauen zieht, muss es etwas Schlimmes sein. Laura spürt die Gunst der Stunde und lässt nebenbei verlauten, dass keine Krapfen mehr vorrätig sind.
„Macht doch nichts, das Zeug ist ungesund, und ich esse jetzt lieber Schwarz- oder Graubrot. Kerstin kennt sich gut mit Ernährungsfragen aus. Jeden Tag das süße Zeug und ein Spiegelei sind Gift für meinen ohnehin schon erhöhten Cholesterinspiegel.“
Laura gleitet vor Staunen der Brotkorb aus der Hand, und Kerstin, die gerade den Raum betritt, fängt ihn im letzten Moment auf. Helenes Worte hat auch sie gehört und zwinkert ihrer Freundin deshalb spitzbübisch zu.
Einige Sekunden später füllt sich die Küche mit Max, und gleich hinterher erscheint Manfred im Türrahmen, der seinem Sohn den Vortritt lässt, seine Mutter herzlich zu begrüßen.
„Wie war es denn in Köln? Kerstin hat gestern kurz erzählt, dass einiges schiefgelaufen ist.“
Manfred haucht seiner Frau währenddessen einen flüchtigen Kuss zur Begrüßung auf die Wange und hakt in Max’ Frage ein: „Warum bist du nicht eher wiedergekommen, als feststand, dass Kerstin in London feststecken würde?“
„Weil ich eine Auszeit gebraucht habe!“ Mehr ist Laura nicht zu entlocken.
Zum Glück lässt Manfred es zunächst bei dieser Erklärung bewenden. Er hat andere Probleme zu bewältigen und vergisst darüber ganz, das Thema Harley zur Sprache zu bringen.
Als Max und sein Vater das Haus verlassen haben und Kerstin in das Gästezimmer gegangen ist, um sich für eine Wanderung umzuziehen, rückt Helene mit ihrem Ärger raus: „Ich habe gestern einen oder zwei Obstler zu viel getrunken
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