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Ein skandaloeser Kuss

Ein skandaloeser Kuss

Titel: Ein skandaloeser Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Moore
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nur durch hemmungsloses Tanzen geheilt werden.“
    Sein hemmungsloser Tanz kam ihr in den Sinn, und die Erinnerung war so lebhaft und berauschend, dass sie sie zweifellos nie vergessen würde.
    „Aber Sie teilen diese Auffassung nicht?“, fragte sie, als sie seine amüsierte Miene gewahrte. Was für ein Gesicht er wohl machen würde, wenn er wüsste, dass sie ihm zugesehen hatte, als er sich unbeobachtet glaubte?
    „Nein.“ Er schüttelte den Kopf. „Aber es ist ein interessanter Hinweis auf regionale Gebräuche. Die Bewohner der Gegenden, in denen die Tarantel heimisch ist, pflegten die bacchantischen Riten, und ich nehme an, der Biss der Spinne war ein Vorwand, die ungezügelten Ausschweifungen und alle Arten …“
    Er räusperte sich und deutete auf das nächste Exemplar. „Diese Spinne habe ich in der Kealakekua-Bucht auf Hawaii gefunden, wo Captain Cook getötet wurde.“
    Je tiefer er in die Materie eindrang, umso mehr trat der ernsthafte Gelehrte in den Hintergrund, und umso begeisterter und unterhaltsamer wurden seine Beschreibungen.
    Einen Mann wie ihn hatte Nell noch nie kennengelernt – einen Mann, der so durchdrungen war von seiner Berufung, mit solchem Eifer bei der Sache, und der so enthusiastisch seine Studien verfolgte. Der so attraktiv war und so liebenswürdig, so bescheiden und gleichzeitig so heldenmütig. So schlank und gleichzeitig so muskulös …
    „Langweile ich Sie? Ich weiß, dass das Thema mich oft etwas mitreißt“, missdeutete Lord Bromwell ihren offenbar ziemlich geistesabwesenden Blick.
    „Keineswegs“, beeilte sie sich, seinen Irrtum richtigzustellen. Was würde er davon halten, dass sie ihn sich gerade vollkommen nackt vorgestellt hatte?
    „Darf ich Ihnen eine Tasse Tee anbieten? Ich habe welchen da, und im Kessel ist Wasser. Milch und Zucker sind leider aus.“
    „Tee wäre fantastisch“, erwiderte sie erfreut. „Wenn Sie meinen, dass wir so viel Zeit haben?“
    Er trat zum Kamin. „Meine Mutter frühstückt in ihren Räumen, und mein Vater steht selten vor Mittag auf.“
    „Dann gern.“
    Er nickte und hängte den Kessel an den Haken über der Feuerstelle. Dann legte er Holz nach und brachte Tassen, Löffel und eine Blechbüchse zum Tisch. „Ich weiß sehr wohl, dass Spinnen nicht so attraktiv sind wie Schmetterlinge oder Blumen. Dennoch sind sie es wert, erforscht zu werden. Allein ihre Netze, die verblüffend widerstandsfähig sind im Vergleich zu ihrem Gewicht und ihrer Größe. Was könnten wir daraus anfertigen, wenn wir wüssten, wie sich Spinnenseide zusammensetzt! Unglücklicherweise gibt es nur wenige, die meine Auffassung teilen. Die meisten, und zu denen gehört auch mein Vater, halten meine Untersuchungen für pure Zeitverschwendung.“
    „Was Ihren Einsatz umso bewundernswerter macht.“
    „Finden Sie wirklich?“, fragte er eifrig und drehte sich so schnell zu ihr um, dass ihm die widerspenstige Haarlocke in die Stirn fiel.
    „Unbedingt.“ Sie trat an den Tisch und begann in einem Stapel Zeichnungen zu blättern. Ihre erstklassige Qualität bewies, dass Lord Bromwell ein Mann mit vielen Talenten war.
    „Mein Vater hat mich nie verstanden“, sagte er seufzend. „Ich war schon als Kind eine große Enttäuschung für ihn – nicht besonders kräftig, und statt zu reiten und zu jagen, las ich lieber.“ Ein kaum wahrnehmbares Lächeln erschien auf seinen Zügen, und nach einer Weile fuhr er fort: „Mein Interesse an Spinnen entstand, als ich von einer Scharlacherkrankung genas. In der Ecke gegenüber meinem Bett hatte eine Mauerwinkelspinne ihr Netz gesponnen, und wenn ich nichts mehr zu lesen hatte, pflegte ich sie zu beobachten. Die Zimmermädchen zerstörten das Netz ein ums andere Mal, und ein ums andere Mal kam die Spinne zurück und spann es neu. Ich war fasziniert, sowohl von ihrem Netz als auch von ihrer Beharrlichkeit.“
    Nell versuchte sich ihn als kleinen Jungen vorzustellen, mit einer Spinne als einziger Gesellschaft. Aber hatte der Kutscher nicht gesagt …? „Thompkins behauptet, Sie wären ein ausgezeichneter Reiter.“
    „Jahrelange Übung“, erwiderte Lord Bromwell achselzuckend. „Und die Unterweisung meiner Freunde, die alle besser reiten können als ich.“
    „Jedenfalls scheinen Sie die Neigung zur Kränklichkeit überwunden zu haben“, bemerkte sie und bewunderte die besonders gelungene Zeichnung einer Pflanze, die sie noch nie gesehen hatte.
    „Nicht ganz.“ Er trat näher, als sie eine weitere Skizze in die

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