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Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition)

Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition)

Titel: Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Callen
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fehlt es Ihrer Kunst aber gewaltig an Inspiration, Miss Leland. Wie können Sie behaupten, dass die Pferde und Kutschen, die durch den Hyde Park paradieren, es nicht wert sind, von Ihnen gemalt zu werden? Die Damen funkeln förmlich, wenn sie sich auf die Straße begeben, und die Männer sind elegant und zuvorkommend.«
    »Ja, schon …«
    »Waren Sie einmal morgens an der Themse, wenn der Nebel über dem Wasser wabert und sich wie geisterhafte Gestalten um die Masten der Schiffe schlingt?«
    Sie konnte es nicht fassen: Solche Worte aus dem Mund von Leo.
    »Aber Mr Wade, Sie sind ja ein Poet.« Mary Greenwich fasste in Worte, was Susanna gedacht hatte. Seine Sprache ließ tatsächlich Bilder entstehen.
    Er lächelte die junge Lady an, ehe er weitersprach. »Alle Damen malen doch gerne – wie kann da die großartigste Stadt der Welt nicht ein Quell der Inspiration für Sie sein? In London leben die unterschiedlichsten Menschen: sommersprossige Mädchen vom Land, die ihre frischen Erdbeeren anpreisen, ebenso wie Nachtwächter, die allabendlich die Gaslaternen entzünden, oder Lumpensammler, die bei Ebbe im Uferschlamm der Themse nach Schätzen suchen.« Er ließ den Blick über die erstaunten und neugierigen Gesichter schweifen. »Das sind alles Eindrücke unserer Stadt, gute wie schlechte, die man zu Bildern verarbeiten kann. Ist das nicht der beste Ort, um das Leben in seiner Gänze auszuschöpfen?«
    »Aber die Luft in London bekommt manchen Pflanzen nicht, Mr Wade«, erwiderte Mr Tyler zögernd und mit leichtem Bedauern in der Stimme. »Dort kann ich meine Experimente nicht durchführen.«
    Leo warf Susanna einen scharfen Blick zu. Sie schien immer noch überrascht von seinen sensiblen Beschreibungen, auch wenn sie ihm zumindest teilweise widersprechen musste. »Ich ziehe es meinerseits vor, Landschaften zu malen und Menschen, die auf dem Land leben. Bauern, die ihre Ochsen über frisch gepflügte Felder führen, den Müller, der das Getreide mahlt, oder das Mädchen, das in unserem Dorfladen arbeitet. Mir gehen die Motive, die meine Fantasie beflügeln, nie aus, Mr Wade.«
    Er zuckte die Achseln. »Dann haben wir wohl unterschiedliche Ansichten, Miss Leland.«
    »Ach, Sie suchen doch nur den Trubel, den die Stadt zu bieten hat«, entgegnete sie, obwohl sie nicht mehr ganz sicher war, ob sie ihm nicht unrecht tat. »Sosehr Sie auch versuchen mögen, uns von der Schönheit Londons zu überzeugen, handelt es sich ja wohl eher um Ihre sehr spezielle Sicht der Dinge – eben die Art von Unterhaltung, die Sie in der Stadt finden.«
    Während manch einer große Augen machte wie etwa Caroline Norton, ließ Leo sich mit der ihm eigenen Trägheit lässig nach hinten sinken. Bei jedem anderen Mann hätte es ungehörig, gar ordinär gewirkt – nicht so bei ihm.
    »Wir lassen uns alle gern unterhalten, Miss Leland«, erwiderte er und ließ das ihm eigene schurkische Lächeln sehen.
    »Aber Sie ganz besonders«, hielt sie ihm entgegen. »Reicht Ihnen eine friedliche Landschaft, in der Sie mit Ihren Gedanken ganz alleine sind? Oder macht es Sie eher nervös, wenn Sie niemanden haben, mit dem Sie sich unterhalten können?«
    Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie Lord und Lady Bramfield einen schwer zu deutenden Blick tauschten.
    »Ich schwimme gerne«, erwiderte Leo, »und lege mich ans Ufer, um in der Sonne zu trocknen. Und in so einem Moment schätze ich es, ungestört zu sein.«
    Die jungen Damen tuschelten miteinander und erröteten. Susanna verkrampfte sich zwar, fürchtete allerdings keine weiteren Enthüllungen. Über den Morgen am Fluss etwa. Obwohl er mit Vergnügen stichelte und sie in Verlegenheit zu bringen versuchte, würde er nichts tun oder sagen, was ernstlich peinlich für sie wäre. Und den Rest? Das konnte sie inzwischen mit gleicher Münze heimzahlen.
    »Nur Sie und Ihre Gedanken, das muss ja ein ganz besonderer Moment sein, Mr Wade«, gab sie zuckersüß zurück. »Trotzdem frage ich mich, ob Ihnen auf Dauer ein beschauliches Leben genügen würde – da braucht man schließlich etwas, was den Intellekt befriedigt. Wie bei Mr Tyler.«
    Der Pflanzenfreund errötete und nickte zustimmend.
    Leo stützte die Ellbogen auf den Tisch. »Wir können nicht alle wie Mr Tyler sein. Wenn alle Gentlemen gleich wären, würde sich die Damenwelt langweilen.«
    Sie beugte sich vor. »Ich hoffe, dass diese Vorstellung Sie tröstet, Mr Wade.«
    »Wie schön«, erklärte Caroline fröhlich. »Was für ein anregendes

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