Ein Sixpack zum Verlieben (German Edition)
füllt Kerstin die Gläser mit einem portugiesischen Rosé und die Teller mit Spaghetti und Hackfleischsoße. Dazu gibt es einen knackigen Blattsalat.
„Jetzt stoßen wir erst einmal auf dein neues Leben und die Freiheit an!“
Laura ist seltsam zumute. Ein Gefühl der Erleichterung, dass sie den Absprung von Bad Hollerbach geschafft hat, will sich nicht einstellen. Vielmehr ergreift plötzlich Wehmut von ihr Besitz. Über zwanzig Jahre Ehe lassen sich nicht einfach fortwischen wie ein falsches Ergebnis auf der Schultafel.
„So leicht ist es nicht für mich“, gibt Laura zu.
„Ich weiß, meine Liebe. Aller Anfang ist bekanntlich schwer. Aber nun iss, denn kalte Spaghetti schmecken nicht!“
„Erst, wenn du mir deine Neuigkeit erzählt hast.“
Kerstin setzt eine spitzbübische Miene auf: „Du darfst aber nicht lachen.“
„Würde mir nicht im Traum einfallen!“
„Ich bin über beide Ohren verknallt.“
Laura nimmt erneut ihr Glas in die Hand und prostet Kerstin zu. „Aber das ist doch fantastisch, dass dir so was endlich passiert. Wer ist denn der Glückliche?“
„Mein Nachbar!“
„Du meinst hier, gleich nebenan?“
Kerstin nickt: „Er heißt Martin, ist seit einem Jahr geschieden und Banker, wie in Frankfurt nicht anders zu erwarten.“
„Wie kommt er denn mit deinem Job klar? Ihr könnt euch ja nicht so oft sehen.“
„Das ist die nächste Überraschung. Ab kommendem Monat arbeite ich bodenständig in unserer Eventabteilung und lasse andere durch die Welt gurken.“
Jetzt hat es Kerstin geschafft, Laura endgültig in Erstaunen zu versetzen: „Dann startest du also tatsächlich einen Neuanfang. Das freut mich so für dich.“ Sie springt spontan auf und umarmt die Freundin.
Erst um Mitternacht liegt Laura im Gästezimmer im Bett, was vorläufig ihre neue Heimat sein soll. Sie gönnt Kerstin natürlich ihre Liebe zu Martin und den Bürojob. Auf der anderen Seite stellt dies eine ganz andere Situation dar, als erwartet. Sie hatte angenommen, Kerstin wäre meistens unterwegs. Auf keinen Fall möchte sie die frische Beziehung stören. Sicher wird Martin entweder hier in der Wohnung schlafen oder Kerstin drüben. Sie fühlt sich auf einmal als unerwünschter Eindringling. Als fünftes Rad am Wagen zu fungieren, kann daher nur eine vorübergehende Lösung bedeuten. Maximal zwei Wochen, dann muss eine andere Alternative her. Ob Frankfurt das richtige Pflaster für Arbeit und Wohnung darstellt? Die Mieten sind hoch, und als Schneiderin wird sie nicht viel verdienen, falls überhaupt eine solche Stelle irgendwo zu bekommen ist. Trachtenvereine, die ihr in Bad Hollerbach viele Aufträge einbrachten, gibt es hier in der Gegend wohl kaum. Was wäre mit Berlin? Sie könnte sich zusammen mit Max eine Wohnung nehmen. Zwar hat er sich gleich nach der Studienplatzvergabe für mehrere Studentenwohnheime beworben, aber bisher keine Zusage bekommen. Manfred muss ihr schließlich Unterhalt zahlen und Max das Studium. Wenn sie zusammenlegen, ist das Leben dort vielleicht finanzierbarer. Diesen Gedanken verwirft Laura jedoch schnellstens wieder. Eine Mutter als Klotz am Bein darf sie ihrem Sohn nicht zumuten. Schließlich soll er lernen, auf eigenen Füßen zu stehen. Das ist das Recht eines jeden jungen Menschen. Er ist lange genug von ihr verwöhnt worden und soll kein Muttersöhnchen wie Manfred werden.
In diesem Moment klingelt ihr Handy. So spät ein Anrufer? Ihr Herz beginnt schneller zu schlagen, denn Hoffnung keimt auf. Könnte es Sven sein? Hat Harry ihm vielleicht Bescheid gegeben, dass sie ihn unbedingt erreichen will? Schnell hechtet sie zu ihrer Handtasche, und ihr stockt der Atem, als sie auf das Display schaut. Manfred! Der hat ihr gerade noch gefehlt. Soll sie ihn einfach wegdrücken? Mechanisch landet ihr Finger jedoch auf dem grünen Hörer.
Mehr als ein leises „Hallo“ kommt nicht über ihre Lippen.
„Bist du dran, Laura?“, dringt es unwirsch an ihr Ohr.
„Ja, wer denn sonst?“
„Es könnte dein Stripper sein!“, brüllt Manfred in den Hörer.
Laura beißt die Zähne zusammen, um Manfreds Unverschämtheit erst einmal wegzustecken, bevor sie antwortet: „Was willst du?“
„Meine Harley, aber pronto ! Du bringst sie morgen zurück!“, und als am anderen Ende der Leitung nur ein kurzer Seufzer zu hören ist, „hast du mich verstanden?“
„Ich bin nicht taub, aber die Harley bleibt bei mir! Ich werde einen Teufel tun und sie dir zurückgeben. Wieso fällt dir das
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